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Abenteuerliches Leben

Mit Arthur Koestler - Ein extremes Leben hat Christian Buckard eine zeitgemäße Biographie geschrieben. Mit großem Engagement und spürbarer Faszination ist Buckard den Spuren Koestlers gefolgt. Er entmystifiziert, im Stil einer großen Reportage, das abenteuerliche Leben Arthur Koestlers, ohne ihm etwas von seinem Reiz zu nehmen. Ganz offensichtlich hat sich Buckard nicht von Koestlers populären autobiographischen Schriften alleine leiten lassen. Die festgehaltenen Aussagen von Freunden, Schriftstellerkollegen, Bewunderern und Gegnern, verleihen dem Buch einen außerordentlich lebendigen Charakter.

Von Arnold Thünker | 07.11.2004
    "Am 1. März 1983 nahm sich der 77-jährige Arthur Koestler zusammen mit seiner 22 Jahre jüngeren Ehefrau Cynthia das Leben. Sein Gesundheitszustand hatte es ihm schon seit längerer Zeit unmöglich gemacht, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, und nun, da ihm ein langes Siechtum drohte, schien ihm der Freitod die einzige Möglichkeit zu sein, in Friede und Würde zu sterben. Und so ging Koestler in den Tod, wie er gelebt hatte: kompromißlos, mutig, unsentimental und sicherlich bis zum Ende grenzenlos neugierig."

    Lebensmotto: Alles oder Nichts

    War Arthur Koestler von einer Sache überzeugt, so setzte er auch Leben dafür aufs Spiel. Mehr als intellektuelle Brillanz und geniale Wortgewandtheit war es vielleicht diese "Alles–oder–Nichts–Mentalität", die Fähigkeit, in der Überwindung größter Angst physischen wie intellektuellen Mut zu beweisen, die selbst jene an dem "kleinen Koestler" faszinierte, die seine Ansichten nicht teilten und seine Umgangsformen mitunter als schwer erträglich empfanden.
    Die Aussage, die Buckard hier trifft, könnte von Koestler selbst stammen, der als einer der großen Autobiographen des 20. Jahrhunderts gilt. Buckard ist allerdings nicht der Meinung, daß die zweibändige Autobiographie Pfeil ins Blaue und Die Geheimschrift diesen Ruf Koestlers begründen, sondern sein Bericht aus der Todeszelle Francos, "Das spanische Testament" und seine großen Romane "Sonnenfinsternis und Diebe in der Nacht".

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    Arthur Koestler wurde am 5. September 1905 in Budapest geboren. Koestler selbst schildert seinen Vater Henrik als grenzenlos optimistisch und extravagant. Immer mit phantastischen Projekten im Kopf, war für Vater Henrik alles fabelhaft, titanisch und kolossal. Die Mutter Adele, die gebürtig aus Prag stammte, liebte Ungarn gar nicht. Für sie war es ein rückständiges, wildes, barbarisches Land.

    Ambivalentes Verhältnis zu Frauen

    Im Haus Koestler wurde Deutsch gesprochen. Adele Koestler ist dafür verantwortlich, daß die ersten Jahren des kleinen Arthur, ihres einzigen Kindes, einsam verliefen. Die launenhafte Mutter wollte nicht, daß ihr Arthur mit nicht wohlerzogen Kindern Umgang pflegte. Für Koestler blieb seine Mutter ein Leben lang eine frustrierte Frau. Er liebte und haßte sie. Das ambivalente Verhältnis zur Mutter bestimmte auch seine Einstellung zu Frauen, gesteht Koestler in Alter selbst.
    In der assimilierten jüdischen Familie Koestler lebt auch der Großvater Leopold. Selbst sein Sohn Henrik wußte nichts von seiner tatsächlichen Herkunft. Auch für Arthur, blieb der Lebensweg des Großvaters, ein unlösbares Rätsel. Jude zu sein, war in der Familie Koestler ebenso selbstverständlich wie der Name, den man trug. Großvater und Vater Koestler waren stolze Ungarn. Arthur wird es auch Zeit seines Lebens bleiben, so notiert er 1966:
    "Wenn es denn intelligente Wesen auf dem Mars gibt, sie sich sehr wahrscheinlich mit den Worten kezét csókolom begrüßen; und daß jener geheimnisvolle rote Fleck, den russischen Astronomen auf dem Planeten entdeckt haben, eine riesige Paprika-Mine sein muss."

    Ein begeisterter Leser

    Der junge Arthur Koestler war begeisterter Leser. Neben der Werken der Weltliteratur, liebte er besonders ungarische Lyrik und Schriften der Naturwissenschaften. Seine Helden waren Darwin und Spencer, Kepler, Newton und Mach; Edison, Hertz und Marconi – die Buffalo Bills an den Fronten der Forschung. Hier zeigen sich die Züge seines Vaters. Arthur hielt sich nicht bei Detailfragen auf, sondern träumte davon, dem Universum seine Rätsel zu entreißen. Ein Schlüsselerlebnis überkam ihn auf den Hügel Budas. Die Vision vom blauen Pfeil, ...
    "... der mit solcher Kraft ins Blaue hinaufgeschossen wurde, das er über die Schwerkraft der Erde hinaus, am Mond und an der Anziehungskraft der Sonne vorbeigetragen wurde."
    So sehr sich der junge Koestler auch in die Unendlichkeit hinaus wagte, die Rätsel des Universums konnten ihn nicht vor den Erschütterungen der Zeitgeschichte schützen. Die Wirren nach der Unabhängigkeitserklärung Ungarns von Österreich am 1. November 1918 führen schließlich dazu, daß die Familie Koestler nach Wien umsiedelte. Arthur absolviert die Schule und will Maschinenbauingenieur werden. Doch es gab ein Problem, wie er an seine Eltern schrieb:
    "Am Montag war ich auch in der Technik und habe mich wegen der Incripation erkundigt. Man muß ein Gesuch einreichen, und aufgenommen wird man überhaupt erst im September. Ich habe unter der Hand erfahren, daß es schwer ist, als Ungar, und dazu noch als Jude aufgenommen zu werden."

    Begegnung mit Zionisten

    Aber Vater Henrik gelang es, ein Empfehlungsschreiben für seinen Sohn aufzutreiben und so schreibt sich Arthur für das Wintersemester 1922 ein. Der junge Arthur Koestler wird Mitglied der schlagenden jüdische akademischen Studentenverbindung UNITAS. Hier lernt der "kleine Koestler", der immer noch etwas Bubenhaftes an sich hat, sich mit antisemitischen Studenten Wiens zu prügeln. Buckard stellt fest, daß die Zeit für Koestler reif war, einer verschworenen Männerbund anzuschließen. Die Begegnung mit dem Zionisten Vladimir Jabotinsky ist für den jungen Studenten Koestler einer der folgenreichsten Begegnungen in seinem Leben. Durch diese Führerpersönlichkeit des Zionismus erwächst ihm ein starkes jüdisches Selbstbewußtsein. Das Ziel ist klar: die historische Heimat Eretz Israel. Auf den Reisen mit seinem Mentor, erhielt der junge Zionist Koestler seinen politischen Feinschliff. Im Windschatten des charismatischen Jabotinsky, war sein politischer Tatendrang kaum zu halten. Im September 1925 notiert er:
    "Zionismus ist das Gebiet, wo ich am meisten erlangen kann (außerdem dauern mich die progromisierten Juden). Es ist wahr, ich bin schreibfaul. Wird das der erste Erfolg überwinden? Bin ich ein Schriftsteller? Vor allem bin ich unreif um die Entscheidung zu treffen? Ich bin Organisator, Politiker und Redner (...) Das spricht für den Zionismus, aber ist das schwerwiegend genug? (...) Ein Dilemma ohne Ausweg, der unmöglich ist, und solche Fragen hämmern auf mich ein, sondern machen mich nur depressiv. Wo ist der Mensch, der mir hilft? Hilfe ist nur bei mir, aber ich bin zu faul, eine kleine, ekelhafte Tragödie. Entscheiden."

    Die Geschichte Palästinas - damals so brisant wie heute

    Mitte März 1926 erhält Koestler die Einreisepapiere für Palästina. Am 1. April macht er sich auf den Weg. Seine Eltern hatte er angelogen: er würde ein einjähriges Praktikum in einer palästinensischen Fabrik absolvierten, teilte er ihnen mit. Palästina befand sich 1926 in einer schweren Wirtschaftskrise. Die zionistische Forderung nach Masseneinwanderung schien absurd. Der Exkurs über die Lage in Palästina und der Kampf der verschiedenen Interessengruppen, zeugt von großer Detailkenntnis des Autors. Anhand der Stationen Arthur Koestlers wird ein Stück der Geschichte Palästinas lebendig, daß leider bis heute nichts an Brisanz verloren hat.
    Koestler versucht sich in einem Kibbutz. Doch muß er bald einsehen, daß es nicht seine Art Leben ist. Er schlägt sich als "Träumer und Zweifler" durchs gelobte Land. Schreibt für Zeitungen, betätigt sich als Limonadenverkäufer und muß immer wieder am Strand von Tel Aviv "wohnen". Auch wenn immer mehr Artikeln von ihm erscheinen, sein materielle Lage bleibt schwierig. Trotzdem versucht er sich mit der ihm eigenen Energie überall einzumischen.
    Seine Lebensumstände bessern sich, als Wolfgang von Weisl ihn als sein Nachfolger als Nahost – Korrespondent des Ullstein - Nachrichtendienstes unterbringen kann. Für Koestler ist klar, daß er innerhalb kürzester Zeit ein "Star" unter den Journalisten sein wird. Seine Hintergrundanalysen und anspruchsvollen Reisebeschreibungen wurden in der Vossichen Zeitung veröffentlicht. Doch all die kleinen Erfolge, die seinen Namen bekannt machen, können nicht die "Jerusalemer – Depression" bezwingen. Koestler hat Heimweh nach Europa. Dieses Gefühl ändert jedoch nichts an seiner zionistischen Grundüberzeugung. Arthur Koestler verlässt Eretz Israel mit einem palästinensischen Paß. Ein Freund war sich sicher: er wird wiederkommen.

    Faszination für den Marxismus-Leninismus

    Zurück in Berlin, wird dem "Wunderkind von der Klagemauer" ein Posten als Korrespondent in Paris angeboten. In Palästina brechen blutige Unruhen aus. Auch wenn ihn die Ereignisse erschüttern, in erster Linie arbeitet Koestler hart an seiner journalistischen Karriere. Schreibt über Filme und veröffentlicht populärwissenschaftliche Artikel. Ein wichtiges Thema ist ihm zeitlebens die Vererbungslehre. Doch bei aller Faszination für das Thema, seiner Meinung nach, bestimmten viel mehr die Umweltfaktoren das Leben des Menschen. Aus dieser Erkenntnis heraus, wird der Zionist Koestler Mitglied in der Kommunistischen Partei Deutschlands. Was ihn dazu brachte, argumentiert Buckard so:
    "Er selbst hatte verschiedene Gründe angeführt. Etwa seinen starken Gerechtigkeitssinn, eine grundsätzliche rebellische Neigung und die Faszination für das geschlossene System des Marxismus-Leninismus. (...) Für Koestler, der als Kind Haeckels "Die Welträthsel" verschlungen und in Wien Ingenieurwissenschaften studiert hatte, der als Nahostkorrespondent den Bau von Elektrizitätswerken besungen hatte und sich nun tagtäglich mit jenen revolutionären Entdeckungen beschäftigte, die das alte Weltbild in ihren Fundamenten erschütterten, wurde der "wissenschaftliche" Marxismus-Leninismus zur Leitidee der Moderne."

    Zweifel an der Parteilinie

    Im Juli 1931 überflog Arthur Koestler als Exklusiv-Berichterstatter an der Bord eines Zeppelins den Nordpol. Als er den naiven Versuch unternimmt, einen jüngeren Kollegen zur nachrichtendienstlichen Tätigkeit für die KPD zu bewegen, kann Koestler sich im Verlagshaus Ullstein nicht mehr halten. Er unternimmt eine einjährige Reise durch die Sowjetunion und erlebt die Tristesse des dortigen Alltags. Sieht täglich die häßliche Fratze der kommunistischen Ideologie. Zurück, erfährt er von der Machtergreifung Hitlers, in Paris. Von hier soll er mit dem erfahrenen kommunistischen Propagandist Willi Münzenberg, die antifaschistische Propagandaschlacht schlagen. Bei Münzenberg erlernt Koestler alle Kniffe der politischen Propaganda. Doch seine Zweifel an der Parteilinie werden immer stärker. Koestler ist nicht bereit, seinen ersten Roman "Die Erlebnisse des Genossen Piepvogel und seine Freunde in der Emigration" der Parteilinie zu opfern. Nach der Auseinandersetzung mit dem "Schutzbund deutscher Schriftsteller" verfiel Koestler in eine tiefe Depression. Er unternahm sogar einen Selbstmordversuch.
    Koestler beginnt an seinem Roman "Die Gladiatoren". Thema: der Spartakusaufstand als Beispiel für die Gewalt im Dienste des Ideals. Die Kritik an der Partei gewinnt immer mehr Kontur. In Spanien puscht General Franco am 18. Juli 1936 gegen die Volksfrontregierung. Der unbändige Koestler ist nicht zu halten. Er reist als Journalist in das Rebellengebiet, um der Welt zu beweisen, daß Deutsche und Italiener die Falangisten unterstützen. Koestler wird gefangen genommen, zum Tode verurteilt und schließlich ausgetauscht. Im "Spanischen Testament" schildert er atemberaubend, das Warten auf den Tod.

    Austritt aus der KPD

    Kaum erholt, reist er wieder als Korrespondent nach Palästina. Er schreibt noch immer als Zionist und entfernt sich somit weiter von der Partei. Nach seiner Rückkehr am 22. April 1938, teilt er in einem kurzen Brief den Austritt aus dem KPD mit. Koestler beginnt seinen Roman Sonnenfinsternis, der ihn weltberühmt machen wird. Die Erfahrung aus der Todeszelle und die Ansicht der Partei "das der Zweck die Mittel heiligt" sind die Grundlagen für das Werk, das ihn zum erklärten kalten Krieger werden lässt.
    Die Ereignisse überschlagen sich. 1939 wird er Hitler – Stalin – Pakt geschlossen. Koestler kommentiert gegenüber seiner neuen Lebensgefährtin Daphne Flower, das ist das Ende. Frankreich macht mobil. Koestler, der sich in Paris aufhält, wird als "unerwünschter Fremde" verhaftet und in das berüchtigte Lager Le Vernet am Fuße der Pyrenäen gebracht. Trotz schlechter Lagerbedingungen, kann er an seinem Roman "Sonnenfinsternis" weiterarbeiten.
    Vor dem Einmarsch der Deutschen in Frankreich wird Koestler aus der Haft entlassen. Er flieht mit Daphne Richtung Süden. Ein Odyssee, die er mit dem Paß eines Fremdenlegionärs durchsteht. Endlich erreicht er Lissabon. Von dort fliegt er nach Bristol.
    Koestler wird von den englischen Behörden interniert. Nach sechs Wochen kommt er frei. Er meldet sich als Freiwilliger bei der Armee und wird dem Aliens Pioneer Corps zugeteilt. Vater Henrik stirbt in Budapest. Auch sein väterlicher Freund Jabotinsky stirbt. Für Koestler sind diese Verluste die " Sprache des Schicksals".

    Schreibt über den Massenmord an den Juden

    Immer zwischen unbändiger Energie und tiefer Niedergeschlagenheit nimmt Köstler jede Möglichkeit wahr, das Zeitgeschehen durch sein Schreiben zu beeinflussen. Er arbeitet für das BBC und hat Kontakte zum MI5. Berichtet über die Transporte und den Massenmord in Deutschland. Er schreibt den Roman "Ein Mann springt in die Tiefe", eines der ersten Bücher, die von den Todeszügen in die Lager berichten. In seinem Essay "The Nightmare That Is a Reality", der im New York Times Magazine erscheint, schreibt er:
    "Bis jetzt sind drei Millionen gestorben. Es ist der größte uns überlieferte Massenmord der Geschichte; und es geht täglich, stündlich weiter, so regelmäßig wie das Ticken Ihrer Uhr ... Ein Hund, der von einem Auto überfahren wird, erschüttert unser emotionales Gleichgewicht und unseren Verdauungsapparat, doch eine Million in Polen ermordeter Juden verursachen nichts als ein leichtes Unwohlsein. Statistiken bluten nicht, es ist das Detail, was zählt. Wir sind unfähig, den ganzen Prozeß mit unserem Bewußtsein wahrzunehmen; wir können nur kleine Ausschnitte der Realität aufnehmen."

    Begeisterung für Israel

    Buckard folgt den Spuren des rasenden Koestler mit gebührendem Abstand. In dem Kapitel "Ein Staat unterwegs (1944-1948)" gelingt es ihm, die Geburtswehen des Staates Israel in einer atmosphärisch dichten Beschreibungen einzufangen. Koestler arbeitet an seinem Roman "Diebe in der Nacht". Das Buch ist Propagandawerk für sein Eretz Israel. An Daphne schreibt er:
    "Was für ein Land für einen Schriftsteller, Darling! Ich verstehe nicht, warum Hemingway & Co. es bis jetzt noch nicht entdeckt haben. Die Probleme eines ganzen Kontinents, konzentriert auf der Fläche eines Landkreises, wie irgendwer einmal sagte. Du scharst ein wenig in der Erde, und schon kommen Tongeschirr und Münzen aus Nebukadnezars Tagen zum Vorschein. Du kratzt an einem Menschen und schon kommen alle archetypischen Konflikte zum Vorschein – rassische, religiöse, soziale und ethische, die man in Europa nur in einem verdünnten Zustand vorfindet. Alles ist hier in einem konzentrierten Zustand, überwürzt, übersalzen, überhitzt – wie das Tote Meer."

    Enttäuschung über Israel

    Am 05. August 1945 fällt die Atombombe auf Hiroshima. Für Koestler ist die Welt am Ende. Keine drei Jahre später, am 14, Mai 1948, findet die israelische Staatsgründung statt. Begleitet von dem Einfall der arabischen Armeen. Koestler verfolgt die Kampfahndlungen in Haifa. Sein anschließender Besuch in einem Kibbutz, wird für ihn zu einer Enttäuschung. Die Aktivisten und Siedler akzeptieren Koestler nicht als wirklichen und tatkräftigen Zionisten. Im Laufe der Zeit wird er immer mehr zum Außenseiter. Seiner Meinung nach hat das Kollektiv Israel ihn verstoßen.
    Das alte koestlerische Thema, Juden und die Diaspora, tritt wieder in den Vordergrund. Koestler ringt um Gehör, wie er es immer getan hat. Buckard verbindet immer öfter die Befindlichkeiten Koestlers und dessen politischen Forderungen. Läßt sich aber nicht auf eine sentimentale Darstellung ein.

    Erkrankt an Parkinson und Leukämie

    In seinen letzten Jahren, in relativen Wohlstand lebend, befaßt sich Koestler mit Parapsychologie. Er tritt öffentlich gegen die Todesstrafe ein. Eine Einladung nach Israel lehnt er ab. Doch der alte Aktivist ist lebendig. Während in Ungarn die kommunistischen Panzer rollen, wirft er Ziegelsteine gegen die Fenster der ungarischen Gesandtschaft in London. Er will, die Welt auf das Geschehen in seinem Geburtsland aufmerksam machen. Burkard folgt ab diesem Zeitpunkt verhalten den publizistischen Aktivitäten Arthur Koestlers.
    Arthur Koestler war ein alter Mann geworden. Wie keiner anderer, hat er das 20. Jahrhundert am eigenen Leib erfahren. Erkrankt an Parkinson und Leukämie, bevorzugte er den Freitod. Er, dem der eigene Tod schon öfters in seinem Leben begegnet war.

    Christian Buckard ist mit "Arthur Koestler – ein extremes Leben" ein überaus differenziertes Porträt des Menschen Arthur Koestler gelungen. Buckard hat das, was ein Biograph braucht: Genauigkeit, Ausgewogenheit und Elan.
    Christian Buckard, Arthur Koestler, Ein extremes Leben 1905 –1983, C. H. Beck, 424 S., EUR 29, 60