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Air Berlin
Versteckspiel mit der Bilanz

Bereits zum zweiten Mal hat Air Berlin die Vorlage seiner Bilanz kurzfristig verschoben. Umso lauter werden die Spekulationen um ernsthafte Probleme bei der Airline. Fakt ist: Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft ist hoch verschuldet.

Von Dieter Nürnberger | 27.03.2014
    Wer zum zweiten Mal kurzfristig eine Bilanzvorlage verschiebt, muss sich wohl den Vorwurf des Kommunikationschaos gefallen lassen. Und statt verlässliche Zahlen eines Geschäftsberichts diskutieren zu können, wird nun umso wilder spekuliert. Sind die Bilanzen von Deutschlands zweitgrößter Fluggesellschaft vielleicht doch schlechter als angenommen? Bekannt ist, dass rund 800 Millionen Euro an Schulden auf Air Berlin lasten, und Branchenexperten gingen ohnehin von einem operativen Verlust für das abgelaufene Jahr von mehr als 110 Millionen Euro aus. Den bilanzierenden Blick zurück will das Unternehmen nun irgendwann im April leisten, ein genauer Termin werde noch bekannt gegeben.
    Ohnehin interessanter dürfte aber die künftige strategische Ausrichtung von Air Berlin. Da ist zum einen die arabische Fluggesellschaft Etihad, die seit Ende 2011 bereits knapp 30 Prozent am Unternehmen hält. Dass der große Anteilseigner sich eine stärkere Rolle bei Air Berlin wünscht, ist unbestritten. Und der Partner aus dem Golfstaat Abu Dhabi hat auch das Geld dafür. Vorstellbar - derzeit aber noch Spekulation - wäre eine Anteilsaufstockung auf knapp unter 50 Prozent. Diese Grenze zieht auch Ascan Iredi, der freie, unabhängige Finanzexperte äußerte sich heute Mittag im Deutschlandfunk:
    "Wer den deutschen Binnenmarkt bedienen möchte, muss einfach in seiner Beteiligung ein deutsches Unternehmen sein. Man darf also - als Etihad - auf keinen Fall mehr als 49,9 Prozent an dieser Gesellschaft halten. Sonst ist es kein deutsches Unternehmen mehr und damit würden die Lizenzen entfallen."
    Anteilseigner Etihad könnte Engagement ausbauen
    Etihad prüft derzeit auch einen Einstieg bei der ebenfalls angeschlagenen Alitalia. Durch dieses Engagement könnte zusammen mit Air Berlin eine Art regionale Partnerschaft mehrerer europäischer Fluggesellschaften entstehen.
    Deutsche Investoren könnten ebenso einspringen, diskutiert wird wohl auch eine Aufteilung der Fluggesellschaft in mehrere Geschäftsfelder. Auch ein Rückzug von der Börse ist im Gespräch. Der Börsenkurs ging in den vergangenen Tagen sprunghaft nach oben und unten. Börsenanalyst Ascan Iredi erklärt dies so.
    "Der erste Kursaufschlag war durchaus berechtigt. Denn die Idee war ja - gut, dann wird es wohl eine Abfindung geben. Und wenn es eine Abfindung gibt, dann kann man auch etwas verdienen - dann macht sogar ein kurzfristiger Kauf noch Sinn. Wir sehen aber nun schon, dass es am Ende kein großer Aufschlag sein wird. Der Privatanleger kann somit letzten Endes nicht wirklich einschätzen, was passiert. Deswegen ist es eher eine wüste Spekulation."
    Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft braucht auf jeden Fall eine Finanzspritze. Allerdings sind die Verhandlungen darüber - mit mehreren potenziellen Partnern - ins Stocken geraten.