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Ägypten
Fast 100 Prozent stimmen für Verfassungsreform

Fast alle Ägypter haben der Reform ihrer Verfassung zugestimmt. Das könnte man aus dem offiziellen Ergebnis lesen. Allerdings nahmen nur rund 39 Prozent der Bevölkerung teil, und die Muslimbruderschaft hatte zum Boykott aufgerufen.

18.01.2014
    Ägyptens neue Verfassung ist durch eine Volksabstimmung angenommen worden. 98,1 Prozent der Teilnehmer des Referendums am vergangenen Dienstag und Mittwoch stimmten dem Entwurf zu, gab die ägyptische Wahlkommission in Kairo bekannt. Die Wahlbeteiligung lag bei 38,6 Prozent. Die islamistische Muslimbruderschaft hatte zu einem Boykott aufgerufen. Menschenrechtler und Beobachter kritisierten ein Klima der Einschüchterung, das einen fairen Wettstreit zwischen Befürwortern und Gegnern der Verfassung unmöglich gemacht habe.
    Die Volksbefragung galt dennoch als wichtiger Stimmungstest für Armeechef Abdel Fattah al-Sisi, der zugleich Vizeregierungschef und Verteidigungsminister ist. Die vom Militär eingesetzte Übergangsregierung hatte vor dem Volksentscheid verkündet, dass sie eine höhere Beteiligung als die am Verfassungsreferendum unter Mursi von 2012 als Sieg ansehen werde. 2012 hatten 32,9 Prozent der 53 Millionen registrierten Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Sisi hatte ankündigte an, bei der Präsidentschaftswahl zu kandidieren, wenn "das Volk dies will".
    Mehr Rechte für die Bürger und das Militär
    Das neue Grundgesetz enthält formell mehr Rechte für die Bürger als die früheren Verfassungen, privilegiert aber zugleich das Militär. Der neue Verfassungsentwurf beruht zwar zu einem großen Teil auf der im Dezember 2012 verabschiedeten Verfassung, welche die Handschrift der Muslimbruderschaft trug. Formuliert wurde der überarbeitete Text aber von Vertretern der Übergangsregierung und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.
    Im Juli 2013 war der islamistische Präsident Mohammed Mursi von der Armee entmachtet worden. Nach dem Sturz ging das Militär mit voller Härte gegen dessen Anhänger vor. Mehr als tausend Menschen wurden getötet, Tausende wurden verhaftet. Das Referendum soll nach den Worten von Interimspräsident Adli Mansur den Weg für baldige Parlaments- und Präsidentschaftswahlen bereiten und die "Rückkehr zur politischen Normalität" ermöglichen.