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Abschluss trotz Abbruch

Wer früher sein Studium abgebrochen hat, der hat vielleicht noch ein paar Scheine im Regal. Durch die Umstellung auf das Bachelor-Master-System haben Studienabbrecher von damals heute doch noch eine Chance auf einen Abschluss.

Von Daniela Siebert | 20.01.2010
    Andre Preuß ist jetzt 37. Vor sechs Jahren hat er sein Biologiestudium hingeschmissen. Kurz vorm Abschluss:

    "Ich habe zwei Diplomarbeiten angefangen und bin dann beides mal an mir und den sich verändernden Prüfungsbedingungen gescheitert, wo ich dann gesagt habe: Ein drittes Mal schaffe ich es nicht und dann war es auch vorbei."

    Für Studienabbrecher wie Andre bietet das neue Studiensystem mit Bachelor und Master eine echte Chance, doch noch zu einem Studienabschluss zu kommen, glaubt man beim studentischen ReferentInnenrat an der Berliner Humboldt-Uni. Denn – so die Überlegung – die Scheine und Studienleistungen, die im alten System erbracht wurden, könnten auch im neuen etwas wert sein. Tobias Roßmann vom ReferentInnenrat:

    "Der Bachelor ist ja deutlich kürzer als der Magister und mit gewissen Vorkenntnissen beziehungsweise Vorstudienleistungen kann man ruckzuck zur Abschlussprüfung im Bachelor zugelassen werden, ohne noch großartige Studienleistungen zu erbringen."

    Der Referentinnenrat hat deshalb auch extra ein Merkblatt zusammengestellt, wie Studienabbrecher das mit dem Wiedereinstieg ins Studium bewerkstelligen könnten. Darauf stehen Tipps wie zum Beispiel: Verloren gegangene Scheine können von den Hochschulen nochmals ausgestellt werden. Oder: Man darf nicht schon einmal im BA-Studiengang immatrikuliert gewesen sein und eine Prüfung endgültig nicht bestanden haben. Auch die Hochschulen würden von Wiedereinsteigern mit Abschlusswunsch profitieren ist Tobias Roßmann überzeugt:

    "Weil die Universitäten haben ja schon mal Geld in die Ausbildung gesteckt, wo die Leute das dann aus unterschiedlichsten Gründen abgebrochen haben und genau dieses investierte Geld kann jetzt sozusagen zum Abschluss geführt werden und es ist ja tatsächlich so, dass bundesweit sogenannte Prämien für die Studienabschlüsse von den Ländern gegeben werden, das heißt, die Universitäten würden dadurch auch ein Heidengeld bekommen."

    Als finanzielle Chance sieht Wolfgang Preuß von der Beuth Hochschule für Technik in Berlin solche Uni-Rückkehrer nicht unbedingt. Solch Spät-Wieder-Einstiege kämen ohnehin nur ganz selten vor so der Leiter der Studienverwaltung. Grundsätzlich stünde dem aber nichts im Wege:

    "Es gibt für jeden Studiengang mindestens einen Anrechnungsbeauftragten, das sind meist Professorinnen oder Professoren, die in dem Studiengang tätig sind und die sich dann darum kümmern, ob Leistungen, die von außen auf uns zu kommen nach Inhalt und nach Umfang vergleichbar sind mit dem, was heutzutage in einem solchen Studium gemacht werden muss. Ja und wenn das dann in dem Rahmen – da gibt es den Begriff des 'pflichtgemäßen Ermessens' - wenn das in dem Rahmen des Akzeptablen bleibt, ja warum soll es nicht anerkannt werden!"

    Wolfgang Preuß empfiehlt vor der Bewerbung bei der Hochschule schon mal im jeweiligen Fachbereich anzufragen, was sie denn von den früheren Studienleistungen anerkennen würden. Und: Man sollte für solch einen Wiedereinstieg deutlich mehr Zeit einplanen als bei einer Erstimmatrikulation, schließlich schauen mehrere Augen auf die mitgebrachten Unterlagen und es kann Nachfragen geben, die mit Aufwand verbunden sind:

    "Es kann ja auch so sein, in den meisten Fällen dürfte es auch so sein: Wenn der jetzt zuständige Anrechnungsbeauftragte nicht weiß, was sich hinter der Überschrift – was weiß ich: Technische Mechanik I, oder Mathe II oder so verbirgt – dass der dann sagt: Bringen Sie mir doch mal Stoffinhalte, was haben Sie denn in dem Fach gemacht? Was für Themengebiete wurden denn da bearbeitet?"

    Bei Fächern wie Informatik, wo sich die Lerninhalte schnell ändern, dürfte es mit der Anerkennung schwieriger werden als in Grundlagenfächern vermutet Preuß.

    An der Beuth-Hochschule sind für Erstsemester die meisten Studiengänge mit einem Numerus Clausus zugangsbeschränkt. Für Wiedereinsteiger in höheren Semestern ist das aber kein Thema, egal ob sie damals den NC erfüllt hätten oder nicht. Eine ganz besondere Chance bietet der Wiedereinstieg zu Bachelorkonditionen auch jenen, die schon mal durch eine Diplomprüfung gerasselt sind:

    "Ich sage nicht, dass es in jedem Fall geht, aber es ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Wenn ich jemandem sage: nein du darfst kein Diplom machen, dann heißt es nicht, dass ich ihm gleichzeitig verboten habe, einen entsprechenden Bachelor zu machen."

    Infos:

    Das sachdienliche Merkblatt vom HU-ReferentInnenrat findet man unter: www.refrat.de