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23.1.1579 - Vor 425 Jahren

Ich will die Religionsverwandten und welche es mit dem Vaterland treulich und wohl meinen vereinen.

Von Sven-Claude Bettinger | 23.01.2004
    So umschrieb Graf Johann von Nassau, Gouverneur der niederländischen Provinz Gelderland und jüngerer Bruder von Wilhelm von Oranien, die "Utrechter Union". Nach monatelangem Hin und Her zwischen den Provinzen Holland, Zeeland, Gelderland und Utrecht kam sie zustande. Die "Utrechter Union" bedeutete einen politischen Sieg der holländischen und zeeländischen Kalvinisten. In den beiden Provinzen bekamen die Kalvinisten eine verbriefte Vormachtstellung. In den beiden anderen Provinzen wurden die Rechte der Katholiken stark beschnitten. Überdies bildeten Gelderland und Utrecht für Holland und Zeeland eine vorgeschobene Verteidigungslinie gegen die spanischen Truppen.

    Der Militärpakt kam gerade rechtzeitig. Im Herbst 1578 hatte König Philipp II. von Spanien nämlich Alexander Farnese zum neuen Statthalter in den aufständischen Niederlanden ernannt. Der Sohn der früheren Statthalterin Margarethe von Parma und Neffe des Königs war ein glänzender Feldherr und ein gewiefter Diplomat. Kaum war er Statthalter geworden, da schlug er bei Bouge das Heer der Aufständischen. Einen Tag später unterbreitete er den südniederländischen Provinzen Artois und Hennegau, sowie einigen Freistädten der Gegend, folgendes Angebot:

    Wenn Sie dem römisch-katholischen Glauben treu bleiben und den König von Spanien als Landesherrn anerkennen, dann werden der König und Wir alle Privilegien, Gebräuche und Gepflogenheiten anerkennen und respektieren, alle fremden Truppen zum Abzug zwingen, kurzum Sie so fürstlich behandeln wie zu Zeiten des glorreichen Kaisers Karl V.

    Insgeheim erteilte Alexander Farnese seinen Emissären auch noch folgende Anweisungen:

    Machen Sie ihnen alle möglichen Versprechungen, sichern Sie ihnen insbesondere höhere Ränge und territoriale Ausdehnung zu!

    Die mächtigen Bischöfe und Äbte von Artois, die alten Adeligen von Hennegau und die betuchten Patrizier von Arras oder Lille gingen auf das Angebot ein. Bisher waren sie nämlich von den revolutionären Kalvinisten weitgehend verschont geblieben. Aber die Truppen von Gent, wo das "Komité zum Öffentlichen Heil" besonders rabiat regierte, rückten näher. Diese Kalvinisten, die durchweg aus der gesellschaftlichen Unterschicht stammten, waren der katholischen Oberschicht der südniederländischen Provinzen ein Gräuel:

    Das sind die barbarischsten Tyrannen, schlimmer als die Spanier, wüste Fanatiker, die den Glauben, den Adel, den Staat und jedwede Ordnung vernichten wollen.
    Wilhelm von Oranien, der Frieden zwischen den Religionen stiften, die staatliche Einheit der Niederlande bewahren und Kampf gegen die Spanier geschlossen fortsetzen wollte, war den Herren im Süden ebenfalls verdächtig:

    Er ändert seine Meinung so schnell wie sein Wams. Gott und Religion sind ihm egal, denn er betet nur das an, was ihm und seinem Staat nutzt.

    So schlossen die Mächtigen von Artois und Hennegau zwei Wochen vor der "Utrechter Union" ihre eigene "Union von Arras". Die wenigen Kalvinisten in den beiden Provinzen wurden vertrieben, mit dem spanischen König Frieden geschlossen. Statthalter Alexander Farnese war höchst zufrieden. Für Wilhelm von Oranien endete ein Traum.

    Angesichts der neuen Lage im Süden einigten sich die vier nördlichen Provinzen am 23. Januar 1579 auf die "Utrechter Union" und die Fortsetzung des Freiheitskampfes gegen Spanien. Nach und nach entschieden sich die anderen Provinzen und Städte des Landes für eines der beiden Bündnisse. Das führte zu sechs Jahren kriegerischer Auseinandersetzungen mit Spanien und letztlich, als Alexander Farnese 1585 Antwerpen einnahm, zur endgültigen Teilung der Niederlande. Die Grenze, die damals gezogen wurde, überdauerte die Jahrhunderte und alle späteren Kriege. Sie trennt heute noch die beiden Königreiche Belgien und Niederlande.