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Agrarwirtschaft
Die Welternährung sichern

Kriege, Korruption, Klimawandel - es gibt viele Ursachen für den Hunger auf der Welt. Welchen Beitrag zur Welternährung kann Deutschland leisten? Dazu haben deutsche Agrarverbände der Futter- und Lebensmittelwirtschaft eine Pressefahrt im Hamburger Hafen organisiert.

Von Axel Schröder | 07.07.2015
    Jes-Christian Hansen steht vor der Verpackungsanlage im riesigen Lager der HaBeMa, dem größten deutschen Umschlagbetrieb für Getreide, mitten im Hamburger Hafen.
    "Wir füllen hier im Jahr rund 20.000 Tonnen Milchvieh-, Schweine-, Geflügelfutter ab in 25-Kilo-Tüten. Bis zu 15 Tonnen, 600 Sack die Stunde, fast personalfrei, mit automatischer Palettierung wird die Ware dann bereitgestellt."
    Jeden Tag rollen ganze Getreide-Züge vor allem aus Osteuropa aufs Gelände. Und wasserseitig, an der firmeneigenen Kaikante, machen Frachter fest. Fassungsvermögen: zwischen 30.000 und 70.000 Tonnen Getreide. Im letzten Jahr exportierte Deutschland acht Millionen Tonnen Getreide, vor allem in den Iran, nach Saudi-Arabien, Marokko, in den Sudan, den Jemen oder nach Südafrika. Das erklärt Dr. Volker Petersen vom Deutschen Raiffeisenverband:
    "Das ist ungefähr ein Drittel des Getreideexports der EU insgesamt. Das ist für Deutschland eine sehr gute Leistung. Hängt aber auch damit zusammen, dass der Verbrauch in Deutschland stagniert weitgehend. Wir haben also keine Zuwächse mehr, sodass wir auf den Export auch dringend angewiesen sind."
    Die Pressereise durch den Hamburger Hafen, zur HaBeMa hat der sogenannte Grain Club organisiert, ein Zusammenschluss der deutschen Verbände der Futter- und Lebensmittelwirtschaft. Fünf Journalisten sind gekommen, werden begleitet von Volker Petersen und drei weiteren Spitzenvertretern der Verbände.
    Hilfe zur Selbsthilfe
    Thema der Pressereise: "Was leistet die deutsche Agrarwirtschaft zur Sicherung der Welternährung?" Dem Grain Club geht es um die Sicherung von Märkten in Übersee, er propagiert die Vorteile einer ganz neuen Gentechnik. Und den Vorwurf, dass deutsche Getreideexporte in arme, weniger fruchtbare Länder Abhängigkeiten von Getreideimporten schaffen, weist Volker Petersen zurück:
    "Wir wollen mit unseren Exporten nicht dort die Lebensmittel hinbringen, wo Hunger ist, wo die Leute es sowieso nicht bezahlen können. Sondern dort stellt sich primär die Aufgabe, dass die Menschen vor Ort erst mal in die Lage versetzt werden, selbst ihre Grundbedürfnisse zu erfüllen. Und dabei wollen wir sie auch gerne unterstützen. Wir möchten dort liefern und dort verkaufen in der Welt, wo die Volkswirtschaften, wo die Verbraucher, wo die Händler unsere Produkte auch bezahlen können. Und wir wissen, dass diese Produkte dort auch wertgeschätzt werden."
    Und Ägypten könne seine Bevölkerung gar nicht aus eigener Kraft mit Getreide versorgen. Dort seien Importe aus Deutschland zwingend notwendig. Dafür exportiere Ägypten zum Beispiel Frühkartoffeln nach Deutschland, wenn hier noch lange nicht Erntezeit ist. Martin Hofstetter von der Umweltschutzorganisation Greenpeace bestätigt: Die Exportpolitik der EU hat sich verändert. Zwar bekämen die Bauern hierzulande immer noch einen Zuschuss von 300 Euro pro Hektar. Aber die einst hohen Exportsubventionen für Agrarprodukte gibt es nicht mehr.
    "Das ist besser geworden. Aber das Entscheidende ist eigentlich, dass man den Ländern die Chance gibt, dass sie ihre Märkte schützen. So wie wir ja unseren europäischen Markt schützen."
    Schutz für lokale Märkte
    Dass vor allem in Nord- und Südamerika gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, sieht Martin Hofstetter von Greenpeace kritisch. Und zweifelt an der Überlegenheit der im Labor entwickelten Pflanzen:
    "Die haben ja ihre Fruchtfolgen extrem reduziert. Und haben durch die herbizidresistenten Pflanzen da jetzt Super-Unkräuter, wo sie nicht genau wissen, wie sie damit umgehen sollen, wo man dann jetzt händisch wieder da durchgeht und versucht, das Zeug loszuwerden."
    Aber ganz ohne Gentechnik werde die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung nicht funktionieren, hieß es gestern vom deutschen Grain Club. Petra Sprick, die Geschäftsführerin des Verbands der ölsaatenverarbeitenden Industrie ist aber zuversichtlich, dass sich auch neben der Gentechnik neue Ideen zur Steigerung des Ertrags durchsetzen werden.
    "Da müssen wir einfach mal schauen - da sind sicherlich interessante Projekte schon in der Pipeline - was uns die Zukunft da bringt."