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50 Jahre nach Apollo 11
China erobert den Mond

Chinas ehrgeiziges Raumfahrtprogramm ist eng mit der Militärstrategie der Staatsführung verbunden. Dementsprechend konsequent treibt das Regime in Peking die Missionen ins All voran. Spätestens 2030 soll der erste Chinese den Mond betreten.

Von Steffen Wurzel | 16.07.2019
Die chinesische Sonde Chang'e 4 in einer Computersimulation auf der Mondoberfläche.
Die chinesische Sonde Chang'e 4 in einer Computersimulation auf der Mondoberfläche. (Xinhua)
Auch in der chinesischen Raumfahrt gibt es den berühmten Countdown beim Start der Raketen. Hier zu Hören der Start der unbemannten Mond-Sonde Chang’e 4 Ende vergangenen Jahres.
Der chinesische Countdown klingt deutlich strenger, militärischer, als bei den Amerikanern oder den Europäern. Das ist auch kein Wunder: Chinas Raumfahrtprogramm ist sehr eng verbunden mit dem Militär des Landes. Entsprechend erschien Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping im Februar in grüner Militäruniform, als er den Mitarbeitern der Mondmission Chang’e 4 in Peking offiziell dankte. Seine kurze Ansprache: voller Pathos und Stolz.
"Sie haben den Gipfel der Wissenschaft und der Erforschung universeller Geheimnisse erklommen. Dieser Erfolg ist ein Vorbild: für die Partei, die Armee und die gesamte chinesische Nation. Wir brechen auf in eine neue Ära. Die Nation und das Volk danken Ihnen dafür."
Bis 2030 erster Chinese auf dem Mond
Mit Yang Liwei schickte die Volksrepublik China Ende 2003 erstmals einen Raumfahrer in die Erdumlaufbahn. Bis heute folgten im zehn weitere "Taikongren" - so heißen Astronauten auf Chinesisch. Bei den insgesamt neun Männern und zwei Frauen wird es nicht bleiben, denn China weitet sein ehrgeiziges Raumfahrtprogramm seit Jahren konsequent aus. Bis 2030 soll ein Chinese oder eine Chinesin den Mond betreten. So hat es die Staats- und Parteiführung angekündigt.
Bis es soweit ist, schickt China unbemannte Erkundungssonden auf den Mond. Zuletzt die Sonde Chang’e 4, sie landete Anfang Januar mit einem kleinen Rover an Bord auf dem Mond. Das Besondere an der Mission: Mit Chang’e 4 gelang erstmals die sanfte Landung einer Sonde auf der erdabgewandten Seite des Mondes.
Das Projekt ist deswegen aus zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Erstens ist es wissenschaftlich besonders interessant, die bisher weitgehend unerforschte Rückseite des Mondes zu erkunden. Zweitens ist es technisch weitaus komplizierter, eine Sonde genau dort zu landen.
Landung auf der Mond-Rückseite
So musste China neben der eigentlichen Mond-Sonde auch einen speziellen Relais-Satelliten in die Mond-Umlaufbahn schießen, als einen Funk-Spiegel, damit das Kontrollzentrum in Peking überhaupt mit Chang’e 4 kommunizieren kann. Denn die Rückseite des Mondes ist eine Art riesiges Funkloch. Wu Weiren, der Leiter des chinesischen Mondprogrammes, im Fernsehsender CCTV:
"Das ist ein echter Meilenstein. Es ist das erste Mal, dass die Menschheit auf der erdabgewandten Seite des Mondes aktiv wird. Ein echter Durchbruch. Und das Ganze ist ein sehr guter Ausgangspunkt für künftige Mondprogramme. Das Unbekannte zu erforschen liegt in der Natur des Menschen. Dem sollten sich unsere und kommende Generationen widmen."
Ende dieses Jahres will China bereits die nächste Sonde zum Mond schicken. Chang’e 5 soll eigenständig Mondgestein einsammeln und zurück zur Erde schicken. Eine ebenfalls technisch sehr anspruchsvolle Mission. Zuletzt gelang das Mitte der 1970er einer Sonde der Sowjetunion. Nochmal Wu Weiren, der Leiter des chinesischen Mondprogramms:
"Partei-Generalsekretär Xi Jinping hat uns aufgefordert, das Universum zu erforschen und China zu einer starken Weltraumnation zu machen. Diesen Traum werden wir verwirklichen."
Weltraumfahrt als Propaganda
Für Chinas Staats- und Parteiführung geht es bei dem Weltraumprogramm mehr als nur um Forschung und Wissenschaft. Das Ganze hat auch eine enorme politische und propagandistische Komponente. Ähnlich wie auch bei den US-Amerikanern und den Sowjets während deren Wettlauf zum Mond während des Kalten Kriegs. Über das Budget des chinesischen Weltraumprogrammes gibt es keine offiziellen Zahlen. Die Schätzungen reichen von rund zwei bis acht Milliarden Euro pro Jahr.
Anders als in Europa oder den USA wird in der Diktatur China über Vor- und Nachteile der Ausgaben für die Raumfahrt nicht offen diskutiert. Und weil es weder Wahlen noch Legislaturperioden gibt, ist auch die langfristige Planung des chinesischen Weltraumprogrammes deutlich einfacher als in demokratischen Ländern.