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AfD-Spitzenkandidat Chrupalla
"Das Klima in dieser Art werden wir so nicht ändern"

AfD-Spitzenkandidat Tino Chrupalla sieht keinen direkten Zusammenhang der Hochwasserkatastrophe mit dem Klimawandel. Zwar sei es klar, dass es diesen gebe, Fluten und Wetternotlagen seien aber nichts Neues. Mit gezielten Maßnahmen müsse man sich jetzt besser daran anpassen.

Tino Chrupalla im Gespräch mit Nadine Lindner | 08.08.2021
Tino Chrupalla, Bundessprecher der AfD
Tino Chrupalla, Bundessprecher und Spitzenkandidat der AfD (picture alliance / Geisler-Fotopress/| Robert Schmiegelt)
Tino Chrupalla ist Bundessprecher der Alternative für Deutschland (AfD). Er wurde 2017 für die Partei in den Deutschen Bundestag gewählt. Bei der Bundestagswahl 2021 ist er an der Seite von Alice Weidel einer der Spitzenkandidaten. Im Interview der Woche äußerte er sich unter anderem zu Ursachen und Konsequenzen aus der Hochwasserkatastrophe und zur aktuellen Pandemie-Politik.
Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD im Bundestag, und Tino Chrupalla, AfD-Bundesvorsitzender in einer Interviewszene
Weidel und Chrupalla - Das Spitzenduo der AfD
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel und Co-Parteichef Tino Chrupalla bilden das Spitzenduo ihrer Partei für die Bundestagswahl im Herbst. Beide Gewählten stehen dem früheren, vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften "Flügel" um Björn Höcke nahe.
"Die Flut in Nordrhein-Westfalen oder Rheinland-Pfalz allein auf den Klimawandel zu schieben, halte ich für mit Hysterie beladen", sagte Chrupalla im Dlf. In jedem Jahrhundert habe es solch zerstörerische Fluten gegeben. Die Frage sei, wie man sich jetzt damit umgehe und "wie wir uns darauf einstellen auf diese Wetternotlagen, die es immer geben wird, auch in Zukunft."

Aubaufonds: "Wir werden uns nicht querstellen als AfD"

Einem Aufbaufonds von Bund und Ländern, der nun diskutiert wird, werde sich die AfD nicht verschließen. "Wir werden uns nicht querstellen als AfD." Man müsse sich genau anschauen, wie die Gelder eingesetzt würden, Infrastruktur müsse so geschaffen werden, dass sie auf solch schlimmen Ereignisse abmildernd wirken.

Chrupalla: Inzidenzwert allein reicht nicht zur Bewertung der Corona-Lage

Vor der Bund-Länder-Runde zur Corona-Lage am Dienstag (10. August) bekräftigte Chrupalla noch einmal die Forderung, die epidemische Notlage sofort zu beenden.
Es sei gut, dass man jetzt nicht mehr über den reinen Inzidenzwert als Maßnahmenwert diskutiere. Das habe ich die AfD vorher immer wieder kritisiert. Man müsse sich auch andere Dinge anschauen, darunter die Auslastung des Gesundheitssystems, der Intensivstationen. Konkrete Zahlen nannte Chrupalla jedoch nicht.
Die Frage, ob er selbst bereits gegen Corona geimpft sei, oder nicht, wollte Chrupalla nicht beantworten. "Das kann ja jeder halten, wie er möchte. Ich möchte es nicht sagen, weil es meine private persönliche Entscheidung ist, die ist vom Grundgesetz geschützt. Deswegen werden ich Ihnen nicht sagen, ob ich geimpft oder ungeimpft bin."
Geöffnetes Cafe mit Gästen am Neuen See in Berlin 
Inzidenz und Hospitalisierung - Parameter zur Bewertung des Pandemiegeschehens
Die Sieben-Tage-Inzidenz gilt als ein wichtiges Kriterium für die Bewertung des Pandemiegeschehens. Künftig sollen weitere Parameter mehr Gewicht bekommen. Das könnte sich auf politische Entscheidungen wie die Bundesnotbremse auswirken.

Das Interview im Wortlaut:

Lindner: Dazu begrüße ich hier in Berlin, im Hauptstadtstudio, ganz herzlich Tino Chrupalla, Co-Parteichef der AfD und auch Teil des Spitzenkandidaten-Duos seiner Partei. Herr Chrupalla, ganz herzlich Willkommen hier in Berlin.
Chrupalla: Hallo.
Lindner: Seit heute ist es ja dann nochmal deutlich, der Wahlkampf zur Bundestagswahl, der hat begonnen. Wenn man in Berlin hier auf dem Weg ins Studio ist, sieht man schon die Plakate. Und die Frage, die sich dann für uns stellt ist, die Parteien präsentieren sich der Wählerschaft, und die Frage ist, in welchen Zustand sind diese Parteien? Deshalb meine erste Frage: Wann haben Sie denn eigentlich das letzte Mal mit Ihrem Co-Parteivorsitzenden, Jörg Meuthen, gesprochen?
Chrupalla: Nun, wir sprechen jede Woche miteinander. Wir haben ja unsere wöchentlichen BuVo-Telkos, die ausgiebig sind und die über mehrere Stunden gehen. Also von daher unterhalten wir uns über alle wichtigen innenpolitischen Themen, über die parteipolitischen Themen. Also, der Austausch ist sehr rege.
Lindner: Aber das heißt, Sie sprechen nur im Rahmen jetzt der Bundesvorstandssitzung miteinander oder haben Sie auch bilaterale Kontakte, also direkte Kontakte? Telefonieren Sie miteinander, tauschen Sie sich auch mal direkt zu zweit aus?
Chrupalla: Natürlich tun wir das.
Lindner: Wie regelmäßig? Wann war das letzte Mal?
Chrupalla: Ach, wissen Sie, ich führe jetzt kein Buch, wie oft ich mit meinen Parteifreunden und Kollegen telefoniere. Ich telefoniere mit vielen in unserer Partei, mit allen Parteimitgliedern, also sicherlich einmal die Woche mindestens, wo ich auch mit Jörg Meuthen telefoniere.
Die Delegierten zeigen in der Dresdener Messehalle beim Bundesparteitag der AfD in Dresden ihre Stimmkarten am 10.04.2021.
Mit welchem Programm die AfD in den Wahlkampf zieht
Das Programm der AfD für die Bundestagswahl steht – und in vielen Punkten wurden die Positionen der Partei verschärft. Forderungen sind unter anderem ein EU-Austritt Deutschlands und eine vollständig andere Corona-Politik. Spitzdenkandidaten sind Alice Weidel und Tino Chrupalla.
Lindner: Aber Jörg Meuthen ist jetzt nicht nur ein Parteimitglied unter Vielen, sondern er ist ja Ihr Co-Parteichef, er ist ja Mitglied auch Ihres Führungsteams dieser Partei. Es ist auch auffällig, dass er zum Beispiel am Dienstag, da haben Sie den Wahlkampfauftakt in Schwerin, in Mecklenburg-Vorpommern, da ist ja noch Landtagswahl, parallel zur Bundestagswahl, Jörg Meuthen wird nicht dabei sein, oder, wenn ich das richtig gesehen habe?
Chrupalla: Ja, nun muss man ja unterscheiden, wir haben eine Bundestagswahl und Jörg Meuthen, wie Sie wissen, kandidiert nicht für den Bundestag, von daher ist dort auch schon mal auch die Präferenz gesetzt. Ich bin Spitzenkandidat mit Frau Weidel und wir repräsentieren hier bei der Bundestagswahl damit auch unsere Partei.
Lindner: Wird es denn überhaupt grundsätzlich gemeinsame Auftritte mit Ihrem Co-Parteichef im Wahlkampf geben? Ist da was geplant?
Chrupalla: Wissen Sie, ich habe über 75 Auftritte beim Wahlkampf, im Wahlkampf, mit unterschiedlichen Personen unserer Partei. Wir haben aber auch natürlich unterschiedliche programmatische Inhalte, die wir nach außen bringen wollen und natürlich auch viele Auftritte, die wir einzeln machen werden. Es gibt da jetzt aktuell noch keinen Termin, den ich mit Jörg Meuthen abhalten werden, aber das kann sich durchaus noch ergeben, durchaus. Also, ich habe damit überhaupt gar kein Problem. Ich weiß nicht, auf was Sie hinauswollen.

"Es gibt nur eine AfD"

Lindner: Ja, ja, das verrate ich Ihnen gleich, denn ich habe natürlich einen Hintergedanken bei dieser Frage, bei diesem ...
Chrupalla: Genau. Wir reden jetzt hier seit drei Minuten über Jörg Meuthen. Mich würde interessieren, auf was Sie eigentlich hinauswollen?
Lindner: Der Hintergrund meiner Frage ist auch in Bezug auf die Wählerinnen und Wähler, potenzielle Wählerinnen und Wähler Ihrer Partei, welche Partei AfD sie eigentlich bekommen, wenn sie am 26. September das Kreuzchen bei der AfD machen. Man sieht ja im Moment deutlich wie nie, dass die AfD eigentlich zwei Parteien in einer sind. Jörg Meuthen, der für einen sogenannten gemäßigten Teil steht, der auch mittelfristig koalitionsfähig werden möchte und dann auf der anderen Seite eine andere AfD, die man zum Beispiel beim Dresdner Parteitag sieht oder in Sachsen-Anhalt, mit radikalen Tönen, wo dann zum Beispiel von "Corona-Diktatur" gesprochen wird. Deswegen meine Frage, was bekommt denn der Wähler, die Wählerin am Ende für das Kreuzchen für die AfD, welche dieser beiden Parteien?
Chrupalla: Es gibt nicht "beide Parteien" – Sie sprechen von zwei Parteien in einer. Wir haben unterschiedliche Strömungen, unterschiedliche Ausrichtungen in unserer Partei, aber das ist für eine Volkspartei, für eine große Partei auch ganz normal, und das diskutieren wir inhaltlich, aber auch nach außen. Und von daher weiß ich nicht, wieso Sie auf die Idee kommen, von zwei Parteien zu sprechen – es gibt nur eine AfD.

"Wir wollen in Deutschland mit der AfD einen Politikwechsel herbeiführen"

Lindner: Ja, das mag schon sein, formell, aber die Frage ist doch, in welche Richtung steuert sie? Also, wenn man zum Beispiel das Thema Corona-Politik anschaut, der Parteitag in Kalkar, stundenlange Wortschlachten, auch bis heute, der Unterschied zur Frage, wie radikal positioniert man sich da eigentlich. Jetzt eine außenpolitische Kontroverse, ausgelöst durch Ihre Reise unter anderem nach Moskau und Ihre Rede dort. Die Frage, ob der Austritt Deutschlands aus der EU, der DEXIT, wie er im Wahlprogramm gefordert wird, ob das eine kluge Idee ist. Also, da gibt es ja eine Fülle von Themen, wo man sieht, dass die Partei auseinanderklafft. Deshalb auch die Frage, wohin steuert die eigentlich die AfD und wohin wollen Sie mit dieser Partei?
Chrupalla: Wissen Sie, wir wollen in Deutschland mit der AfD einen Politikwechsel herbeiführen. Das ist für uns das Hauptziel, was wir bringen wollen. Wir sind pragmatisch, wir wollen – und das sagt auch unser Bundestagswahlprogramm aus –, wir haben ein Wahlprogramm mit gesundem Menschenverstand, was sich ideologiefrei orientiert. Das ist für uns das Ziel und wir wollen natürlich auch hier für die Deutschen, für die Wähler, die uns wählen, auch was wirtschaftliche Themen angeht, die Entlastung bringen, dass wir denjenigen Menschen in diesem Land eine Stimme geben, die hart arbeiten, diejenigen, die im Prinzip dieses Land am Laufen halten, die Steuern jeden Tag bezahlen, und denen wollen wir ein Politikangebot machen. Das haben wir 2017 bei der Bundestagswahl gemacht und das werden wir auch dieses Mal tun.
Lindner: Aber jetzt trotzdem nochmal: Bundestagswahl ist das Eine, was danach folgt, könnte für die Zukunft der Partei natürlich noch viel interessanter sein, das ist der Bundesparteitag Ende November, auf dem auch ein komplett neuer Bundesvorstand gewählt werden soll. Meine Frage ist an Sie: Möchten Sie denn gemeinsam mit Jörg Meuthen weitermachen? Ich habe mir jetzt nochmal Ihre Bewerbungsrede angehört, damals, 2019 in Braunschweig, da war fast ein Eindruck war von Ying und Yang, der Akademiker, der Nicht-Akademiker, jemand der eine westdeutsche Biografie hat, jemand der eine ostdeutsche Biografie hat. Am Ende hat man das Gefühl, Sie treten nicht mehr gemeinsam auf, Sie haben sich eigentlich auch nichts mehr zu sagen. Wollen Sie das gemeinsam mit Jörg Meuthen noch weiter betreiben oder haben Sie andere Vorstellungen?
Chrupalla: Wissen Sie, wir haben doch in unserer Partei nicht nur Jörg Meuthen und auch nicht nur Tino Chrupalla. Wir sind eine Volkspartei, haben viele Mitglieder, wir haben viele interessante Themen und über die möchte ich eigentlich sprechen. Sie sprechen jetzt schon über Dinge, die nach der Bundestagswahl stattfinden. Also, wollen wir doch erstmal die Bundestagswahl erfolgreich gestalten, das ist unser Ziel mit unserem Wahlkampf und danach werden wir über die nächsten Themen und Herausforderungen sprechen. Also, ein Schritt nach dem anderen. Das bringt jetzt nichts, darüber zu reden, über den nächsten Bundesparteitag zu diskutieren und das werde ich jetzt hier auch nicht tun.

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Lindner: Also, Sie werden jetzt nicht Farbe bekennen, ob Sie nochmal antreten wollen oder nicht?
Chrupalla: Ich werde antreten. Aber wie gesagt, das spielt doch jetzt im Bundestagswahlkampf überhaupt keine Rolle.
Lindner: Das ist eigentlich ein gutes Stichwort, weil eine Frage dazu habe ich natürlich noch auf dem Zettel. Dieser Wahlkampf befindet sich ja in einer historischen Situation. Die Amtsinhaberin, Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU, ihre Amtszeit geht jetzt nach 16 Jahren zu Ende. Ihre Partei hat sich in den vergangenen Jahren – das konnte man auch im Plenum beobachten – aus der Rolle der Oppositionsführerschaft sehr auch an ihr abgearbeitet. Die Frage ist doch jetzt, wer ist denn in dieser akuten Situation eigentlich Ihr politischer Hauptgegner?
Chrupalla: Wir haben uns ja nicht nur an Angela Merkel abgearbeitet, sondern an Ihrer Politik. Und die Politik vertritt die gesamte Bundesregierung. In vielen Punkten gegen das Volk, mit vielen Fehlern, gegen die Interessen Deutschlands, auch außenpolitisch. Und von daher schauen wir uns natürlich genau an, welche Regierungskonstellation nach der Bundestagswahl in Deutschland vorherrscht und werden auch das kritisch beleuchten. Und das ist in einem pluralistischen Parteienstaat auch die Aufgabe der Opposition. Das ist doch unsere Aufgabe als Opposition, als AfD, den Finger in die Wunde zu legen. Und leider – lassen Sie mich das noch sagen – macht das ja in diesem Land niemand mehr. Da muss man sich ja wirklich die Frage stellen: Was wäre, wenn es die AfD nicht gäbe?
Lindner: Na ja, gut, es ...
Chrupalla: Wer würde diese Aufgabe wahrnehmen? Ich sehe keine Opposition, die diese Rolle einnimmt.

Freie Wähler: "kein gleichrangiger Gegner"

Lindner: Also, was man zum Beispiel sieht, in den letzten Umfragen, da sieht man eine hohe Zufriedenheit der Deutschen mit Angela Merkel, die schwankt je nach Fragestellung zwischen 75 und 80 Prozent. Und was ich bemerkenswert fand, sogar 30 Prozent Ihrer Anhänger halten Sie laut Deutschlandtrend für eine gute Kanzlerin. Ist das nicht auch etwas, wo Sie vielleicht auch mit den harten Tönen dann an Teilen Ihrer Partei vorbeiarbeiten?
Chrupalla: Ja, aber nehmen Sie doch die anderen Prozentzahlen: zu 70 Prozent finden unsere Anhänger sie als schlechte Kanzlerin.
Lindner: Wir haben eben über Konkurrenten gesprochen. Und eine Frage ist – Sie haben eben gesagt: ‚Wer würden denn sonst diese Rolle ausfüllen‘ –, sehen Sie denn vielleicht auch nicht in den Freien Wählern zum Beispiel, jetzt unter Hubert Aiwanger, der in Bayern ja auch mit dem Thema "Impfskepsis" sozusagen groß von sich reden macht, eine gewisse Konkurrenz? Nehmen Sie das mit Sorge wahr oder ist das für Sie jetzt kein gleichrangiger Gegner, jetzt auf Bundesebene?
Chrupalla: Das ist für mich in der Weise kein gleichrangiger Gegner. Was ich sehe ist ja die Politik, die die Freien Wähler mit der CSU in Bayern tätigen, und die tragen alle Entscheidungen, auch falsche Entscheidungen von Herrn Söder mit. Auch was die pandemische Lange angeht, was die Impfpflicht angeht. Da gibt es jetzt ... zur Bundestagswahl – interessanterweise – stellt man sich auf einmal als Opposition dar. Das sind für mich wahltaktische Manöver, die nicht glaubwürdig sind.

Politik für Handwerkerschaft und Mittelstand

Lindner: Herr Chrupalla, lassen Sie uns ein bisschen über Sie sprechen und Sie ein bisschen kennenlernen als Spitzenkandidat. Sie sind ja im Gegensatz zu Alice Weidel das erste Mal als Spitzenkandidat unterwegs. Ihre Biografie kurz: 46 Jahre alt, in Sachsen geboren und aufgewachsen, von Beruf Maler, später Malermeister, dann auch mit eigenem Betrieb bis Herbst 2020. In der AfD dann doch ein steiler Aufstieg, wenn man das so sagen kann: 2015 eingetreten – also das heißt, kein Mitglied der ersten Stunde –, dann aber 2017 direkt in den Bundestag gewählt, und da sind Sie ja schlagartig bekannt geworden, weil Sie sich gegen Michael Kretschmer durchgesetzt haben, der heute sächsischer Ministerpräsident ist. Was ich mich frage, wenn man diese Parteibiografie, wenn man auch diese berufliche Biografie sich ansieht, welchen inhaltlichen Akzent wollen Sie denn als AfD-Spitzenkandidat persönlich setzen? Was ist denn Ihr Herzensthema, für das Sie auch brennen?
Chrupalla: Ja, Sie haben es ja im Prinzip in Ihrer Fragestellung schon fast eingeleitet. Weil, wen ich vertrete, woher ich komme, allein meine Biografie – übrigens, auch meine Biografie noch im ersten Aufguss, die ich noch nicht ändern musste, was ja für einige Spitzenkandidaten wirklich mittlerweile Seltenheitswert hat –, für meine Biografie, für die ich mich auch nicht schäme, weil ich als junger Mensch mir das, was ich erarbeitet habe, selbst erarbeitet habe, ohne Förderung von irgendwelchen Investitionen, die ich bekommen habe vom Staat, die ich mir selbst erarbeitet habe mit meiner Hände Arbeit. Und ich repräsentiere genau dieses Klientel, die Handwerkerschaft, den Mittelstand, für die ich Politik machen werden, die eigentlich auch in diesem Bundestag keine wahrnehmbare Stimme mehr haben. Denn schauen wir uns den Proporz mal im Bundestag an, ganz kurz dazu, ...
Anhänger der AfD stehen zum Auftakt der Wahlkampftour der AfD vor dem Schweriner Schloss. In jüngsten Wählerbefragungen kam die AfD auf zehn bis elf Prozent. Die Partei zieht mit dem Slogan «Deutschland. Aber normal.» in den Wahlkampf.
Strategie zur Bundestagswahl - "Die AfD macht Klimaschutz zum Kulturkampf"
Die Grünen hätten Angela Merkel als zentrales Feindbild der AfD abgelöst, sagte der Kommunikationsberater Johannes Hillje im Dlf. Die Partei stelle Klimapolitik als Bedrohung für den vermeintlich typisch deutschen Lebensstil hin und nutze dafür Schlagworte wie "Diesel, Schnitzel, Billigflug".
Lindner: Ja, natürlich, da gibt es einen deutlichen Überhang an Akademikern.
Chrupalla: Nein, nicht nur an Akademikern. Ich finde es einfach eine Schande, dass von 700 ...
Lindner: Na ja, auch an Männern, auch an Menschen ohne Migrationsgeschichte. Also, wenn man sich das anschaut, ist das ja nicht die einzige Unwucht, die das Parlament hat.
Chrupalla: Frau Lindner, wir wollen jetzt nicht von Quoten reden, aber ich finde es schon bedauerlich, dass von 709 Abgeordneten nur sieben Handwerksmeister überhaupt die Rolle wahrnehmen können. Also, das zeigt doch eigentlich die Schieflage auch der Politik.
Lindner: Was mich interessiert ...
Chrupalla: Und dafür brenne ich übrigens. Das ist ja die Frage, die Sie bringen wollten.

Kritik von AfD: "Mittelstand soll weiter geschröpft werden"

Lindner: Ja, ja, und es soll ja auch um das Programm gehen. Deswegen hier meine konkrete Frage: Wie oft kommt denn das Wort "Handwerk" in Ihrem Wahlprogramm eigentlich vor?
Chrupalla: Es kommt sicherlich nicht vor, aber es kommt der Mittelstand vor, den wir natürlich entlasten wollen und dazu gehört das Handwerk. Also, wir haben eine starke wirtschaftspolitische Ausrichtung. Und was wir die nächsten Jahre hier sehen werden – egal welche Bundesregierung hier auch in die Regierungsverantwortung kommen wird – zeigt, dass der Mittelstand weiter geschröpft werden soll, dass der Mittelstand weiter belastet werden soll und das ist auch die Mittelschicht. Und dagegen haben wir ein Alternativkonzept und werden auch Politik dafür betreiben.
Lindner: Das Wort "Handwerk" kommt tatsächlich – um das jetzt aufzulösen – exakt einmal vor. Das hat mich tatsächlich wirklich überrascht, angesichts auch Ihrer Biografie. Ich dachte, dass der Parteivorsitzende, jetzt später auch Spitzenkandidat, mehr Spuren auch hinterlässt. Es kommt auf Seite 94 einmal vor, und zwar in Bezug auf rückkehrpflichtige Asylbewerber bzw. Flüchtlinge, die eine handwerklich praktische Grundausbildung erhalten können, die sie dann zum Wiederaufbau ihrer Heimat und zur dortigen Existenzgründung befähigt. Ich hätte mir da durchaus mehr Spuren vorstellen können. Es wird an anderer Stelle nochmal über duale Ausbildung gesprochen, aber ...
Chrupalla: Aber diese Spur müsste Ihnen doch gefallen, dass wir genau das auch förderungsfähig finden, dass wir Asylbewerber dahingehend ausbilden, damit sie zurückkehren – und das ist ja auch in unserem Wahlprogramm klar verankert –, um dort ihre Heimat wieder aufzubauen. Also, von daher, Qualifikation und dann Rückkehr.
Porträt des AfD-Politikers Jörg Meuthen
Meuthen (AfD): Bei so schwachen Gegnern wäre mehr möglich gewesen
Für Jörg Meuthen, den Co-Vorsitzenden der AfD, ist seine Partei bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt unter ihren Möglichkeiten geblieben. "Ein stärkeres In-die-Mitte-Rücken, ein weniger krasser Protestkurs wäre erfolgversprechender gewesen", sagte Meuthen.
Lindner: Herr Chrupalla, ich möchte mit Ihnen gerne noch mal über die Partei sprechen und den Zustand, in dem sie sich bei dieser Bundestagswahl präsentiert. Und ein Punkt, der auch bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt nochmal deutlich geworden ist. Dieser Wahlabend in Sachsen-Anhalt hat ja eine ganz interessante Zahl hervorgebracht, das ist die 20,8 – das ist das Wahlergebnis für die AfD an diesem Abend, die mit Verlusten aus diesem Wahlabend herausgegangen ist. Und das sind 42 Prozent, nämlich 42 Prozent aller Befragten – durch infratest dimap, am Wahlabend –, auch Ihre eigenen Anhänger und Wählerschaft haben gesagt, dass die AfD zu wenig gegen rechtsextreme Positionen unternimmt. Meine Frage ist, ist das nicht ein totales Warnsignal für Sie, dass jetzt 42 Prozent Ihrer Anhängerinnen und Anhänger Sie dafür kritisieren. Und meine Frage, die damit verbunden ist, was konkret unternehmen Sie denn, um rechtsextremen Positionen in Ihrer Partei auch ein Ende zu bereiten?
Chrupalla: Da müssten Sie mir mal sagen, konkret welche rechtsextreme Positionen Sie denn meinen?
Lindner: Na ja gut, damit würden wir jetzt die 24 Minuten Interview der Woche sicherlich füllen. Aber es gibt eine Personalie, auf die ich Sie wegen der Aktualität gerne nochmal ansprechen möchte, die auch morgen – sofern ich informiert bin – im AfD Bundesvorstand, Parteivorstand nochmal diskutiert wird, das ist Matthias Helferich, das ist der Vize-Vorsitzende in Nordrhein-Westfalen, mit einem aussichtsreichen Listenplatz, auch für den Bundestag. Von ihm sind jetzt interne Facebook-Chats bekannt geworden, wo es Fotos von ihm gibt und wo er sich als das freundliche Gesicht des NS bezeichnet und auch den NS-Richter Roland Freisler als Vorbild nennt. Jetzt hat man "nur" eine Ämtersperre verhängt, aber kein Parteiausschlussverfahren, weil sich so viele enthalten haben bei der letzten Bundesvorstandssitzung. Wie haben Sie denn eigentlich abgestimmt? Haben Sie sich auch enthalten?
Chrupalla: Frau Lindner, zunächst einmal ist es kein Facebook-Chat gewesen, es basiert auf einem vierjährigen privaten Chat, den Herr Helferich getan hat. Wir haben das sehr intensiv im Bundesvorstand thematisiert, das ist richtig, und wir haben auch Ordnungsmaßnahmen verhängt, und zwar einstimmig. Wir haben das als parteischädigendes Verhalten analysiert, Herr Helferich hat sich erklärt, und wir haben dort eine Ämterenthebung und auch eine Ämtersperre beschlossen, und zwar einstimmig. Und von daher sehen Sie, dass wir auch dann bei solchen Aktivitäten handeln.

"In jedem Jahrhundert haben wir solche zerstörerischen Fluten gehabt"

Lindner: Sie hören den Deutschlandfunk, das Interview der Woche. Zu Gast ist Tino Chrupalla, Co-Bundessprecher der AfD und auch Teil des Spitzenkandidaten-Duos seiner Partei. Schauen wir auf das Wahlprogramm der AfD und schauen wir auch auf die aktuellen Probleme und Herausforderungen, die es im Moment in Deutschland, aber auch in der Welt gibt. Es sind zwei Themen, die im Moment die Menschen wirklich bewegen. Das eine Thema, das ist sicherlich die Flut, das ist die verheerende Flut im Westen Deutschlands, die aber auch gepaart ist mit Feuer in Südeuropa, in Griechenland, in der Türkei und ein Wort, was fiel, das ist das Wort Apokalypse, das fiel in beiden Zusammenhängen, weil die Zerstörungen einfach so riesig sind, Zerstörungen von Wohlstand, Zerstörungen aber auch der Lebensgrundlage von Menschen. Der Klimawandel, wird gesagt, spielt bei beiden eine verstärkende Rolle, er begünstigt Wetterlagen, extreme Wetterlagen. Deshalb nochmal an Sie die Frage, wie viel oder wie wenig Klimawandel steckt denn für Sie in den Flutereignissen in Westdeutschland, aber auch in den Bränden in Südeuropa, in Russland?
Chrupalla: Ja, Frau Lindner, schauen wir uns doch mal insgesamt jetzt auch die Flut in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz an. Das jetzt alleinig auf den Klimawandel zu schieben, halte ich wirklich für wieder mit Hysterie beladen. Und wir haben Fluten gehabt im 18ten Jahrhundert, im 17ten Jahrhundert, im 16ten Jahrhundert, eigentlich in jedem Jahrhundert haben wir solche zerstörerischen Fluten gehabt. Wir müssen uns doch anschauen, wie wir damit umgehen, wie wir uns darauf einstellen, auf diese Wetternotlagen, die es immer geben wird, auch in Zukunft. Egal, ob wir das jetzt dem Klimawandel zurechnen oder nicht. Natürlich gibt es einen Klimawandel und den leugnet auch niemand, inwieweit wir darauf aber Einfluss haben können und vor allen Dingen mit welchen Maßnahmen, das steht auf einem ganz anderen Papier. Und das müssen wir auch diskutieren und offen diskutieren können, ohne dass man denjenigen, der darüber übrigens eine andere Meinung hat, sofort ausgrenzt, beschimpft, als Klimaleugner diffamiert. Das ist doch die Aufgabe der Politik.
In der Eifel haben heftige Regenfälle und Dauerregen für Überschwemmungen und Überflutungen gesorgt. Im Ahrtal trat der Fluss vielerorts über die Ufer und überschwemmte nicht nur Keller sondern ganze Ortschaften. Im Bild die Straße zwischen Dernau und Walporzheim, die von den Fluten auf einem Abschnitt einfach mitgerissen wurde. Dernau, 15.07.2021
Das Bewusstsein für Extremwetterlagen fehlt noch
Viele Menschen seien vom Ausmaß der Unwetterkatastrophe überrascht worden, weil sie es noch nicht gewohnt seien, mit solchen Extremwetterlagen rechnen zu müssen, sagte Wolfram Geier vom Bundesamt für Katastrophenhilfe im Dlf.
Lindner: Ja, es gibt Klimaforscher, wie zum Beispiel eine Stimme, Stefan ...
Chrupalla: Ja, es gibt auch andere Klimaforscher, die genau das Gegenteil sagen.
Lindner: Stefan Rahmstorf, vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Es ist ja interessant, diese Debatte, die es da gab – konzentrieren wir uns auf die Flutereignisse in Westdeutschland, in Nordrhein-Westfalen, in Rheinland-Pfalz –, da gab es politische Stimmen, wie Angela Merkel, Horst Seehofer, die haben relativ schnell auf einen Zusammenhang hingewiesen, es gab Wissenschaftler, die haben da etwas vorsichtiger formuliert, was zum Beispiel die Ursachen angeht.
Chrupalla: Richtig.
Lindner: Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der hat gesagt, man kann jetzt nicht eindeutig sagen, ob dieses Ereignis eine Folge der Erderwärmung ist, aber man kann festhalten, dass derartige Ereignisse durch die Erderwärmung häufig werden. Also, es heißt, blicken wir in die Zukunft und blicken wir auch in Ihr Parteiprogramm, in Ihr Wahlprogramm. Dort sagen Sie ja, dass die Anpassung an veränderte Klimabedingungen, nicht der Kampf dagegen im Mittelpunkt stehen soll. Sie sagen, ja, Warmzeiten haben immer zur Blüte eines Lebens geführt und – Sie haben es eben schon angedeutet – man solle den aussichtslosen Kampf gegen den Wandel des Klimas jetzt nicht führen, sondern auf Seite 174/175 schreiben Sie dann den bemerkenswerten Satz: "Wir sollten uns an die veränderten Bedingungen anpassen, so wie es Pflanzen und Tiere es auch tun." Welche Anpassung schwebt Ihnen denn da genau vor? Was haben Sie da im Blick, welche Pflanze, welches Tier soll da eigentlich Vorbild sein?
Chrupalla: Es geht jetzt nicht um die Vorbildfunktion einer Pflanze oder eines Tieres. Im Laufe der Evolution haben wir uns immer ...

"Wir hatten immer Warm- und Kaltzeiten"

Lindner: Ja, aber Sie schreiben es genauso rein.
Chrupalla: Im Laufe der Evolution haben wir uns immer, haben sich natürlich auch die Tiere und die Natur angepasst. Wir hatten immer Warm- und Kaltzeiten. Berlin war vor hunderten oder vor tausenden von Jahren unter einer Eisdecke, Grönland war mal Grünland, hatte Warmzeiten und eine ganz andere Flora und Fauna. Also, Sie sehen, das Klima verändert sich immer. Wie der Mensch sich anpassen sollte – und das ist ja das, auf was Sie hinauswollen – ist natürlich auch gerade im Bereich zum Beispiel der Flugkatastrophe, die wir gesehen haben, was den Katastrophenschutz angeht, und der hat doch in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz massiv versagt. Das muss man doch erstmal die Verantwortung ...
Lindner: Ja, ja. Aber, Herr Chrupalla, wir wollten doch über Ihr Programm reden.
Chrupalla: Ja, das gehört doch dazu, Frau Lindner.
Lindner: Ja. Aber was ich besonders interessant finde ist, Jörg Meuthen ist ungefähr die gleiche Frage im ZDF vor ein paar Wochen gestellt worden und auch er konnte sie nicht beantworten. Also, es heißt ...
Chrupalla: Moment, Sie lassen mich ja nicht ausreden, sonst könnte ich sie Ihnen beantworten.
Porträt der Wetter-Moderatorin Claudia Kleinert vom 13.03.2020
Hitzewellen und Unwetter - "Das ist Wetter, das aus Klimaveränderungen resultiert"
Wochenlange Hitze oder wochenlang Tiefdruckgebiete und Regen – solche Wetterszenarien werden wir in den kommenden Jahren deutlich häufiger erleben, sagte die ARD-Wetterexpertin Claudia Kleinert. Im Gespräch mit dem Dlf erläuterte sie, warum festzementierte stabile Wetterlagen Folgen des Klimawandels sind.
Lindner: Na ja, doch, ich habe Sie nach den Pflanzen und nach den Tieren gefragt, die diese Vorbildfunktion der Anpassung ausführen sollen und keiner der beiden Parteivorsitzenden kann jetzt diese Frage beantworten.
Chrupalla: Doch, ich habe Ihnen doch gerade gesagt, dass diese Anpassung ... natürlich wird es Tierarten auch geben, die sich unter gewissen klimatischen Verhältnissen nicht anpassen können und die verschwinden oder die in anderen klimatischen Verhältnissen wieder auftauchen. Das ist doch eine ganz normale Evolutions...
Lindner: Nur, was ich auch bezeichnend finde ist – wir haben über Anpassung gesprochen –, in Ihrem Wahlprogramm kommt weder das Wort Starkregen vor noch das Wort Flut. Die Frage ist doch, hat Ihre Partei da keine vorausschauende ...
Chrupalla: Das kommt in anderen Wahlprogrammen der Parteien doch auch nicht vor.
Lindner: Doch, natürlich.
Chrupalla: Ob Flut da unbedingt vorkommen muss.

"Das Klima in dieser Art werden wir so nicht ändern"

Lindner: Doch, Starkregen kommt vor bei der CDU, die jetzt auch nicht unbedingt die Speerspitze des Klimaschutzes ist.
Chrupalla: Aber was soll das jetzt nun besagen, dass da kein Starkregen vorkommt?
Lindner: Ich möchte gerne verstehen, wenn Sie mir eine konkrete Maßnahme nennen können, wie dieser Anpassungsprozess aussehen soll, den die Menschen in puncto durch das veränderte Klima dann auch durchführen müssen um überleben zu können. Das ist ja der Kerngedanke Ihres Klimaschutzprogramms
Chrupalla: Das wollte ich Ihnen ja gerade sagen, aber Sie haben mich ja leider nicht ausreden lassen, Frau Lindner. Genau das, wenn wir bei der Flut bleiben, da haben wir doch gesehen, was dort für Fehler auch im Katastrophenschutz waren und das gehört zur Anpassung ja dazu. Dass man zum Beispiel die Flächen nicht weiter versiegelt, dass man Raum auch lässt für Überflutungsflächen, wo das Wasser im Notfall hinkann, dass man auch – was nicht geschehen ist, zum Beispiel – bei der Flut, wenn man die Nachfolgen sich anschaut, dass die Rückhaltebecken nicht abgelassen wurden. Das sind alles Dinge, die man natürlich bringen muss. Dass man vielleicht auch nicht bis an Ufernähe hineinbauen kann. Das habe wir zum Beispiel in Sachsen wunderbar gesehen, bei der Flut 2002, dass man eben gewisse Bereiche nicht als Bauland deklariert, dass man diese frei lässt und der Natur auch seinen Raum lässt. Dass man nicht Flüsse begradigt, dass man die natürlichen Flussbetten belässt oder auch wieder zurückbaut. Das sind Maßnahmen, die man dagegen betreiben kann, um aktiv auch diesen Schutz voranzutreiben. Denn, wie gesagt, das Klima in dieser Art werden wir so nicht ändern. Oder glauben Sie im Ernst, dass wir mit einer CO2-Abgabe solche Starkregen und solche Wetterereignisse verhindern können?

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Lindner: Ja, man wird sie zumindest abmildern können.
Chrupalla: Wie denn? Mit einer Steuer? Das glauben Sie doch nicht im Ernst. Das ist moderner Ablasshandel, um den Menschen Panik und Angst zu machen. Und dass sie sich wohlfühlen, ...
Lindner: Das ist jetzt die eigene Ansicht Ihrer Partei. Ich würde gerne nochmal auf ...
Chrupalla: Ja, natürlich, die vertrete ich doch hier.

Hilfsfonds: "AfD wird sich nicht querstellen"

Lindner: ..die konkrete Bewältigung zurückkommen. Sie haben den Katastrophenschutz angesprochen. Jetzt im Moment gibt es natürlich die bundespolitische Debatte, die auch in der kommenden Woche dem Bund-Länder-Treffen in der kommenden Woche nochmal vorangehen wird. Da geht es um den Aufbauhilfefond, der mit in etwa zehn Milliarden Euro gemeinsam von Bund und Ländern gefüllt werden soll. Die FDP hat dazu schon einen Gesetzentwurf vorgelegt. Welche Vorstellungen haben Sie denn für das Füllen dieses Aufbauhilfefonds bzw. für den effizienten Einsatz des Geldes? Was sind da Ihre konkreten Forderungen?
Chrupalla: Ja, zuerst einmal ist es natürlich wichtig, dass diese Gelder überhaupt zur Verfügung gestellt werden. Aktuell reden wir von 200 Millionen Euro, die als Soforthilfeprogamm auch für die betroffenen Bürger – das ist für mich wichtig –, diejenigen Bürger, die dort zu Schaden gekommen sind, dass denen erstmal eine Hilfe zugedacht wird. Und wir werden uns natürlich bei diesem Fond – der insgesamt, in welcher Höhe er auch ausgestattet ist – nicht querstellen als AfD und werden das natürlich auch mit unterstützen. Und dann muss man sich genau anschauen, wie man dieses Geld natürlich für den Katastrophenschutz und auch natürlich für die Dinge, die ich zuerst angesprochen habe, auch einsetzt. Was bedeutet Wiederaufbau, was natürlich ... diese Dinge sind ja auch dafür gedacht, was die Infrastruktur angeht, dass man sie so einsetzt, dass sich solche schlimmen Ereignisse zumindest abmildernd nicht mehr so ereignen.

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Lindner: Herr Chrupalla, eine Frage möchte ich Ihnen noch stellen zu einem zentralen Thema, das Sie auch in Ihrem Wahlprogramm gleich im ersten Satz ansprechen, das ist das Thema Corona. Auch hier gibt es eine Aktualität, am Dienstag die Bund-Länder-Runde, die sich unter anderem mit der Frage beschäftigt, wie sollen wir eigentlich mit den Inzidenzwerten weiter vorgehen? Es wird ja jetzt gefordert, dass mehr Komponenten in einen Richtwert einfließen sollen. Welche Komponenten sollten denn nach Ansicht Ihrer Partei jetzt ausschlaggebend sein, um dann auch politische Entscheidungen treffen zu können und das Pandemiegeschehen auch – na ja – messen und beobachten zu können?
Chrupalla: Ja, es ist interessant, dass wir jetzt genau über diese Komponenten sprechen, über die wir im Übrigen als AfD schon vor einem Jahr gesprochen haben, dass man nicht den reinen Inzidenzwert als Maßnahmenschlüssel benutzt. Das haben wir immer wieder kritisiert und auch thematisiert. Also, es ist erstmal schön, dass man uns jetzt – und das ist ja auch mittlerweile schon vielen Virologen und Epidemiologien klar, dass man sich auch auf andere Dinge begrenzen und natürlich auch anschauen muss. Das ist zum einen natürlich auch die Auslastung des Gesundheitssystems, die Kapazitätsgrenzen des Gesundheitssystems, wie sind die Intensivstationen ausgelastet. Und wir haben jetzt keine Überlastung mehr, wir haben aktuell auch keine epidemische Notlage mehr. Und deswegen muss diese auch sofort beendet werden, was unsere Forderung ist.

Impfen ist "eine private Entscheidung"

Lindner: Herr Chrupalla, eine Frage ist – die die Bund-Länder-Runde natürlich auch noch beschäftigen wird – die Frage, wie man mit freiwillig Ungeimpften umgeht. Ihre Partei vertritt sehr, sehr stark den Punkt, dass Impfen freiwillig sein soll, eine freiwillige Entscheidung jedes einzelnen Bürgers. Deswegen an dieser Stelle noch die Frage, sind Sie denn eigentlich selbst geimpft?
Chrupalla: Wissen Sie, Frau Lindner, das ist genau der Punkt: Das geht Sie eigentlich nichts an, weil das meine private Entscheidung ist, ob ich geimpft oder ungeimpft bin, und so verfahre ich auch.
Injektionsnadeln und Ampullen mit Impfstoff liegen auf einem Tisch.
Wie man die Impfquote erhöhen kann
Eine Impfpflicht soll es in Deutschland nicht geben, diskutiert wird aber, ob geimpfte Menschen schneller und mehr Freiheiten bekommen sollten als andere. Mit welchen weiteren Mitteln ließe sich die Impfquote erhöhen? Und wäre eine Impfpflicht überhaupt verfassungsrechtlich durchsetzbar? Ein Überblick.
Lindner: Ja, Sie sind Spitzenkandidat und Co-Parteichef. Also, zum Beispiel von Alice Weidel ist bekannt, dass sie nicht geimpft ist. Jörg Meuthen sagte, er ist geimpft.
Chrupalla: Ja, das kann ja jeder halten wie er möchte. Ich möchte es nicht sagen, weil das meine private, persönliche Entscheidung ist. Die ist im Übrigen vom Grundgesetzt geschützt und deswegen werde ich Ihnen nicht sagen, ob ich geimpft oder ungeimpft bin. Was wollen Sie auch damit bezwecken?
Lindner: Reine Interessenfrage. Herr Chrupalla, ich danke Ihnen an dieser Stelle sehr herzlich für das Gespräch. Das war das Interview der Woche. Zu Gast war Tino Chrupalla, Co-Parteichef und Spitzenkandidat seiner Partei, der AfD. Herzlichen Dank.
Chrupalla: Sehr gerne.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.