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Abkehr vom Bio-Anbau

Viele Landwirte sehen im Bio-Anbau eine Zukunft und richten sich nach dieser Produktionsweise. Da mag es überraschen, wenn ein Öko-Bauer wieder auf konventionelle Landwirtschaft umstellt. Doch die Zahl dieser Rückumsteller wächst sogar.

Von Susanne Arlt | 15.04.2013
    Am Ende war es der Schweinemist, der Andreas Vogel dazu bewog, aus dem Ökolandbau wieder auszusteigen. Zehn Jahre lang pflanzte er im Süden von Berlin auf 1500 Hektar Roggen, Mais und Raps ökologisch an. Seine Schweinemastanlage betreibt er dagegen konventionell. Etwa 6500 Mastschweine werden in seinem Betrieb, der Saalower Mast GmbH, jährlich produziert. Die Sauen sehen satt und sauber aus. Sie stehen nicht auf Stroh, sondern auf kahlem Betonspaltboden. Der Mist fällt direkt in den darunter liegenden Güllekeller. Viele Jahre durfte Andreas Vogel diese Gülle komplett zum Düngen seiner Ökoflächen verwenden. Doch diese Menge wurde gemäß der EU-Ökoverordnung inzwischen deutlich reduziert. Vogel blieb auf einem Großteil seiner Gülle sitzen und der Umbau der konventionellen Anlage zu einem Ökoschweinestall hätte 600.000 Euro gekostet, sagt der Landwirt.

    "Also welche Option hatten wir gehabt. Die erste wäre gewesen Umbau auf Öko. Zu teuer, deshalb ausgefallen. Zweite Option wäre gewesen, den Betrieb gewerblich zu machen. Die Gülle dem Nachbarn zu verschenken, zu verkaufen. Etwas für die Gülleentsorgung zu bezahlen. Und die dritte Option war, aufzuhören."

    Andreas Vogel entschied sich für letztere und steht mit dieser Entscheidung nicht ganz alleine da. Auch wenn der Ökolandbau in Deutschland weiter wächst und im Durchschnitt jährlich rund 984 Höfe auf Öko umstellen, steigen demgegenüber etwa 600 Betriebe auch wieder aus oder geben ganz auf, so eine Studie des Thünen-Instituts. Andreas Vogel glaubt, dass sich diese Zahl in den kommenden Jahren noch deutlich erhöhen wird, denn viele Richtlinien für den Ökolandbau seien nicht mehr zielführend. Vor zehn Jahren habe er mit ökologischen Pflanzenprodukten noch Geld verdienen können, so Landwirt Vogel. Zum einen belohnten die EU und das Land Brandenburg die getätigten Umweltleistungen, also den Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel und synthetische Düngemittel, mit einer Ökoprämie in Höhe von 150 Euro pro Hektar. Diese Zuwendung erhielt der Betrieb zusätzlich zu den EU-Direktzahlungen in Höhe von etwa 270 Euro pro Hektar. Zum anderen habe damals noch der Verkaufspreis gestimmt, sagt Andreas Vogel.

    "Früher war´s im Ökolandbau so, dass man im Grunde genommen die Hälfte von dem geerntet hat, was der konventionelle Landwirt geerntet hat und man hat dafür den doppelten Preis bekommen. Da stimmt ja die Gleichung. Und zusätzlich gab´s ja noch diese Fördermittel. Insofern war´s eine lukrative Angelegenheit. Und wenn wir jetzt zehn Jahre später gucken, hat Ökolandbau genau die gleichen Phänomene wie eben der konventionelle Landbau. Es ist mittlerweile eine Massenproduktion."

    Hinzu kam, dass das Land Brandenburg die Ökoprämie von 150 auf 130 Euro pro Hektar reduzierte. Alles in allem habe sich der Öko-Landbau für seinen Betrieb mit acht Angestellten einfach nicht mehr rentiert, meint Landwirt Vogel. Zumal sich nach zehn Jahren herausstellte, dass der Betrieb aufgrund der ständig geringeren Nährstoffzugabe nur noch ein Drittel an Ertrag einfuhr im Vergleich zum konventionellen Anbau. An seinen Managementfähigkeiten habe es jedenfalls nicht gelegen, sagt Andreas Vogel. Vielmehr sei das Verbot der synthetischen Stickstoffzugabe das ertragsbegrenzende Element im Ökolandbau.

    "Und das ist glaube ich auch der Punkt, wo ich nach zehn Jahren dann gezweifelt habe und gesagt habe, nur verhindern von Produktion, verhindern vom Ernähren von Pflanzen, kann nicht die Lösung sein für den Ökolandbau."

    Brandenburger Böden sind leichte Böden. Der Prozess der Verarmung geht dort viel schneller vonstatten als bei einem schweren Lehmboden. Andreas Vogel fordert darum, dass im begrenzten Umfang synthetischer Stickstoff auch im Ökolandbau zulässig sein müsse. Den ökologischen Ansatz, mit möglichst geringen Umweltschäden so viel wie möglich zu produzieren, hält er indes nach wie vor für richtig. Aber wer die Prognosen der Welternährung kenne, der könne heute nicht mehr guten Gewissens Klasse statt Masse propagieren, sondern müsse Klasse und Masse fordern.

    "Sich davor zu verschließen, ist meiner Meinung nach falsch. Und da muss man auch sagen:Was will ich als Produzent? Will ich auf der einen Seite für reiche Leute einen Ferrari herstellen als Nahrungsmittel, oder will ich lieber für den Otto-Normalverbraucher, für den mündigen Konsumenten, eine hochklassige Ware herstellen, also im Grunde genommen einen Volkswagen. Und wenn ich vor der Option stehe, entscheide ich mich für einen Volkswagen."