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AfD nach der Europawahl
Ohne Plan in der Klimapolitik

Die Klimapolitik war das große Thema der Europawahl. Viele Wähler sehen deutlichen Handlungsbedarf. Die AfD hat dazu aber keine klare Haltung - was zu Konflikten in der Partei führt. Die einen behaupten, es gäbe keinen menschengemachten Klimawandel, andere sind sich da weit weniger sicher.

Von David Zajonz | 31.05.2019
AfD-Chef Jörg Meuthen bei einer Pressekonferenz in Berlin
Rund jeder zehnte deutsche Wähler stimmte bei der Europawahl für den AfD-Spitzenkandidaten Jörg Meuthen (www.imago-images.de)
Als "Klimaleugner" will sich AfD-Chef Jörg Meuthen nicht bezeichnen lassen. Er spricht lieber von einer "ungesicherten Datenbasis". Meuthen sagt:
"Sie werden von mir nicht hören, dass es keinen menschengemachten Klimawandel gibt. Sie werden von mir auch nicht hören, dass es einen menschengemachten Klimawandel gibt. Ich sage: Wir haben Zweifel."
Parteikollegen sind anderer Meinung
Im AfD-Wahlprogramm klingt das deutlicher: "Wir bezweifeln aus guten Gründen, dass der Mensch den jüngsten Klimawandel maßgeblich beeinflusst hat oder gar steuern könnte", heißt es dort. Klimaschutzpolitik sei daher ein "Irrweg". Meuthens AfD-Kollege aus Bremen, Frank Magnitz, bringt diese Haltung auf den Punkt: "Den Klimawandel hat es seit Jahrmillionen gegeben. Daran werden wir nichts, aber auch gar nichts, ändern können".
Hier zeigt sich ein Grundkonflikt in der AfD: Die einen behaupten, der Mensch habe keinerlei Einfluss aufs Klima, andere sind sich da weit weniger sicher. Dadurch kann die Partei nicht mit einer klaren Stimme sprechen.
Einfluss des Menschen ist wissenschaftlich belegt
Aus wissenschaftlicher Sicht sind die Zweifel der AfD ohnehin unbegründet. Der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf erklärt, die überwältigende Mehrheit der Wissenschaftler sei sich einig, dass der Mensch für den aktuellen Klimawandel verantwortlich ist: "In der Wissenschaft zählen überzeugende Argumente, die man in Fachpublikationen darlegt, die nachprüfbar sind." In den wenigen Publikationen von Klima-Skeptikern erkenne man schnell die Denk- oder Rechenfehler, sagt Rahmstorf.
So auf Kriegsfuß mit der Wissenschaft zu stehen, passt nicht zum Selbstbild der AfD, die gerne die akademische Bildung ihres Spitzenpersonals betont. Politisch gesehen aber noch schlimmer: Dem eigenen Anspruch, das Volk zu vertreten, wird die AfD in der Klimapolitik nicht gerecht. Über 80 Prozent der Deutschen sehen beim Klimaschutz großen oder sehr großen Handlungsbedarf. Übrigens auch fast 40 Prozent der AfD-Wähler.
AfD-Parteichef hält Klima-Konzept für überflüssig
Die AfD hat aber kein Klima-Konzept und Parteichef Alexander Gauland will auch gar keines haben. Schließlich verursache Deutschland weltweit nur gut zwei Prozent des CO2-Ausstoßes: "Wie Sie zwei Prozent nutzen können, um den Klimawandel in irgendeiner Weise zu beeinflussen", müsse ihm erstmal jemand erklären, sagt Gauland. "Ich halte das für völlig unsinnig. Deshalb glaube ich nicht, dass wir diese angebliche Klimapolitik in Deutschland brauchen."
Auch dieses Argument lässt Klimaforscher Rahmstorf nicht gelten: "Natürlich ist es so, dass wir alleine das Problem nicht lösen können. Aber deswegen gibt es ja das Pariser Abkommen. Die Weltgemeinschaft hat sich weltweit geeinigt, das zusammen anzupacken. Jetzt kommt es eben darauf an, dass alle Länder, auch Deutschland, ihren fairen Anteil dabei leisten."
AfD-Jugend ist gespalten
Nach dem Ergebnis bei der Europawahl fordert die Berliner AfD-Jugend eine Kurskorrektur in der Klimapolitik. Die Partei solle das Thema endlich ernst nehmen. Das ist aber nur eine kleine Stimme innerhalb der AfD. Nicht mal der Jugendverband auf Bundesebene steht derzeit dahinter, wie der JA-Vorsitzende Damian Lohr klarstellt: "Das ist eine Einzelforderung seitens der JA-Berlin, beziehungsweise ihres Vorsitzenden. Die Junge Alternative steht in der Gesamtheit zum Programm der AfD." Der Programmprozess sei aber ein fortlaufender Prozess. Änderungen in der Klimapolitik der Partei sind also möglich. Bislang herrscht hier aber Planlosigkeit.