Silvia Engels: Drei Monate lang streikten die Ärzte an Universitäts- und Landeskliniken für mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen. Vor gut einer Woche einigten sich dann Marburger Bund und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder auf einen Abschluss. Doch trotzdem müssen sich Klinikpatienten auf neue Schwierigkeiten einstellen, denn nach den Uniärzten wollen nun auch die Mediziner an kommunal geführten Krankenhäusern höhere Gehälter. Ihr Streik begann heute Früh unter anderem in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen.
Am Telefon ist nun Udo Rein. Er ist der Geschäftsführer der Ärztevertretung Marburger Bund für den Landesverband Hessen. Guten Tag, Herr Rein!
Udo Rein: Guten Tag, Frau Engels!
Engels: Wir haben es eben gehört: Zunächst wird in Hessen abwechselnd gestreikt. Wie geht es dann ab nächster Woche weiter, wenn sich nichts bewegt?
Rein: Die Ärzte werden in den einzelnen kommunalen Krankenhäusern beraten, in welchem Umfang sie sich an den Streiks beteiligen, und dann werden nach und nach mehr Häuser dazukommen.
Engels: Wir haben es eben auch gehört: Auch unabhängige Experten oder natürlich auch die betroffenen Kliniken betonen immer wieder, dass die kommunalen Kliniken viel weniger und geringere finanzielle Spielräume hätten als die Unikliniken. Warum gehen sie dennoch mit gleich lautenden Forderungen wie die Uniärzte in ihren Streik?
Rein: Die so genannten unabhängigen Experten sind ja die Krankenhausgesellschaften, und da sind natürlich auch wieder die kommunalen Krankenhäuser drin und geben dann entsprechende Statements ab in deren Interesse. Die Finanzierung der Forderungen, die muss zum Teil über die gesetzlichen Krankenversicherungen und auch über die Länder erfolgen, denn indirekt haben die Länder dadurch, dass sie Investitionen in die Krankenhäuser, in Neubauten und so weiter, nicht mehr ausreichend finanzieren, dazu beigetragen, dass die Krankenhäuser insgesamt eine unsichere und schlechte finanzielle Ausstattung haben.
Engels: Nun wird ja auch in der Praxis sich einiges ändern. Dieser Streik der Unikliniken führte ja bis jetzt nicht zu Problemen bei der flächendeckenden Versorgung, denn dafür sind nun einmal die kommunal geführten Krankenhäuser speziell zuständig. Wie lässt sich denn das überhaupt rechtfertigen, dort zu streiken?
Rein: Die flächendeckende Versorgung, das ist auch so ein bisschen ein Propagandainstrument, dass die jetzt zusammenbrechen würde. Das ist ja nicht der Fall. Zum einen haben sie überall auch in den Regionen noch kirchliche Häuser, noch private Kliniken vom Roten Kreuz bis hin zu Asklepios, Rhön, Helios und so weiter, wo die Patienten natürlich auch noch hingehen können. Die Einschränkungen, die wir machen, sind auch nicht so drastisch, dass praktisch ein ganzes Haus geschlossen wird. Es findet natürlich immer noch im Notfall Behandlung statt. Es werden vereinzelt Termine verschoben. Es ist nicht so, dass die Versorgung zusammenbricht.
Engels: Das heißt, eine Zuspitzung, wie sie ja zum Teil bei den Unikliniken zu sehen war, dass ganze Patientenströme ausweichen müssen auf andere Häuser oder es gar bis hin zu Klinikschließungen käme, vorübergehenden, so weit wollen sie gar nicht gehen?
Rein: Das ist im Moment noch nicht angedacht. Das hängt natürlich davon ab, ob wir wieder mit den Arbeitgebern ins Gespräch kommen. Ich will das nicht völlig ausschließen, aber das ist nicht unser primäres Ziel.
Engels: Wie weit sind sie denn flexibel, wenn wir einmal von den Lohnforderungen etwas weggehen und tatsächlich auf die Arbeitsbedingungen, die ja eben im Beitrag auch anklangen, zu sprechen kommen?
Rein: Was heißt flexibel? Die Tarifverhandlungen werden ja geführt. Das Angebot, was wir von den Arbeitgebern bekommen haben, war, dass die Arbeitszeit auf 48 Stunden ausgeweitet werden kann im Einzelvertrag von bisher 38,5. Davon ist ja auch nichts Gutes zu erwarten. Wir fordern, dass auch die Arbeitszeit, wie es die Ärztin in dem Beitrag schon angesprochen hat, auch erfasst wird, damit auch endlich mal eine Grundlage dafür da ist, was von den Ärzten an unbezahlter Mehrarbeit getan wird, und zwar in Millionenhöhe bundesweit da schon an Leistung erbracht wird, ohne dass eine Gegenleistung erfolgt.
Engels: Bei den gerade überstandenen Streiks der Uniärzte waren ja die Patienten relativ geduldig. Jetzt warnen allerdings die Patientenverbände vor der Gefahr, dass auch die Patienten neben ihrem Verständnis auch wirklich gesundheitlichen Bedrohungen ausgesetzt sind.
Rein: Ja, das stufe ich auch ein bisschen in den Bereich Propaganda ein. Das ist der allgemeine Patientenverband mit dem Präsidenten Herrn Zimmermann, der im Grunde auch kaum Mitglieder in dem Sinne hat. Da wird versucht, jetzt Politik zu machen. Auch vom Pflegeverband wird etwas gesagt. Als die Krankenschwestern gestreikt haben, hat der Patientenverband und auch der Pflegeverband sich nicht geäußert. Die haben zum Teil 13 Wochen äußerst hart im Saarland gestreikt, in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg. Da hat sich keiner dieser Verbände hingestellt und hat gesagt, das wäre unmoralisch. Bei den Ärzten soll es dann unmoralisch sein. Da muss man dann doch noch mal ein bisschen nachhaken und darf sich nicht alles erzählen lassen, was da jetzt kommt. Wir sorgen auf jeden Fall dafür, dass die Patienten auskömmlich versorgt werden. Da wird es - in den ersten Stufen jedenfalls - zu kleinen Unannehmlichkeiten kommen. Es werden Termine verschoben, aber es wird nicht zu massiven Einschränkungen der Versorgung kommen.
Engels: Wenn Sie sagen, das eine ist Propaganda, welche Rückmeldung erhalten Sie denn von den Patienten?
Rein: Bisher haben wir zum Teil unterstützende Rückmeldungen erhalten von den Patienten, die gesagt haben ja, das muss so sein. Wir sind auch dafür. Wir sehen ja die Ärzte hier, was die leisten am Krankenbett, wie die sozusagen am darauf folgenden Tag auch noch mal dastehen, und wissen auch, was die Vergütung ist. Natürlich verdient ein Arzt 3000 Euro, aber ich halte das nicht für unangemessen. Wenn er gegenüber dem, was er im letzten Jahr im September bei Eintritt hatte und dann im Zehnjahresverlauf der neu eingetretene Arzt dann 17000 Euro Verlust macht, das sehen wir nicht als eine Verhandlungsgrundlage an. Da muss der Arbeitgeber auch ein bisschen was draufpacken.
Engels: Doch der Vorwurf steht auch im Raum, andere Akademiker haben beispielsweise viel niedrigere Einstiegsgehälter. Nur die Ärzte haben halt ein anderes Drohpotenzial.
Rein: Ja, weil die anderen sich nicht gerührt haben. Das ist so. Man hat bei dieser Umstellung vom BAT in den TVÖD die ganzen Akademiker schlechter gestellt, weil man nicht berechnet hat, dass die älter sind, wenn sie anfangen. Man hat dann Durchschnittsberechnungen gemacht mit 25, 26, 27 Jahren, und gerade bei den Ärzten, weil das Studium so lange dauert, sind die meisten Berufseinsteiger älter. Deswegen kann man die normalen Durchschnittsberechnungen der Akademiker auch nicht als Grundlage nehmen. Wir gehen vom 29-jährigen Berufseinsteiger aus im Durchschnitt, und da haben wir Verluste, wenn sie es über 20 Jahre laufen lassen, gegenüber dem, was vorher gezahlt wurde, von 40.000 Euro. Ich glaube nicht, dass einer bereit ist, so etwas hinzunehmen.
Engels: Udo Rein war das, Geschäftsführer des Marburger Bundes für den Landesverband Hessen. Ich bedanke mich für das Gespräch.
Rein: Vielen Dank, Frau Engels.
Am Telefon ist nun Udo Rein. Er ist der Geschäftsführer der Ärztevertretung Marburger Bund für den Landesverband Hessen. Guten Tag, Herr Rein!
Udo Rein: Guten Tag, Frau Engels!
Engels: Wir haben es eben gehört: Zunächst wird in Hessen abwechselnd gestreikt. Wie geht es dann ab nächster Woche weiter, wenn sich nichts bewegt?
Rein: Die Ärzte werden in den einzelnen kommunalen Krankenhäusern beraten, in welchem Umfang sie sich an den Streiks beteiligen, und dann werden nach und nach mehr Häuser dazukommen.
Engels: Wir haben es eben auch gehört: Auch unabhängige Experten oder natürlich auch die betroffenen Kliniken betonen immer wieder, dass die kommunalen Kliniken viel weniger und geringere finanzielle Spielräume hätten als die Unikliniken. Warum gehen sie dennoch mit gleich lautenden Forderungen wie die Uniärzte in ihren Streik?
Rein: Die so genannten unabhängigen Experten sind ja die Krankenhausgesellschaften, und da sind natürlich auch wieder die kommunalen Krankenhäuser drin und geben dann entsprechende Statements ab in deren Interesse. Die Finanzierung der Forderungen, die muss zum Teil über die gesetzlichen Krankenversicherungen und auch über die Länder erfolgen, denn indirekt haben die Länder dadurch, dass sie Investitionen in die Krankenhäuser, in Neubauten und so weiter, nicht mehr ausreichend finanzieren, dazu beigetragen, dass die Krankenhäuser insgesamt eine unsichere und schlechte finanzielle Ausstattung haben.
Engels: Nun wird ja auch in der Praxis sich einiges ändern. Dieser Streik der Unikliniken führte ja bis jetzt nicht zu Problemen bei der flächendeckenden Versorgung, denn dafür sind nun einmal die kommunal geführten Krankenhäuser speziell zuständig. Wie lässt sich denn das überhaupt rechtfertigen, dort zu streiken?
Rein: Die flächendeckende Versorgung, das ist auch so ein bisschen ein Propagandainstrument, dass die jetzt zusammenbrechen würde. Das ist ja nicht der Fall. Zum einen haben sie überall auch in den Regionen noch kirchliche Häuser, noch private Kliniken vom Roten Kreuz bis hin zu Asklepios, Rhön, Helios und so weiter, wo die Patienten natürlich auch noch hingehen können. Die Einschränkungen, die wir machen, sind auch nicht so drastisch, dass praktisch ein ganzes Haus geschlossen wird. Es findet natürlich immer noch im Notfall Behandlung statt. Es werden vereinzelt Termine verschoben. Es ist nicht so, dass die Versorgung zusammenbricht.
Engels: Das heißt, eine Zuspitzung, wie sie ja zum Teil bei den Unikliniken zu sehen war, dass ganze Patientenströme ausweichen müssen auf andere Häuser oder es gar bis hin zu Klinikschließungen käme, vorübergehenden, so weit wollen sie gar nicht gehen?
Rein: Das ist im Moment noch nicht angedacht. Das hängt natürlich davon ab, ob wir wieder mit den Arbeitgebern ins Gespräch kommen. Ich will das nicht völlig ausschließen, aber das ist nicht unser primäres Ziel.
Engels: Wie weit sind sie denn flexibel, wenn wir einmal von den Lohnforderungen etwas weggehen und tatsächlich auf die Arbeitsbedingungen, die ja eben im Beitrag auch anklangen, zu sprechen kommen?
Rein: Was heißt flexibel? Die Tarifverhandlungen werden ja geführt. Das Angebot, was wir von den Arbeitgebern bekommen haben, war, dass die Arbeitszeit auf 48 Stunden ausgeweitet werden kann im Einzelvertrag von bisher 38,5. Davon ist ja auch nichts Gutes zu erwarten. Wir fordern, dass auch die Arbeitszeit, wie es die Ärztin in dem Beitrag schon angesprochen hat, auch erfasst wird, damit auch endlich mal eine Grundlage dafür da ist, was von den Ärzten an unbezahlter Mehrarbeit getan wird, und zwar in Millionenhöhe bundesweit da schon an Leistung erbracht wird, ohne dass eine Gegenleistung erfolgt.
Engels: Bei den gerade überstandenen Streiks der Uniärzte waren ja die Patienten relativ geduldig. Jetzt warnen allerdings die Patientenverbände vor der Gefahr, dass auch die Patienten neben ihrem Verständnis auch wirklich gesundheitlichen Bedrohungen ausgesetzt sind.
Rein: Ja, das stufe ich auch ein bisschen in den Bereich Propaganda ein. Das ist der allgemeine Patientenverband mit dem Präsidenten Herrn Zimmermann, der im Grunde auch kaum Mitglieder in dem Sinne hat. Da wird versucht, jetzt Politik zu machen. Auch vom Pflegeverband wird etwas gesagt. Als die Krankenschwestern gestreikt haben, hat der Patientenverband und auch der Pflegeverband sich nicht geäußert. Die haben zum Teil 13 Wochen äußerst hart im Saarland gestreikt, in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg. Da hat sich keiner dieser Verbände hingestellt und hat gesagt, das wäre unmoralisch. Bei den Ärzten soll es dann unmoralisch sein. Da muss man dann doch noch mal ein bisschen nachhaken und darf sich nicht alles erzählen lassen, was da jetzt kommt. Wir sorgen auf jeden Fall dafür, dass die Patienten auskömmlich versorgt werden. Da wird es - in den ersten Stufen jedenfalls - zu kleinen Unannehmlichkeiten kommen. Es werden Termine verschoben, aber es wird nicht zu massiven Einschränkungen der Versorgung kommen.
Engels: Wenn Sie sagen, das eine ist Propaganda, welche Rückmeldung erhalten Sie denn von den Patienten?
Rein: Bisher haben wir zum Teil unterstützende Rückmeldungen erhalten von den Patienten, die gesagt haben ja, das muss so sein. Wir sind auch dafür. Wir sehen ja die Ärzte hier, was die leisten am Krankenbett, wie die sozusagen am darauf folgenden Tag auch noch mal dastehen, und wissen auch, was die Vergütung ist. Natürlich verdient ein Arzt 3000 Euro, aber ich halte das nicht für unangemessen. Wenn er gegenüber dem, was er im letzten Jahr im September bei Eintritt hatte und dann im Zehnjahresverlauf der neu eingetretene Arzt dann 17000 Euro Verlust macht, das sehen wir nicht als eine Verhandlungsgrundlage an. Da muss der Arbeitgeber auch ein bisschen was draufpacken.
Engels: Doch der Vorwurf steht auch im Raum, andere Akademiker haben beispielsweise viel niedrigere Einstiegsgehälter. Nur die Ärzte haben halt ein anderes Drohpotenzial.
Rein: Ja, weil die anderen sich nicht gerührt haben. Das ist so. Man hat bei dieser Umstellung vom BAT in den TVÖD die ganzen Akademiker schlechter gestellt, weil man nicht berechnet hat, dass die älter sind, wenn sie anfangen. Man hat dann Durchschnittsberechnungen gemacht mit 25, 26, 27 Jahren, und gerade bei den Ärzten, weil das Studium so lange dauert, sind die meisten Berufseinsteiger älter. Deswegen kann man die normalen Durchschnittsberechnungen der Akademiker auch nicht als Grundlage nehmen. Wir gehen vom 29-jährigen Berufseinsteiger aus im Durchschnitt, und da haben wir Verluste, wenn sie es über 20 Jahre laufen lassen, gegenüber dem, was vorher gezahlt wurde, von 40.000 Euro. Ich glaube nicht, dass einer bereit ist, so etwas hinzunehmen.
Engels: Udo Rein war das, Geschäftsführer des Marburger Bundes für den Landesverband Hessen. Ich bedanke mich für das Gespräch.
Rein: Vielen Dank, Frau Engels.