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2011- Krisenjahr für den Euro

2011 begann für den Euro mit der Feier für ein neues Mitglied und endet in der Frage, ob es gelingen wird, die Schuldenkrise der Eurostaaten zu lösen und die Gemeinschaftswährung zu retten. Scheitert der Euro, scheitert Europa – das war die Angstformel, die ihre Gültigkeit auch im kommenden Jahr behält.

Von Dorothee Holz | 29.12.2011
    In der Eurozone begann das Jahr sehr feierlich - mit einem Neuzugang. Die frühere Sowjetrepublik Estland führte als 17. Land den Euro ein. Es war gleichzeitig der Auftakt zum schlimmsten Krisenjahr für den Euro. Dabei hat sich übers Jahr gesehen eigentlich gar nicht soviel getan. Die Gemeinschaftswährung notierte Anfang des Jahres bei gut einem Dollar 33 und steht Ende Dezember etwas tiefer bei rund einem Dollar 30. Auch wenn der Euro-Kurs das nicht unbedingt widerspiegelt, so haben sich die Sorgen zwischen Jahresbeginn und Jahresende doch erheblich verstärkt:

    "Wir hatten mit Sorge um Griechenland angefangen dieses Jahr und ich würde die Sorgen größer fassen, es geht sogar um Sorgen um die Eurozone."

    Resümiert Antje Praefe, Devisenexpertin der Commerzbank. Tatsächlich sprach Anfang des Jahres alles für den Dollar. Die USA wird sich wieder als Konjunkturlokomotive aufschwingen und das wird den Dollar stärken, klang es in der Expertenschar. Doch dem war nicht so, die US-Wirtschaft konnte nicht Tritt fassen, stattdessen schauten alle auf die starke deutsche Wirtschaft, die den gesamten Euroraum beflügelte. Auch Frankreichs Wirtschaftswachstum konnte sich sehen lassen. Das führte in den Monaten April und Anfang Mai sogar zu neuen Höhenflügen beim Euro, der am 4. Mai sein Jahreshoch bei einem Dollar 49 erreichte. Chris Zwermann von Zwermann Financials kam regelrecht ins Schwärmen, denn auch in Sachen Eurokrise bewegte sich was:

    "Die europäische Schuldenkrise, ich bin der Meinung, da tut sich was. Wir sehen, dass europäische Konjunktur extrem gut läuft und die US-Konjunktur regelrecht zusammenbricht."

    Die Europäische Zentralbank reagierte darauf – hob die Leitzinsen in der Eurozone auf 1,5 Prozent an. Der deutliche Zinsabstand zu den USA lockte Anleger in den Euroraum.

    Der Dollar wertete auch gegenüber dem japanischen Yen ab. Selbst das schreckliche Erdbeben in Fukushima im März setzte dem Yen nicht zu, sondern die Währung erreichte neue Höchststände, was sogar die wichtigsten Industriestaaten auf den Plan rief. In einer gemeinsamen Aktion beschlossen die G7-Zentralbanken den Yen in großem Stil zu verkaufen, um die Währung, die der japanischen Wirtschaft erheblich zu schaffen machte, zu schwächen:

    "Seltsamerweise kann man sagen, hat der Yen sehr stark aufgewertet nach Fukushima. Das liegt daran, dass er gerade im asiatischen Raum eben immer noch als sicherer Hafen gekauft wird, wenn Ängste anziehen. Und die Ängste sind natürlich aufgrund der dramatischen Ereignisse in Japan insbesondere im asiatischen Raum besonders stark angestiegen."

    Angst regiert also auch hartgesottene Devisenhändler. Aber die japanische Notenbank ließ sich nicht von Angst, sondern von hartem Kalkül leiten, hat immer wieder den Yen über massive Verkäufe am Ausbruch nach oben gehindert. Die letzte Aktion erfolgte Ende Oktober, als der Yen einen historischen Höchststand gegenüber dem Dollar erreichte.

    Auch die Schweizer Notenbank war zum Handeln gezwungen. Denn auch der Schweizer Franken erhielt in diesem Jahr den ungeliebten Status des sicheren Hafens, was soweit führte, dass der Schweizer Franken im Sommer mitten in den Börsenturbulenzen zum Euro fast Parität erreichte. Schweizer Unternehmen klagten lautstark, ihre Gewinne schmolzen dahin, fürchteten verheerende Auswirkungen auf die Exportwirtschaft. Im September sorgte die Notenbank dann für einen Paukenschlag, indem sie den Franken an den Euro koppelte und einen Mindestkurs von einem Franken 20 festsetzte. Martin Lück, Chefvolkswirt der Schweizer Bank UBS zweifelte am Erfolg:

    "Ob das Ganze dann über die Dauer Bestand hat, ist eine andere Frage. Meistens ist es in der Vergangenheit nicht von nachhaltigem Effekt gewesen, wenn eine Notenbank einseitig ein Wechselkursziel verkündet hat."

    Doch der Experte irrte sich – zumindest bis zum Jahresende haben die Schweizer ihre Strategie erfolgreich verteidigt. Die Märkte haben es geschluckt.

    Doch zurück zum Euro, den die Politiker gegen eine immer größere Krise retten mussten. Italien geriet ins Visier der Märkte, Portugal im Laufe des Jahres unter den Rettungsschirm und Griechenland taumelte fast in die Pleite. Der Rettungsschirm wurde massiv erweitert, Regierungen stürzten. Die Wirtschaftsaussichten verdüsterten sich. Der Euro wertete immer weiter ab. Doch eine Flucht aus dem Euro war nicht zu erkennen. Das lag an der sehr hohen Nachfrage nach deutschen Staatsanleihen. Wollten internationale Investoren im Euro investiert bleiben, griffen sie nach Bundesanleihen, mussten dafür in Euro bezahlen, was den Einbruch beim Euro verhinderte.

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