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Aktion Dreikönigssingen
Sternsinger sammeln für indische Kinderarbeiter

Die Aktion Dreikönigssingen ist die weltweit größte Hilfsinitiative von Kindern für Kinder in Not, 300.000 kleine Sternsinger jährliche bundesweit nehmen teil. Im mittelhessischen Pohlheim ist das Sternsingen eine ökumenische Aktion mit Kindern aus katholischen, evangelischen und syrisch-orthodoxen Familien.

Von Anke Petermann | 04.01.2018
    Sternsinger ziehen am 29.12.2017 durch die Innenstadt von Trier (Rheinland-Pfalz) bei der bundesweiten Eröffnung der Aktion Dreikönigssingen.
    Sternsinger Ende Dezember bei der bundesweiten Eröffnung der Aktion Dreikönigssingen in Trier. (dpa/picture alliance/Harald Tittel)
    "Hallo, schön, dass ihr da seid heute, zu diesem zusätzlichen Termin!"
    30 Jungen und Mädchen begrüßt Kerstin Rehberg-Schroth an diesem Nachmittag im katholischen Pfarrzentrum Sankt Martin im mittelhessischen Pohlheim gekommen sind. Kinder, die noch nicht ausstaffiert sind, suchen sich an den Kleiderständern im Hinterzimmer ein Königs-Gewand aus weißem Oberteil sowie farbigem Rock und Umhang aus.
    "Ist ein Gummi, einfach drüberziehen!", ruft Beate Schmüser den drei 14-jährigen zu, die sich eisblaue Umhänge über den Kopf streifen. Darunter lugen weiße Messdiener-Gewänder hervor – die Mädchen begutachten und bewundern sich gegenseitig. Georgina ist erst vor fünf Monaten mit ihrer Familie aus Syrien geflohen, Margrita kam vor drei Jahren mit ihrer armenisch orthodoxen Familie und macht schon das zweite Mal beim Sternsingen mit, Tibelia ist in Deutschland geboren, ihre Muttersprache ist Aramäisch, die Sprache Jesu.
    Sternsingen verbindet Pohlheim über die Konfessionsgrenzen
    "Die Syrisch-Orthodoxen ziehen teilweise auch ihre eigenen Gewänder als Untergewänder an", erklärt Pastoralreferentin Kerstin Rehberg-Schroth. Seit vier Jahren machen die in Deutschland geborenen Kinder aus syrisch-orthodoxen Familien beim Sternsingen mit. Ihre Eltern kümmern sich um geflüchtete Landsleute und bringen auch deren Kinder mit zur Dreikönigs-Aktion. Schon seit Anfang der 2000er Jahre sind beim Pohlheimer Sternsingen auch Kinder aus protestantischen Familien dabei, die evangelischen Pfarrerinnen organisieren die ökumenische Aktion mit.
    "Ja, ich fand das Spitze, das wir das so in dieser Gemeinschaft machen. Wir lernen einfach im Team auch ganz viel voneinander. Und gerade die Sternsinger-Aktion ist einfach so eine so tolle Aktion, die uns über die Konfessionsgrenzen einfach alle verbindet."
    Von 18.000 Pohlheimern sind nur 2.500 Katholiken, allein würden sie ihrem Ziel, alle Haushalte in der Stadt zu besuchen, kaum näher kommen. Kerstin Rehberg-Schroth wendet sich wieder den Kindern zu, die sich im großen Kreis um ein goldglänzendes Samt-Tuch gesetzt haben.
    "Ich fänd 's toll, wenn ihr gerade nochmal guckt, was da auf dem Boden liegt." Unter anderem ein Holz-Stern, ein Weihrauchgefäß, eine Sammelbox und Kreide, um den Segensspruch an die Haustüren zu malen. C, M, B – die Initialen für Caspar, Melchior und Balthasar. Und für lateinisch "Christus mansionem benedicat" - Christus segne dieses Haus. Eines der Lieder, das die Kinder üben.
    "Wer gerne was sagen möchte, was für euch am wichtigsten ist, was euch am meisten bedeutet, und warum", fordert Rehberg-Schroth auf.
    Janosch, 14, deutet auf das Weihrauch-Gefäß auf dem Samt-Tuch in der Mitte: "Das Geschenk von den Heiligen Drei Königen an Jesus, und die haben was von ihrem Reichtum verschenkt an Maria, Josef und Jesus, die nichts hatten."
    "Super, danke!" lobt Pastroalreferentin Rehberg-Schroth.
    "Also für mich die Sparbüchse, weil wir ja Geld sammeln für die Kinder, die halt arbeiten müssen", was sich die neunjährige Lily bis vor kurzem nicht vorstellen konnte.
    Dreikönigsaktion 2018: Engagement gegen Kinderarbeit in Indien
    Zum Sternsingen gehören nicht nur Gesangsproben. Die Kinder besprechen auch das Thema, um das es beim Spendensammeln geht, in diesem Jahr also: Kinderarbeit in Indien.
    "In den Nachrichten hört man das immer mal", dass Kinder schuften müssen, anstatt zur Schule zu gehen, sagt Janosch. Den 14-Jährigen hat eine Dokumentation über Kinderarbeit in Indien beeindruckt, die er bei einem Sternsinger-Treffen gesehen hat. Sie ist Teil des umfangreichen Bildungsmaterials, das das Aachener Kindermissionswerk für die Aktion zur Verfügung stellt.
    Die Doku lässt eine Achtjährige aus der nordindischen Glasindustrie-Stadt Firozabad zu Wort kommen. Als Vollzeitkraft im Familienbetrieb kann das Mädchen kaum glauben, dass Gleichaltrige anderswo nicht den ganzen Tag arbeiten müssen.
    "Das sind so Kinder, die müssen so Glasringe zusammenschweißen für so Billig-Schmuck, und da entstehen halt so giftige Gase, und die atmen das halt ein. Und deshalb haben die nur eine Lebenserwartung bis 40. Und das ist halt schon traurig: Leute, die bis 100 leben könnten, aber, weil sie etwas tun, was unmenschlich ist, können sie nur die Hälfte ihres Lebens leben."
    In Pohlheim und ganz Deutschland bitten in diesen Tagen junge Sternsinger um Spenden - unter anderem für Bildungsprojekte, die den Kindern in Indien Auswege aus Arbeit und Armut ermöglichen. Fast 47 Millionen Euro sammelten die Kinder vor einem Jahr bundesweit. Tibelia und ihre Mitsänger hoffen, dass es dieses Mal mindestens genauso viel sein wird.