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Ahlhaus: Grüne flüchten aus der Verantwortung

Ohne Vorankündigung habe man das schwarz-grüne Bündnis aufgekündigt, meint Christoph Ahlhaus, Hamburgs Erster Bürgermeister, und wirft der Grün-Alternativen Liste (GAL) politisches Machtkalkül vor. Man wolle offenbar den günstigen Trend grüner Umfragewerte nutzen.

Christoph Ahlhaus im Gespräch mit Tobias Armbrüster | 30.11.2010
    Tobias Armbrüster: In Hamburg herrscht Wahlkampf, seit Sonntagmittag, seitdem die Grün-Alternative Liste das Bündnis mit der CDU aufgekündigt hat. Ein Schritt, der für die CDU nach eigenen Worten völlig überraschend kam. Jetzt muss also eine neue Bürgerschaft gewählt werden. Der Termin steht schon fest: der 20. Februar soll es sein. Dann wird es Neuwahlen geben. Bis dahin macht die CDU übergangsweise alleine weiter im Hamburger Senat. – Am Telefon begrüße ich Hamburgs Bürgermeister Christoph Ahlhaus von der CDU. Schönen guten Morgen.

    Christoph Ahlhaus: Guten Morgen, Herr Armbrüster.

    Armbrüster: Herr Ahlhaus, warum steht die CDU in Hamburg jetzt da wie der begossene Pudel?

    Ahlhaus: Ich glaube nicht, dass wir dastehen wie der begossene Pudel, sondern Fakt ist einfach, dass die Grünen in Hamburg offensichtlich aus politischem Machtkalkül jetzt das vorzeitige Ende der Koalition vorgezogen haben, um im allgemeinen Trend guter Umfragewerte für die Grünen nach oben zu schwimmen.

    Armbrüster: War denn dieses Ende nicht seit Monaten absehbar?

    Ahlhaus: Es gab Schwierigkeiten hier und da; die gab es aber auch von Anfang an. Die Zusammenarbeit zwischen CDU und Grünen in dieser ersten Koalition auf Landesebene, zwischen diesen Partnern, war nie ganz einfach. Aber trotzdem war die Arbeit auch bis zum Ende der letzten Woche von hoher Verlässlichkeit, von Vertrauen geprägt, und dann ist es schon etwas seltsam, wenn man völlig ohne Vorwarnung, ohne Überraschung, ohne Beteiligung der genau dafür zuständigen Gremien auf einmal einen Anruf bekommt, jetzt ist Schluss.

    Armbrüster: Wir hören jetzt, dass die CDU in Hamburg trotz alledem noch einmal mit den Grünen koalieren würde. Das müssen Sie uns erklären.

    Ahlhaus: Also es gibt keinerlei Koalitionsaussagen. Es steht jetzt gerade mal der Wahltermin fest, da werde ich hier nicht anfangen, irgendwelche Koalitionsaussagen zu machen. Die CDU hat jetzt die Chance, in den kommenden Monaten zu zeigen, was ist CDU-Politik, was muss man sich unter profilierter Politik auch durch mich vorstellen, und dann hat der Wähler das Wort.

    Armbrüster: Welche Verantwortung für das Scheitern dieses Bündnisses trägt Ole von Beust, Ihr Vorgänger?

    Ahlhaus: Ole von Beust hat diese Stadt neun Jahre erfolgreich regiert, er hat sie aus dem Dornröschenschlaf geweckt und Hamburg hat sich hervorragend entwickelt in den Jahren unter seiner Regentschaft, und er ist der Architekt der schwarz-grünen Koalition. Auch die hat er erfolgreich begonnen. Aber spätestens nach dem Verlust der großen zentralen Projekte für den grünen Partner, insbesondere hier die Schulreform, die vom Bürgerwillen ad acta gelegt worden ist, war es nicht mehr so einfach. Die Grünen versuchten, sich verstärkt zu profilieren, und jetzt sind sie ausgestiegen, um den Wählerwillen zu suchen.

    Armbrüster: War es denn nicht eher so, dass dieses Projekt ein Projekt von Ole von Beust war und dass die Luft raus war in dem Moment, als er seinen Rückzug angekündigt hat?

    Ahlhaus: Sicherlich sind Personen immer auch entscheidend für den Zusammenhalt der Koalition. Ich darf aber daran erinnern, dass ich als Innensenator ja auch zweieinhalb Jahre hervorragend mit den Grünen zusammengearbeitet habe und in diesem schwierigen Feld der Innenpolitik zwischen Schwarz und Grün es hervorragend funktioniert hat. Nein, der entscheidende Grund ist, dass die Grünen keine zentralen Projekte mehr haben, dass die alle vom Bürgerwillen ihnen aus der Hand geschlagen worden sind und dass sie deswegen aus Machtkalkül jetzt den Neuwahlweg suchen, um nicht im Umfragetief, das einsetzen wird, wenn die Wahlen gewonnen sind von den Grünen in Süddeutschland, dann wieder nach unten gezogen zu werden.

    Armbrüster: Angela Merkel hat in der vergangenen Woche gesagt, Schwarz-Grün, das seien Hirngespinste. Ist dieses Bündnis dann auch ein Opfer geworden der Bundespolitik? Ging das einfach nicht mehr weiter im aktuellen Trend?

    Ahlhaus: Also ich teile ausdrücklich die Ansicht der Bundeskanzlerin und Parteivorsitzenden Angela Merkel, dass auf Bundesebene momentan die inhaltlichen Punkte, die zu einer Zusammenarbeit reichen würden, zu gering sind. Das gilt auch für viele Bundesländer. Ich hatte bis vergangenen Sonntag eigentlich den Eindruck, dass das in Hamburg anders ist, weil man sich hier der Sachpolitik zugewendet hat. Nun haben sich die Grünen aus machtpolitischen Erwägungen anders entschieden, auch hier wollen sie nicht etwas gestalten, nicht Verantwortung übernehmen, sondern dagegen sein, und da muss ich dann sagen, dann stimmt die Analyse von Angela Merkel. Derzeit ist mit den Grünen im wahrsten Sinne des Wortes kein Staat zu machen, sie fliehen aus der Verantwortung, anstatt sie für den Wähler zu übernehmen.

    Armbrüster: Christoph Ahlhaus war das von der CDU, der Bürgermeister von Hamburg.

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