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Aber mein Mann muss mit!

Viele Hochschulen bieten spezielle Programme mit Berufsperspektiven für die Partner von Spitzenforschern. Die Konferenz "Duale Karrieren und ihre Realität” an der Uni Konstanz untersuchte, ob das funktioniert.

Von Thomas Wagner | 09.10.2012
    "Ein konkretes Beispiel war, dass eine Professur besetzt werden konnte, weil in der Partnerschaft die Möglichkeit da war, dass die Lebenspartnerin in diesem Fall, dass ich ihr zeigen konnte, es gibt die und die Stellen."
    Mabel Brown arbeitet im Dual Career Support der Universität Bayreuth. Ihre Aufgabe: Die Jobvermittlung der besonderen Art. Wenn immer ihre Uni einen Professor oder eine Professorin neu beruft, muss sich Mabel Brown um die Partnerin oder den Partner kümmern: Welche Berufswünsche, welche Karriereziele gibt es da? Und: Lässt sich dazu ein passender Job finden? All dies ist die Aufgabe jener "Dual Career Center", die sich derzeit rund 40 deutsche Hochschulen leisten. Tendenz: steigend. Denn: Ganz häufig folgen hochangesehene Wissenschaftler nur im Doppelback einem Ruf an eine neue Hochschule. Will heißen: Ohne Berufsperspektive für den Lebenspartner sind Wissenschaftler häufig nicht bereit, die Uni zu wechseln.

    "Wir sehen, dass es praktisch in jeder zweiten Berufungsverhandlung eine bedeutende Rolle spielt."

    Die Uni Konstanz hat daraus längst eine Tugend gemacht – und schon vor über fünf Jahren eines der ersten Dual Career Programme an deutschen Hochschulen auf den Weg gebracht. Schnell war Programmkoordinatorin Marion Woelki klar: Professoren bandeln auch privat gerne mit Professorinnen, Akademiker ganz generell mit Akademikerinnen an. Wo im Wissenschaftsbetrieb die Liebe hinfällt, kommt der Wunsch nach Erfolg im Job gleich hinterher – selbst dann, wenn einer der beiden die Hochschule wechselt. Marion Woelki und ihr Team haben sich darauf eingestellt:

    "Wir hatten als erstes schon 2007 ein Netzwerk gebildet mit den anderen Hochschulen in der Region, auch mit den Schweizer Hochschulen, um zu schauen, dass man dann die Möglichkeit hat, Kontaktpersonen, Ansprechpersonen zu haben, um Lebensläufe weite zu reichen."

    Das war der Anfang. Doch wie auf der Tagung in Konstanz deutlich wurde, reicht das Hochschulnetzwerk in der Region längst nicht mehr aus, um die vielen Partnerinnen und Partner der neuen klugen Köpfe unterzubringen. Ein zweites Netzwerk muss her. Mabel Brown vom Dual Career Support der Universität Bayreuth:

    "Man muss ein sehr gutes Netzwerk in die regionale Industrie aufbauen und auch wirklich an die relevanten Stellen hingehen, an die Personaler, mit denen in Kontakt treten."

    Dabei zeichnet sich ein weiterer Trend ab: Die Dual Carreer Center gehen zunehmend über die bloße Vermittlung von Stellen und Kontakten hinaus. Charlotte Reinisch leitet an der Universität Potsdam die Servicestelle für neu berufene Professorinnen und Professoren und ist Sprecherin des Dual Career Netzwerkes Deutschland:

    " Da geht es auch um Informationen zu Schulen. Man arbeitet dem Service für Familien zusammen auf der Suche nach Betreuungsplätzen, nach Hortplätzen, nach Kita-Plätzen. Wir schauen nach Übergangswohnungen für die Professorinnen und Professoren. Und gleichzeitig geben wir Informationen über mögliche Wohngebiete."

    Dahinter steckt die Idee, beide Partner möglichst gut am neuen Wirkungsort zu integrieren. Klingt gut – und hat doch einen Haken. Das glaubt jedenfalls Professor Thomas Hinz, empirischer Sozialforscher an der Universität Konstanz.

    "Es geht im Prinzip darum, dass im Zuge der Dual Career Maßnahmen häufig Angebote in Zuge von Berufungs- und Bleibeverhandlungen an männliche Wissenschaftler gemacht werden, die dann ihre mitziehenden Partnerinnen an den neuen Hochschulort zu bringen."

    Über den Daumen gepeilt, werden immer noch rund zwei Drittel aller Professorenstellen mit männlichen Bewerbern besetzt. Und so sind es meistens Frauen, die auf das Angebot der Dual Career Center zurückgreifen. Dort bekommen sie zwar das eine oder andere Jobangebot. Diese Stellen bieten aber, so Thomas Hinz, längst nicht jene Karrierechancen, die die Frauen an ihrem alten Arbeitsort hätten.

    "Man stimmt einem Umzug an einen neuen Ort zu. Man freut sich drauf, hat aber nur eine kurzfristige Perspektive. Und langfristig sind die Frauen, die mit ihren Männern mitziehen, in einer gewissen Karrierefalle am neuen Ort."

    Was mit dem Ergebnis der Gleichstellung der Geschlechter an den Hochschulen wohl kaum zu vereinbaren sei. Um zu verhindern, dass berufstätige Professoren-Gattinen in solche ‚Karrierefallen‘ hineinlaufen, gibt es nach Ansicht von Sozialforscher Hinz nur eine Lösung: Die Berufung im Doppelpack.

    "Die ideale Vorstellung ist, dass es ein gemeinsames Holen von zwei Personen gibt, die man gemeinsam aufgrund ihrer wissenschaftlichen Qualifikation an der neuen Hochschule schätzt."

    Das allerdings bleibe, so viele Tagungsteilnehmer in Konstanz, auf lange Sicht schon aus Budgetgründen eine Illusion. Allerdings haben die Dual Career Center tatsächlich neue Instrumente entwickelt, um Partnerinnen und Partnern von neu berufenen ‚Profs‘ eine Perspektive in ein- und derselben Hochschule zu bieten. Marion Woelki:

    "Wir haben so genannte Brückenfinanzierungen. Das heißt: Wir geben gerade im wissenschaftlichen Bereich, also an der Hochschule und im Wissenschaftsmanagement, die Möglichkeit, dass sich jemand über ein Jahr einarbeitet, sich bekannt macht, schaut, wo sind Möglichkeiten, weiter zu forschen und seine Kontakte ausbauen Für viele ist das zumindest eine gute Überbrückung."