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Äcker mit Bäumen

Hecken und Bäume auf Äckern und Feldern – das passt nicht mehr ins europäische System der Agrarförderung. Die Bäume standen Mähdreschern im Weg und wurden abgeholzt. Erst allmählich wurde klar, dass sie einen Nutzen hatten. Jetzt wollen Forscher diese traditionelle Form der Landbewirtschaftung wiederbeleben und modernisieren.

von Frauke Schäfer | 25.07.2005
    Auf den ersten flüchtigen Blick sieht das Feld aus wie ein ganz gewöhnliches Getreidefeld. Doch wer einen zweiten Blick riskiert, sieht, dass hier etwas anders ist. Das Feld ist nicht etwa rechteckig angelegt, sondern schmiegt sich im Halbrund an den Wirtschaftsweg. Außerdem gibt es zwischen dem Weizen Baumstreifen. Was hier wächst, verrät Frank Schumann:

    "Das sind Werthölzer, zur Straße hin seltene Sorbus Arten, Wildkirsche, Äpfel, Birnen, die weiteren Reihen Bergahorn, ganz selten in Deutschland und es gibt noch Zuckerahorn, das ist mehr so ein Test."

    Ein Agrobauer, ein Landwirt also, der eine Mischwirtschaft aus Feldfrüchten und Bäumen betreibt, kann in mehreren Etappen ernten. Getreide, Rüben oder Raps jährlich, das Holz allerdings in kommenden Generationen. Doch Geduld zahlt sich aus:

    "Wir haben einen Vergleich aufgestellt mit Bergahorn, 0,2 ha Getreide im Jahr bringt 240 Euro, Bergahorn, selbst wenn schlechtester Preis, schon 600 Euro an Wertzuwachs pro Jahr."

    Die Mischkultur lohnt sich also in finanzieller Hinsicht und auch die Umwelt profitiert. In einem Agroforstsystem, in dem Feldfrüchte zwischen Baumstreifen wachsen, tummeln sich viel mehr Vögel, Insekten und andere Nützlinge als auf gewöhnlichen Feldern. Und das erhöht die Stabilität des Systems, betont Bernd Schindler. Stichwort Schädlinge:

    "Wenn man jetzt eine großflächige Monokultur hat, und man hat einen Schädlingsbefall, dann hat man meistens keine Nützlinge, die diesen Schädlingen gefährlich werden könnten. Man hat dann ein hohes Risiko und hohe Spritzkosten, um bei einem Schädlingsbefall diese zu bekämpfen."

    Die Bäume im Feld schützen den Boden auch vor Erosion und verbessern insgesamt das Klima. Temperaturschwankungen fallen nicht so extrem aus, z.B. setzt Frost später ein, und das schützt nicht zuletzt junge Pflanzen. Am effektivsten, das haben die Erfahrungen in Groß Zecher gezeigt, ist in einem Agroforstsystem der Anbau von Winterfrüchten. Sie haben ihren Lichtbedarf gedeckt, wenn die Bäume belaubt sind. Und auch unter der Erde, erklärt Frank Schumann, gibt es keine Konkurrenz:

    "Weil die Bäume in der Lage sind, Nährstoffe aus dem Boden zu ziehen, die von den einjährigen Pflanzen gar nicht erreicht werden können. Die Bäume wurzeln in der Konkurrenz zu den Feldfrüchten auch tiefer als normalerweise, d.h. sie kommen in Bodenschichten, die sonst nicht erreicht werden können und wo die Nährstoffe sonst hinfließen und dann im Grundwasser oder den Meeren oder sonst wo landen."

    Insgesamt also eine Menge Vorteile für den Landwirt und für die Umwelt. Frank Schumann ist überzeugt davon, dass das Agroforstsystem Zukunft hat. Es könnte sogar das Image der Landwirtschaft verbessern helfen:

    "Die Landwirte haben, wie wir festgestellt haben, auch ein Interesse daran, dass mehr Leute sich für den Produktionsprozess interessieren, und dafür sind Systeme, die man auch begehen kann, wo es was zu sehen gibt, Früchte, Laubfärbung etc. eine interessantere Agrarlandschaft, als wir das in der Monokultur haben. Und Frankreich hat es auch schon gezeigt, dass man damit auch unheimlich viele Touristen anziehen kann."

    Aber es gibt noch rechtliche Probleme, die scharfe Trennung von land- und forstwirtschaftlicher Fläche. Ein Landwirt, der Feldfrüchte zwischen Bäumen anbaut, müsste nach heutiger Rechtslage die Baumstreifen von seiner landwirtschaftlichen Fläche abziehen und würde damit Prämie verlieren. Doch es kommt Bewegung in die Politik. Im Vorschlag für die neuen EU-Richtlinien sind Agroforstsysteme zum ersten Mal enthalten und könnten in Zukunft förderfähig werden.

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