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AfD
Sammelbecken für Klimaskeptiker und Gegner der Energiewende?

Bislang hat die Alternative für Deutschland kein Parteiprogramm verfasst. Aus den Landeswahlprogrammen und von der Website kann man aber auf mögliche umweltpolitische Positionen der Partei schließen. Dabei ergeben sich Widersprüche.

Stefan Maas im Gespräch mit Jule Reimer | 14.03.2016
    Braunkohletagebau
    Fossile Energieträger weniger nutzen oder nicht? Die AfD Sachsen-Anhalt hält an der Braunkohle fest. (dpa/ picture-alliance/ Hendrik Schmidt)
    Reimer: In Sachsen-Anhalt hat die neue Partei AfD aus dem Stand rund ein Viertel aller Stimmen geholt, in Baden-Württemberg und Rheinlandpfalz sind es 15 bzw. 12 Prozent geworden. Vieles, was die Partei will, ist vage, alles überragend war in der Vergangenheit in den Auftritten der AfD die Abwehr der Flüchtlinge. Aber mit so einem Stimmenanteil werden natürlich viele andere Politikfelder bedeutsamer. Stefan Maas in unserem Hauptstadtstudio: Fangen wir mal mit der Umweltpolitik an. Was sind die zentralen Themen der AfD im Bereich Umweltweltpolitik?
    Maas: Umweltpolitik ist für die AfD schwerpunktmäßig Energiepolitik. Und hier gilt für die AfD die Maßgabe: Energie muss bezahlbar bleiben und darf nicht zu einem Luxusgut werden. Die AfD hat die Energiewende als Kostentreiber ausgemacht. Gleichzeitig, so argumentiert die Partei, profitieren von den Subventionen, die zum Beispiel für Sonnenstrom gezahlt werden, wieder nur die Reichen, während die kleinen Leute die Zeche zahlen müssen. Das ist ein altbekanntes Motiv der AfD, diesen Gegensatz zwischen "denen da oben" und "uns hier unten" aufzumachen. Natürlich sieht sich die AfD als Vertreter der kleinen Leute gegen die Eliten. Ein klassisches populistisches Motiv. Um die Kosten für die Energie niedrig zu halten, spricht sich die Partei für die weitere Nutzung der Atomkraft aus und dafür, den bisherigen Strommix beizubehalten. Was der Gesamtpartei in der Energiepolitik genau vorschwebt, ist schwer zu sagen, weil es immer noch kein Parteiprogramm gibt. Auf der Webseite der Partei ist jedoch zu lesen:
    "Verringerung der Nutzung von fossilen Energieträgern: Forschung und Entwicklung von innovativen Technologien und neuen Verfahren, die langfristig die fossilen Energieträger ablösen können, sollen gefördert werden. Langfristig soll Deutschland seine Abhängigkeit von importierten Energieträgern reduzieren."
    Schaut man in die Landeswahlprogramme, lassen sich allerdings einige Widersprüche erkennen: Die Baden-Württembergische AfD spricht sich gegen die Nutzung von Windkraft aus, weil es die Landschaft verschandelt und – so heißt es im Wahlprogramm – die Anwohner krank macht. Und die AfD von Sachsen-Anhalt ist für die Weiternutzung der Braunkohle. Das ist ein heimischer Energieträger, stärkt also die Unabhängigkeit von Importen. Leider ist es auch ein fossiler Energieträger, und noch dazu wohl der schmutzigste.
    Reimer: Energiepolitik ist untrennbar verbunden mit Klimaschutz. Dass es eine erhebliche menschengemachte Erwärmung gibt, seitdem Erdöl, Gas und Kohle weltweit in immer größeren Mengen verbrannt werden, ist wissenschaftlich unumstritten. Braunkohle schädigt ganz besonders das Klima - spielt das eine Rolle in der geplanten Energiepolitik der AfD?
    "Eine klare Linie gibt es nicht"
    Maas: Die AfD zweifelt den menschengemachten Klimawandel an. Auf der Webseite der Partei heißt es:
    "Wissenschaftliche Untersuchungen zur langfristigen Entwicklung des Klimas aufgrund menschlicher CO2-Emissionen sind sehr unsicherheitsbehaftet."
    Deshalb spricht sich zumindest der Landesverband Sachsen-Anhalt für eine weitere Nutzung der Braunkohle aus, wenn auch mit modernster Filtertechnologie.
    Reimer: Wie hält es die AfD mit dem Verbraucherschutz, der Verbraucherpolitik?
    Maas: Diese Positionen muss man sich aus verschiedenen anderen Feldern zusammensuchen. Insgesamt kann man sagen, eine klare Linie gibt es noch nicht. Es ist eher ein großer Korb, in den alle möglichen Themen reingeworfen worden sind. Beispiel Landwirtschaftspolitik, die letztlich ja auch den Verbraucher betrifft: Tierschutz, artgerechte Haltung sind dort genauso zu finden wie der Wunsch, dass die Landwirtschaft wieder weniger auf Masse setzen muss, weniger auf Monokulturen, hohen Düngereinsatz, Massentierhaltung. Schuld daran ist, nach Ansicht der AfD, aber die Politik, die falsche Anreize gesetzt hat und damit die Bauern quasi genötigt hat, diese Art der Produktion einzuschlagen. Die AfD ist gegen den Einsatz von Gentechnik und gegen große Konzerne, die die Rechte an Saatgut halten. Eine klare Linie gibt es in der Verbraucherpolitik auch deshalb noch nicht, weil es noch kein Parteiprogramm gibt. Das soll im April fertig sein, und dann wird man sehen, ob die Partei auch die internen Widersprüche auflösen kann.