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Abfallbeseitigung
Nanomüll: Entsorgung ungeklärt

Produkte mit Nanotechnologie - kaufen kann man sie schon lange, doch bei ihrer Entsorgung sind noch viele Fragen offen. Erste Erfahrungen mit der Beseitigung von Nanoabfall sind immerhin positiv, sagten Abfallexperten auf einem Kolloquium zum Thema in Karlsruhe.

Von Michael Brandt | 04.03.2015
    Eine Frau legt eine Tüte mit Restmüll in eine Mülltonne.
    Was passiert mit Nanotechnologie im Müll? (dpa / picture alliance / Bernd Weißbrod)
    Das Horrorszenario ist das von Asbest. Ein Material wird wegen seiner positiven Eigenschaften jahre- und jahrzehntelang in Massen eingesetzt und dann wird plötzlich festgestellt, dass es auch negative Eigenschaften hat. Dass es hochgefährlich und krebserregend ist.
    Nach den Forschungsergebnissen zum Thema Nanopartikel, die heute auf dem Kolloquium in Karlsruhe zusammengetragen werden, trifft dieses Szenario für Nanopartikel nicht zu.
    Aber die Forschung zu dem Thema ist noch jung, so Professor Helmut Seifert vom Institut für Technische Chemie am KIT:
    "In den letzten drei Jahren sind wissenschaftliche Forschungsarbeiten an verschiedenen Instituten gelaufen, unter anderem am KIT. Wir haben Untersuchungen gemacht im Labor, um zu sehen, wie verhalten sich Nanopartikel in der Verbrennung selbst. Dazu gibt es auch eine Doktorarbeit. Des Weiteren haben wir praxisorientierte Versuche gemacht an einer Pilotanlage."
    Nanomüll in der Verbrennungsanlage
    Am KIT wurde erforscht, was mit nanohaltigen Materialien passiert, wenn sie in der Sondermüllverbrennung landen. Das ist vor allem bei Materialien der Fall, die in der industriellen Fertigung zum Beispiel in der Chemieindustrie anfallen.
    Inge Maria Lang promoviert sich über das Thema und hat untersucht, was passiert wenn man das Nanomaterial Ceroxid in de Pilotanlage und in einer wirklichen Sonderverbrennungsanlage verarbeitet
    "Wir haben das Ceroxid in die Anlage eingedüst, vorne in den Brennraum in die Nachbrennkammer und haben dann an verschiedenen Stellen in der Rauchgasreinigung Proben entnommen, um die Abscheidungen zu bestimmen. Einmal hinter Kessel, da haben wir den höchsten Cerwert gemessen, einmal noch zwischendrin und am Ende im Kamin."
    Das Ergebnis - zum Glück - so Professor Seiffert:
    "Wenn wir an die Betriebsanlagen gehen, haben wir festgestellt, dass der Luftpfad nahezu unbelastet ist. Das ist die sehr positive Botschaft, die wir heute geben können."
    Das heißt, die Nanopartikel landen in Schlacke und Asche und können dann geregelt entsorgt oder deponiert landen. Sie landen nicht in der Luft, wo sie als Feinstaub Unheil anrichten würden.
    Eine ähnliche Untersuchung, die hier vorgestellt wird, hat Julia Vogel vom Umweltbundesamt durchgeführt. Sie hat am Beispiel von Siliziumdioxid den Weg von Nanopartikeln in der Hausmüllverbrennung nachvollzogen:
    "Im Gegensatz zu Projekten am KIT haben wir die Nanopartikelsuspension auf den Abfall aufgebracht und dann den Brennstoff in die Rostfeuerung gegeben. Was wir feststellen, ist, dass auch im Abgas nichts zu finden ist."
    Umweltbundesamt: Hersteller kommen ihrer Verantwortung zu spät nach
    Die heute zusammengetragenen Ergebnisse also sind beruhigend, aber dennoch hätte sich Markus Gleis vom Umweltbundesamt gewünscht, dass sie schon vorgelegen hätten, bevor die Artikel massenhaft verwendet werden. Er wäre uns lieber gewesen, sagt er, "wenn im Rahmen der Produktverantwortung die Hersteller sich früher Gedanken gemacht hätten, über welchen Weg solche Stoffe in die Umwelt kommen. Nicht nur bei der sachgemäßen Verwendung des Produkts, sondern natürlich auch bei der Abfallentsorgung."
    Ein dritter Entsorgungsweg für die Nanopartikel ist noch nicht erforscht. Es geht darum, was zum Beispiel mit den Rückständen von Kosmetika passiert, die ins Abwasser gelangen:
    "Im Augenblick ist das Thema nicht nicht ganz geschlossen, weil uns der Teil der Klärschlammverbrennung noch fehlt, und wir werden uns sicher mit den Rückstände aus den Behandlungen noch befassen müssen."
    Zum Thema Nanopartikel und Klärschlammverbrennung findet derzeit ein Forschungsprojekt beim Umweltbundesamt statt. Nach den bisherigen Ergebnissen ist nicht zu erwarten, dass hier Nanopartikel in die Luft kommen, aber Vorsicht wäre wohl auch hier besser gewesen als Nachsicht, zu der möglicherweise ein Quäntchen Glück gehört.