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Absturz der MH-17
Gedenkfeier in Amsterdam für die 298 Opfer

Immer noch ist die Ursache ungeklärt, warum eine Maschine von Malaysia-Airlines über der Ostukraine abgeschossen wurde. Und immer noch kann das Wrack der Maschine nicht geborgen werden. Klar ist nur: 298 Menschen wurden getötet. Heute findet in Amsterdam eine Gedenkfeier mit Premierminister und der Königsfamilie statt.

Von Kerstin Schweighöfer | 10.11.2014
    Wrackteil der in der Ukraine abgeschossenen Boeing 777 der Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH 17
    Um 13 Uhr findet die offizielle Gedenkfeier in Amsterdam für die 298 Toten der Boening 777 der Malaysia Airlines statt. (dpa / picture alliance / Zurab Dzhavakhadze )
    Als tiefschwarze Seite in der niederländischen Geschichte. So wird Flug MH17 von Amsterdam nach Kuala Lumpur auch genannt. Denn am 17. Juli stürzte die Boeing der Malaysia Airlines über der Ostukraine ab, alle 298 Insassen kamen ums Leben. Bei den meisten Opfern - fast 200 – handelt es sich um Niederländer. Deshalb werden die Ermittlungen von Den Haag geleitet. Noch immer sind nicht alle Opfer identifiziert, auch die Unglücksursache ist ungeklärt.
    Denn die Experten müssen und mussten ihre Untersuchungen vor Ort wegen der Gefechte zwischen der ukrainischen Armee und prorussischen Separatisten immer wieder unterbrechen.
    Die ukrainische Regierung und der Westen gehen davon aus, dass Flug MH17 von prorussischen Separatisten abgeschossen wurde. Russland sieht die Verantwortung hingegen bei Kiew.
    Gedenkfeier mit Schweigeminute
    Heute findet in Amsterdam eine nationale Gedenkfeier für alle 298 Opfer statt. Die offizielle Zeremonie mit Schweigeminute, Musik und Gedichten wird von 13.00 bis 14.30 Uhr dauern. Auch das Königspaar ist anwesend sowie Königinmutter Beatrix.
    Schon seit Tagen stehen die Niederlande ganz im Zeichen der Gedenkfeier für die Opfer des Fluges MH17.
    Die Namen aller 298 Toten sollen genannt werden, Familienangehörige wollen Erinnerungen und Gedichte vorlesen, auch Premierminister Mark Rutte wird das Wort ergreifen. Das alles in Anwesenheit von König Willem Alexander und Königin Maxima. Beide haben in den letzten Monaten wiederholt ihre Betroffenheit und ihr Mitgefühl zum Ausdruck gebracht:
    "Diese Gedenkfeier, so der König, werde die Emotionen mit Sicherheit wieder hochschlagen lassen."
    Am vergangenen Samstag ist in Eindhoven erneut ein Flugzeug mit weiteren sterblichen Überresten gelandet; zwei Tage zuvor machte Premierminister Rutte bekannt, dass auch endlich mit der Bergung des Flugzeugwracks begonnen werden könne:
    Fünf Eisenbahnwagons voller Wrackteile sollen zunächst in die ostukrainische Stadt Charkov gebracht und dann in die Niederlande geflogen werden. Dort will man zur Klärung der Absturzursache die Unglücksmaschine weitmöglichst rekonstruieren. Ein höchst seltenes Vorgehen, zu dem es bislang weltweit erst zweimal kam – zum ersten Mal 1988 nach dem Flugzeugabsturz über dem schottischen Lockerbie: Dank der Rekonstruktion des Wracks konnte festgestellt werden, dass im Gepäckraum der PanAm-Maschine eine Explosion stattgefunden hatte.
    Annahme eines Attentats bleibt
    Zur Unglücksursache der MH17 liegt bislang lediglich ein Zwischenbericht der niederländischen Sicherheitsbehörde OVV vor: Die MH17, so das vorläufige Ergebnis, sei von mehreren in Hochgeschwindigkeit fliegenden Objekten durchsiebt worden. Das Wort "Rakete" nehmen die OVV-Experten nicht in den Mund. Aber vielen niederländischen Abgeordneten zufolge ist es ein klarer Fall:
    "Es muss um ein Attentat gehen", so auch Han ten Broeke von der rechtsliberalen Regierungspartei VVD. Alles andere habe die Sicherheitsbehörde bereits ausgeschlossen.
    Bergung der Maschine noch nicht möglich
    Wann genau mit der Bergung des Flugzeugwracks begonnen werden kann, ist allerdings nach wie vor offen. Ungeduld und Unbehagen in den Niederlanden steigen. Am Vorabend der Gedenkfeier ist die Stimmung im Land umgeschlagen. Warum dauert das alles so lange? Statt Lob über ihr umsichtiges Auftreten muss die Regierung zunehmend Kritik einstecken. Hat sie wirklich ihr Bestes gegeben? Hätte sie nicht viel härter auftreten sollen anstatt so überaus vorsichtig und abwartend? Und warum vermeidet sie jeglichen Kontakt mit den Rebellen und überlässt das der OSZE?
    Der Niederländer Robby Oehlers, der beim Absturz seine Nichte Daisy verloren hatte, wollte nicht länger warten. Nachdem er selbst mit den Separatisten Kontakt aufgenommen und ihre Zustimmung bekommen hatte, begab er sich per Flugzeug und Taxi über Kiew und Donezk zur Absturzstelle. Zusammen mit einem Fernsehjournalisten.
    "Die Kugeln pfiffen den beiden buchstäblich um die Ohren, aber das hielt Oehlers nicht davon ab, nach den sterblichen Überresten von Daisy zu suchen. Und nach ihrem hellblauen Koffer. "
    Die Stiftung MH 17, zu der sich mehrere Angehörige von Opfern zusammengeschlossen haben, will den niederländischen Staat auf Schadenersatz verklagen. Wegen fahrlässigen und unsorgfältigen Handelns.
    Premierminister Rutte hat sich durch die Kritik nicht aus der Ruhe bringen lassen: Erstens mache die unsichere Lage vor Ort umsichtiges Handeln erforderlich. Zweitens möchte Den Haag nach wie vor keinen direkten Kontakt mit den Rebellen – aus guten Grund, so Rutte:
    "Das würde uns erpressbar machen. Denn wenn wir Forderungen stellen, wollen die Rebellen eine Gegenleistung. Auf die würden wir natürlich nicht eingehen, und dann wäre der Kontakt gestört. Die Verzögerungen, die auftreten, haben nichts damit zu tun, dass wir nicht selbst direkt mit den Separatisten verhandeln. Sondern allein damit, dass vor Ort gekämpft wird."