Dienstag, 23. April 2024

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Afrokultur in Deutschland
Empowerment diesseits des Atlantiks

Afroamerikanischer Protest gegen Rassismus hat in den USA eine lange Tradition. Deutschland kenne ähnliche Bewegungen, sagte Panafrikanistin Natasha A. Kelly im Dlf: "Schon zur Zeit des deutschen Kolonialismus gab es schwarze Organisationen." Das sei vom Mainstram allerdings kaum wahrgenommen worden.

Natasha A. Kelly im Corsogespräch mit Juliane Reil | 07.08.2018
    Demonstranten in Berlin halten am 10. Juli 2016 ein Transparent mit dem Twitter-Hashtag "#Black Lives Matter".
    Demonstranten in Berlin halten am 10. Juli 2016 ein Transparent mit dem Twitter-Hashtag "#Black Lives Matter". (dpa / picture alliance / Wolfram Kastl)
    Unter afroamerikanischen Künstlern gibt es schon seit etwas mehr als drei Jahren verstärkt Protest. Kamasi Washington, Kendrick Lamar, Janelle Monaé - sie alle nutzen ihre Musik, um auf die Gewalt und Willkür gegenüber Schwarzen aufmerksam zu machen. Ihre Botschaft ist "Empowerment" - Selbstermächtigung.
    Das ist auch das Thema in dem Buch der Kommunikationswissenschaftlerin und Panafrikanistin Natasha A. Kelly. "Afrokultur" lautet der Titel. In ihrem Buch vertritt sie die These, das an deutschen Schulen und Universitäten die Darstellung von Afrika nicht selten rassistisch geprägt ist und die Schwarze Perspektive oftmals ausgespart wird. Im Corsogespräch erklärte Kelly, was sie unter "Afrokultur" versteht.
    Gegen rassistische Kolonialstrukturen
    In der amerikanischen Popkultur beziehen sich gerade viele afroamerikanische Künstler auf das Erbe der Bürgerrechtsbewegung und Black Panther. Vergleichbare Bewegungen habe es auch in Deutschland gegeben - schon zu Zeiten des kolonialen Deutschland, wie Kelly erklärte. Das sei politischer Protest gewesen, der sich "gegen die rassistischen Kolonialstrukturen" aufgelehnt hätte. Allerdings würden diese Bewegungen nach Ansicht der Wissenschaftlerin kaum wahrgenommen, "weil Geschichte gefiltert wird und dadurch nicht in den Mainstream gelangt". Geschichte in Deutschland würde stark aus einer weißen, eurozentristischen Perspektive erzählt.
    Aktivismus und Wissenschaft kein Widerspruch
    Kelly begreift sich selbst als akademische Aktivistin. Aktivismus und Wissenschaft würden für sie keinen Widerspruch darstellen. Bewegungen wie Black Lives Matter oder #MeTwo seien nach ihrer Ansicht wichtige Bewegungen, "um eine weiße Mehrheitsgesellschaft auf ihr Fehlverhalten aufmerksam zu machen".
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
    Natasha A. Kelly: "Afrokultur"
    Unrast Verlag Münster 2016. 208 Seiten, 16 Euro.