Als dreizehnjähriger musste er die Schule verlassen, um zum Unterhalt der Familie beizutragen. Nach einem Jahr brach er seine Bürolehre ab und bewarb sich über ein Zeitungsinserat als Jockeylehrling. Der zierliche und kleinwüchsige Gordon war dafür offenbar wie geschaffen. Außerdem konnte er wie kein anderer sich auf die Launen und Eigenarten der Pferde einstellen. Eine Gabe, die seine Trainer früh an ihm erkannten. Mit 17 gewann er sein erstes Rennen und vier Jahre später, 1925, wurde er erstmals englischer Champion, ein Erfolg, den er 25 mal während seiner langen Laufbahn wiederholte. Nachdem er 1932 den Rennrekord von 259 Siegen innerhalb eines Jahres aufgestellt hatte, galt das 28-jährige Naturtalent schon als lebende Legende. Fortan wurde er immer wieder nach dem Geheimnis seiner Erfolge gefragt: Der Wille zum Sieg. Das ist mein Geheimnis. Ich kann es immer nur wiederholen. Talent ist natürlich wichtig. Man muss mit Pferden umgehen können, wachsam sein beim Start, Tempo und Distanzen einschätzen, schnell reagieren können, wenn sich im Rennen eine Lücke auftut, sensibel dafür sein, wann dein Pferd das äußerste gibt und wann es noch Reserven hat. Aber all das nützt dir nichts ohne den unbedingten Willen zum Sieg.
Mit dieser Einstellung gewann er sämtliche Klassiker mehrmals. Jedes Kind in England kennt sie: 2 mal die Oaks, 3 mal die Thousend Guineas und Two-Thousond Guineas, 5 mal die St. Leger. Von seinem letzten späten Erfolg in Epsom war er selbst am meisten überrascht, wie er im anschließendem Sieger-Interview mit gewohnt britischer Zurückhaltung, aber humorvoll betonte und 40 weitere Jahre Galopprennen nicht ausschließen wollte: Ein Jahr später, 1954, endete Gordon Richards makellose Karriere abrupt durch einen schweren Sturz. Für seine einzigartige Laufbahn aber belohnte ihn die pferdebegeisterte Monarchin mit dem Ritterschlag. Als ersten seiner Zunft. Auch hier berichtet die Legende, dass nach dem Handkuss des Geadelten beide Turfexperten im Buckingham-Palast noch minutenlang über die Qualitäten ihrer Majestät Pferde plauderten. Nach einer zweiten Karriere als Galopper-Trainer starb Sir Gordon Richards am 10. November 1986.