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Änderung des Luftverkehrsgesetzes
Bürger bei Flugrouten in Frankfurt beteiligt

Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz starten eine gemeinsame Initiative zur Verbesserung des Fluglärmschutzes. Sie wollen das Luftverkehrsgesetz ändern. Ziel ist es, dass dem Lärmschutz mehr Gewicht beigemessen wird. Erstmals sollen Bürger bei der Neu-Festlegung von Flugrouten beteiligt werden.

Von Ludger Fittkau | 11.11.2015
    Lufthansa-Maschinen stehen am 09.09.2015 am Flughafen von Frankfurt am Main (Hessen) am Boden.
    Unter dem Gesichtspunkt des Lärmschutzes werden Bürger bei der Neugestaltung der Flugzeiten in Frankfurt beteiligt. (picture alliance / dpa / Frank Rumpenhorst)
    Bisher war die Änderung von An-und Abflugrouten etwa am Frankfurter Flughafen ein schlichter Verwaltungsakt ohne jede Bürgerbeteiligung. Auch wenn dadurch Anwohner massiv von neuem Lärm betroffen waren, so Tarek Al-Wazir, der grüne hessische Verkehrsminister:
    "Also die Beteiligung ist so: Bisher gibt es eigentlich gar keine. Sondern die Flugsicherung sagt, da ist die Route. Bürgerinnen und Bürger können sich bisher nicht einbringen in diese Debatten."
    Sicherheit und flüssige Abfertigung der Jets durch die Fluglotsen sind im gültigen Luftverkehrsgesetz die zentralen Kriterien für die Flugrouten. Die Folge war, dass etwa der Landeanflug über dem östlich von Frankfurt am Main gelegenen Kinzigtal so gewählt wurde, dass die Deutsche Flugsicherung – kurz DFS - möglichst wenig Fluglotsen einsetzen musste. Aber dadurch sinken die Flugzeuge langsamer und lauter als nötig, so Tarek Al-Wazir:
    "Das ist ein klassischer Fall. Für die DFS wäre es mehr Aufwand, wenn man schneller sinkt und damit natürlich, je weiter man weg vom Flughafen ist, ist man höher. Es ist unstrittig, dass der Fluglärm im Kinzigtal nicht unzumutbar im Sinne des Gesetzes ist, trotzdem könnte er verringert werden."
    Die Deutsche Flugsicherung will zur Initiative der drei Länder Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg aktuell nicht Stellung nehmen. Die Kommission zur Abwehr des Fluglärms am Flughafen Frankfurt Main, in der Kommunen und Verbände der Region zusammengeschlossen sind, begrüßt grundsätzlich, dass in der Frage etwas in Bewegung kommt.
    Frage nach zumutbarem Fluglärm steht im Raum
    Die drei Landesregierungen des Südwestens werfen der Bundesregierung vor, bei Fragen des Fluglärmschutzes seit Jahren nicht aktiv zu werden. "Es ist seit vielen Jahren bekannt, dass hier dringend gehandelt werden muss", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Der stellvertretende hessische Ministerpräsident Tarek Al-Wazir:
    "Die Frage Lärmschutz spielt da bisher keine Rolle im Gesetz. Da steht drin, man soll vor unzumutbarem Fluglärm schützen. Aber die Frage ist, was ist eigentlich unzumutbarer Fluglärm? Da, wo man zum Beispiel Anspruch darauf hat, dass einem der Flughafenbetreiber Lüfter, Schallschutzmaßnahmen, Dreifachfenster – ich weiß nicht was – bezahlt. Bei der Frage, müssen eigentlich Flugzeuge schon 50 Kilometer vor dem Flughafen über Gelnhausen im Kinzigtal auf 6000 Fuß geradeaus fliegen, das muss nicht sein."
    Aber diese Frage sei eben im bisherigen Luftverkehrsgesetz nicht erfasst. Die Länder wollen das nun gemeinsam ändern. Die Kooperation zwischen Hessen und Rheinland-Pfalz bei der Bekämpfung des Fluglärms war allerdings in der Vergangenheit nicht immer selbstverständlich, räumt Al-Wazir ein:
    "Die Rheinland-Pfälzer sind vom Frankfurter Flughafen besonders betroffen. Das ist so. Es gab ja in der Vergangenheit öfters mal Streit zwischen der hessischen und der rheinland-pfälzischen Landesregierung in dieser Frage. Und wir haben uns vorgenommen, dass wir diesen Streit beenden wollen."
    Baden-Württemberg sei bei der Bundesratsinitiative mit im Boot, weil man damit auch ein Signal an Bundesländer senden wolle, die nicht so stark vom Fluglärm betroffen sind wie die Anrainerländer des Frankfurter Flughafens. Auch sie sollen die Bundesratsinitiative unterstützen.
    "Natürlich wird man auch mit den Bundestagsfraktionen reden. Auch mit denen der Großen Koalition. Weil die auch in ihrem Koalitionsvertrag eine Formulierung drin haben, dass der Lärmschutz ein höheres Gewicht bekommen soll. Haben aber bisher keine Aktivität erkenne lassen, gesetzgeberisch. So, dann wollen wir mal gucken, dass wir das hinbekommen."
    Das allerdings dürfte nicht so einfach werden. Dem Vernehmen nach sehen viele andere Bundesländer die Drei-Länder-Initiative skeptisch. Da ist wohl noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.