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25 Jahre Wiedervereinigung
"Wir haben unglaublich viel erreicht"

25 Jahre liegt der Fall der Mauer zurück und eine Umfrage zeigt, dass die Ostdeutschen insgesamt zufriedener mit der Wiedervereinigung sind als die Westdeutschen. Dabei liegt die Wirtschaftskraft dort noch immer ein Drittel unter dem Niveau der westdeutschen Länder. So steht es im Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit.

Von Gerhard Schröder | 24.09.2014
    Der Osten macht Fortschritte - doch viele Probleme sind noch ungelöst
    Der Osten macht Fortschritte - doch viele Probleme sind noch ungelöst (dpa / picture-alliance / Jens Wolf)
    Iris Gleicke zieht eine erfreuliche Bilanz. Wir haben in den vergangenen 25 Jahren unglaublich viel erreicht, sagte die Ostbeauftragte der Bundesregierung bei der Vorlage des Berichts zum Stand der Deutschen Einheit.
    "Die Annäherung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West ist weitgehend gelungen. Denken Sie an die Modernisierung der Infrastruktur, den Wiederaufbau vieler Städte, an die Verbesserung der Wohnsituation, die Beseitigung der verheerenden Umweltverschmutzung, den Aus- und Neubau eines modernen Verkehrsnetzes.
    Die ostdeutsche Wirtschaft stehe insgesamt auf einem breiten Fundament, sagte Gleicke, die Wirtschaftskraft habe sich seit der Wiedervereinigung verdoppelt, hinke aber nach wie weit hinter dem der Westländer her. Steuerkraft und Bruttoinlandsprodukt erreichten nur zwei Drittel des Niveaus im Westen der Republik. Die Arbeitslosigkeit hat sich zwar verringert, ist aber deutlich höher als in den alten Ländern.
    "Transformationsgedingt ist die ostdeutsche Wirtschaft heute von klein- und mittelständischen Unternehmen geprägt und auch international durchaus gut eingebunden. Aber das weitgehende Fehlen von Großunternehmen bleibt ein wesentlicher Faktor dafür, dass die Arbeitsproduktivität in Ostdeutschland nach wie vor niedriger ausfällt."
    Alarmierend aus Sicht der Ostbeauftragten: Der Aufholprozess hat sich in den vergangenen Jahren verlangsamt, man könnte auch sagen, so Gleicke, er ist zum Stillstand gekommen:
    "Wie auch immer, damit können wir nicht zufrieden sein. Deshalb ist die weitere Stärkung der Wirtschaftskraft unbedingt erforderlich, denn sie sichert und schafft Arbeitsplätze, sie verbessert die Steuerkraft der Länder und hat positive Wirkungen auf die Länderhaushalte."
    Keine reine Ostförderung mehr nach 2020
    Für Gleicke steht daher fest: Es muss weiter Geld nach Ostdeutschland fließen. Auch über 2019 hinaus, wenn der Solidarpakt zwei ausläuft. Wer hier einsparen will, der knipst dem Aufbau Ost die Zukunft ab, warnte Gleicke wörtlich. Derzeit verhandeln Bund und Länder über die Neuregelung ihrer Finanzbeziehungen. Auch in Westdeutschland gibt es strukturschwache Regionen, räumt Gleicke ein. Für die Ostbeauftragte steht daher fest:
    "Eine reine Ostförderung wird es nach 2020 nicht geben. Wir müssen die bisherige Förderung weiterentwickeln zu einem System der Förderung strukturschwacher Regionen in ganz Deutschland."
    Wir brauchen eine Anschlussregelung, die das Erreichte nicht aufs Spiel setzt und die finanzielle Handlungsfähigkeit der Ostdeutschen Länder erhält, forderte Wolfgang Tiefensee, der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD. Auch Gregor Gysi, der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei sieht die Große Koalition hier in der Pflicht.
    "Das geht es nicht um Ostdeutschland, da geht es um ganz Deutschland und wir werden immer größer. Es gibt Regionen, die entwickeln sich gut und es gibt andere Regionen, die entwickeln sich schlecht. Das ist, wenn man so will, auch grundgesetzwidrig und also erwarte ich von der Bundesregierung, dass sie Mittel zur Verfügung stellt, um gerade die schwach entwickelten Regionen voranzubringen."
    Die Kluft könnte sich in den kommenden Jahren sogar noch vergrößern. Durch den demographischen Wandel, der in Ostdeutschland besonders tiefe Spuren hinterlässt. Viele Junge sind abgewandert, dorthin, wo es Arbeit gibt. Die Folge: Es fehlt der Nachwuchs, die Bevölkerung zwischen Oder und Elbe schrumpft, bis 2030 voraussichtlich um 40 Prozent, sagte Gleicke.