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Akhanli frei mit Auflagen
Die Angst bleibt

Der Kölner Schriftsteller Dogan Akhanli ist nach seiner vorübergehenden Festnahme in Spanien wieder auf freiem Fuß, darf aber das Land nicht verlassen. Vor einer möglichen Auslieferung an die Türkei habe er allerdings immer noch Angst, sagte Akhanli in einem Interview mit der ARD.

Von Jens Borchers | 21.08.2017
    Der Autor Dogan Akhanli - hier auf der Lit.Cologne in Köln am 8. März 2017.
    "Das ist wie im Fall Denis Yücel", sagte Doğan Akhanlı im ARD-Interview. "Er ist einfach ein Journalist, es gibt keine offizielle Anklage, er ist einfach als Geisel genommen worden, weil Erdogan sauer ist, dass er ein kritischer Journalist ist." (picture alliance / dpa / Henning Kaiser)
    Doğan Akhanlı wirkt müde, aber fast erstaunlich entspannt nach seiner Freilassung. Acht Polizisten mit schusssicheren Westen hatten ihn am Samstagmorgen in einem Hotel in Granada festgenommen - weil die Türkei seine Auslieferung will. Mit Hilfe eines deutschen und eines spanischen Rechtsanwalts kam er frei:
    "Ich habe meinen Schock überwunden, weil ich jetzt auf spanischem Boden frei herumlaufen kann."
    Vorwürfe aus dem Jahr 1989
    Aber er darf Spanien nicht verlassen, muss sich einmal pro Woche beim spanischen Gericht melden. Die Türkei begründet das Auslieferungsersuchen mit Vorwürfen aus dem Jahr 1989. Deswegen war Akhanlı schon einmal in der Türkei der Prozess gemacht worden. Er wurde damals freigesprochen. Am Sonntag bekam er alle Vorwürfe von damals bei der Anhörung vor dem spanischen National Gericht wieder zu hören:
    "Heute habe ich noch mal gehört, dass ich ein Mörder sei, dass ich der Kopf einer terroristischen Organisation sei, mein Code-Name soll Dogan K. sein - also ich habe das vor sieben Jahren gehört, jetzt musste ich es wieder auf Spanisch hören. Das war nicht so toll."
    Doğan Akhanlı hat bittere Erfahrungen in türkischen Gefängnissen gemacht. Er sei damals gefoltert worden, sagt sein Anwalt. Aber die türkische Justiz konnte ihre Vorwürfe nie beweisen. Akhanlı glaubt, genau deshalb werde er jetzt wieder verfolgt:
    "Die große Türkei musste am Ende zugeben, dass sie einen so willkürlichen Prozess eröffnet und am Ende verloren haben. Das konnten sie nicht ertragen."
    Wie bei Yücel - weil er Journalist ist
    Akhanlı ist dankbar für die schnelle Unterstützung, die er nach seiner Festnahme in Spanien aus der deutschen Öffentlichkeit und aus der deutschen Politik bekommen habe. Aber er ist auch schockiert, dass die spanische Justiz derart gegen ihn vorgegangen sei, obwohl - wie Akhanlı sagt - die türkische Regierung ein Willkür-Regime sei:
    "Deshalb finde ich es ein bisschen gemein, dass die Spanier diese willkürliche Aufforderung der Türkei so ernst nimmt. Ich finde es schade."
    Akhanli meint, europäische Staaten müssten sich über die Vorgehensweise der türkischen Regierung mittlerweile doch im Klaren sein. Das habe man doch spätestens bei dem in der Türkei inhaftierten Journalisten Denis Yücel erlebt:
    "Das ist wie im Fall Denis Yücel: Er ist einfach ein Journalist, es gibt keine offizielle Anklage, er ist einfach als Geisel genommen worden, weil Erdogan sauer ist, dass er ein kritischer Journalist ist."
    "Angst habe ich schon"
    Doğan Akhanlı sagt, er sei von der spanischen Polizei korrekt behandelt worden. Über das Auslieferungsverfahren gegen ihn muss innerhalb von 40 Tagen entschieden werden, das letzte Wort dabei hat? die spanische Regierung.
    Bei aller Erleichterung, aus der Gefängniszelle raus zu sein, sagt Doğan Akhanlı:
    "Angst habe ich schon ein Stück weit, muss ich ehrlich sagen."
    Bis zur endgültigen Entscheidung muss Akhanlı in Spanien bleiben. Auf eigene Kosten.