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70 Jahre Verteidigungsbündnis
Krach beim NATO-Jubiläumsgipfel

Frankreichs Staatspräsident Macron beharrt darauf, dass die NATO eine strategische Neuausrichtung braucht. Richtigen Streit gab es beim Treffen in London mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan. Der geht in Syrien nicht nur zum Ärger Macrons militärisch gegen einen NATO-Partner vor - die Kurden.

Von Friedbert Meurer | 04.12.2019
Premierminister Johnson empfängt mehrere Staats- und Regierungschefs vor dem Nato-Treffen
Premierminister Johnson empfing mehrere Staats- und Regierungschefs vor dem NATO-Treffen (AFP)
Trillerpfeifen ertönten, als sich am Abend die Limousine von US-Präsident Donald Trump dem Buckingham Palace näherte. Aber es war eine überschaubare Zahl an Demonstranten – und einige empfingen ihn auch auf eine Weise, die zumindest freundlicher klang.
"Donald, dir gehört nicht die Welt", sang diese Gruppe. Dann wurden der US-Präsident und alle anderen NATO-Staats- und Regierungschefs von der Queen empfangen. Nur relativ kurz und auch nicht zum Staatsbankett. Der NATO-Jubiläumsgipfel fällt eher bescheiden aus, nach großer Feierlaune ist nur den wenigsten zumute.
Macron bleibt beim "NATO-Hirntod"
Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron zum Beispiel wollte seine Kritik nicht zurücknehmen, die NATO sei 70 Jahre nach ihrer Gründung hirntot. "Meine Erklärungen haben einige Reaktionen ausgelöst und haben einige aufgerüttelt. Ich stehe weiter dazu. Wir brauchen eine strategische Neuausrichtung in Europa und müssen klären, wer wirklich unser Feind ist. Ich bin dafür, dass es eine stärke europäische Komponente in der NATO gibt."
Unterstützung erfuhr Macron vom kanadischen Premierminister Justin Trudeau, offene Diskussionen seien notwendig. Der polnische Präsident Andrzei Duda dagegen forderte Macron auf, lieber Vorschläge zu unterbreiten, was man besser machen könne. Der härteste Kritiker Macrons aber hieß Donald Trump:
"Niemand braucht die NATO mehr als Frankreich. Und offen gesagt, wer am wenigsten von der NATO hat, das sind die USA. Wenn Freunde solche Erklärungen zur NATO abgeben, dann ist das ein sehr gefährliches Statement."
Streit mit Erdogan
Bundeskanzlerin Angela Merkel ortete sich dazwischen und versuchte, die Wogen zu glätten. "Bei allen Differenzen, die es gibt und die wir natürlich auch aussprechen müssen: Wir müssen auch über die Zukunft der NATO und die strategischen Gemeinsamkeiten diskutieren. Aber ich gehe relativ optimistisch in diesen Treffen."
Der härteste Konflikt in der NATO spielt sich aber andernorts ab. Hinter verschlossenen Türen stritten Merkel, Macron und der britische Premier Boris Johnson mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Erdogan. Die Türkei gehört der NATO an, geht aber in Syrien nicht nur zum Ärger Macrons militärisch gegen einen Partner der NATO vor, die Kurden. "Die Türkei kämpft gegen diejenigen, die mit uns Schulter an Schulter gegen Isis einstehen."
Eine gemeinsame Erklärung nach der Unterredung mit Erdogan gab es nicht. In London stehen der NATO-Gipfel und der Besuch von US-Präsident Donald Trump ohnehin eher im Zeichen des britischen Wahlkampfs. Boris Johnson fürchtet den Ritterschlag durch Donald Trump, das schadet ihm eher. Trump konzedierte denn auch, er könne mit jedem britischen Premierminister leben. Er selbst sei doch jemand, mit dem man - so wörtlich – "sehr einfach zusammen arbeiten kann".