
Es ist naheliegend, dass ein links-pazifistischer ostdeutscher Komponist wie Friedrich Schenker Ende der 1980er Jahre ein besonderes Interesse an einer kritischen Reflexion von Revolutionsgeschichte zeigte – um mit einer Fülle aktueller Bezüge den krisenhaften Zustand im eigenen Land zu kontrapunktieren. Tatsächlich wird sein hoch performatives Sprach-Musik-Stück vor der Folie der Französischen Revolution ein intellektueller Kommentar zu den Entwicklungen in der Endzeit der DDR.
Darüber hinaus ist Mickel/Schenkers "Die Gebeine Dantons" ein echtes Radiowerk. Es aktualisiert die Neigung der Gattung Funkoper zu technischen Sujets, indem die radiophone Medientechnik der Zeit voll ausgenutzt wird: durch raumakustische Klangbewegungen, elektroakustische Montage- und Collagetechniken sowie durch atmosphärische Effekte mit Echo und Hall, Vocoder und Rückkoppelungen.
Aus all dem ergibt sich ein medienspezifisches Hörerlebnis, das die Bühne vergessen macht, indem vor dem inneren Auge starke Bilder erzeugt werden. In Ihrer Sendung spannt Autorin Anna Schürmer den Bogen von den Anfängen der Rundfunkoper bis in die Gegenwart und wirft Blicke auf medienkünstlerische Produktionen von heute.