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Aktionstag gegen TTIP
"Der Schutz von Kultur und Medien ist nicht verhandelbar"

Mit einem Aktionstag gegen das Freihandelsabkommen TTIP haben die deutschen Kulturverbände ihre Forderung nach einem ausdrücklichen Schutz von Medien und Urheberrecht bekräftigt. Das sei auch nicht verhandelbar, sagte die Generalsekretärin des PEN-Zentrums Deutschland, Regula Venske, im DLF.

Regula Venske im Gespräch mit Karin Fischer | 21.05.2015
    Die Generalsekretärin der Autorenvereinigung PEN, Regula Venske
    Die Generalsekretärin der Autorenvereinigung PEN, Regula Venske (picture alliance / dpa)
    Karin Fischer: Der 21. Mai ist der Tag der kulturellen Vielfalt, und den haben der Deutsche Kulturrat und andere Organisationen kurzerhand zu einem "Kulturtag gegen TTIP" erklärt, um die Forderung nach einer Generalklausel im Freihandelsabkommen zum Schutz von Kultur, Medien und Urheberrecht zu unterstreichen. Mit dabei ist auch das Deutsche PEN-Zentrum, also die Schriftstellervereinigung dieses Landes, und deren Generalsekretärin Regula Venske habe ich gefragt, was ihre größte Sorge in Bezug auf das Freihandelsabkommen mit den USA ist.
    Regula Venske: Unsere Sorge betrifft natürlich, wie Sie gerade ja auch schon genannt haben, den Schutz von Kultur, Medien und Urheberrecht. Da gibt es bestimmte Ängste, die damit zusammenhängen, dass die Systeme in den USA und in Europa und in Deutschland zum Teil sehr unterschiedlich sind. Das muss man gar nicht gegeneinander ausspielen oder bewerten. Aber das ist sehr schwer vielleicht, dann auch der anderen Seite begreiflich zu machen, was einem da so wichtig ist.
    Ich war neulich in Mexiko bei einer internationalen PEN-Tagung und da habe ich den Begriff kulturelle Vielfalt benutzt, der bei uns jetzt ja auch von den Politikern Monika Grütters und vielen anderen ja auch benutzt wird als ein Wert in Europa, und da kam hinterher ein US-Amerikaner und sagte, ach, das sei ihm überhaupt noch gar nicht aufgegangen, dass die Europäer kulturelle Vielfalt als einen Wert begreifen. Das war so ein Beispiel dafür, dass man manchmal vielleicht aneinander vorbeiredet.
    Wir haben zum Beispiel in Deutschland ein sehr gutes Urheberrecht, das historisch gewachsen ist und das uns bestimmte Rechte gibt und das mit der Betonung auf "Urheberrecht" ja auch schon so genannt ist, während in den USA gibt es ein Copyright, das die Rechte desjenigen, der etwas verwertet, schützen will. Das ist ein ganz anderer Denkansatz. In den USA gibt es sehr viel private Förderung für Kultur, die wir hier so nicht haben, und wir haben dafür eine sehr gut funktionierende, doch immer noch trotz aller Mittelkürzungen, über die wir klagen, öffentliche Unterstützung von Kultur, und die Sorge ist, dass das wegfallen könnte. Wenn dann zum Beispiel ausländische Konzerne klagen können, dass sie benachteiligt werden, dann könnte so ein Szenario sein, dass Amazon den deutschen Staat verklagt, dass er benachteiligt wird, weil es hier bei uns eine Buchpreisbindung gibt.
    Fischer: Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat im Interview bei 3sat "Kulturzeit" zu Protokoll gegeben - ich zitiere ihn mal: "Wenn wir den Eindruck haben, die Texte sind nicht gut genug, die Kultur ist nicht gut genug geschützt, dann dürfen wir nicht zustimmen", woraus der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, nun sagt, jetzt müssen auch Taten folgen und diese Verhandlungstexte müssten offengelegt werden. Wir leiden ja gerade einfach unter dieser Intransparenz, dass die Texte nach wie vor nicht bekannt sind. Deswegen reden wir auch schon seit sechs Monaten immer über dieselben Dinge, wissen aber nicht ganz konkret, worum es geht.
    Die kritischen Stimmen sind breit aufgestellt
    Venske: Ja, das ist natürlich genau das Problem, dass das ja erst wirklich hinter verschlossenen Türen verhandelt wurde, und ich denke, wir haben jetzt auch mit unserer Kulturstaatsministerin eine kluge Frau, die da auch das gut erkannt hat. Sigmar Gabriel haben Sie jetzt gerade zitiert. Aber das ist genau richtig. Da muss man wirklich wachsam sein, wie viele Runden da noch angesetzt sind.
    Ich habe ja eben von diesem Gipfeltreffen verschiedener PEN-Zentren in Mexiko berichtet, und als ich dann sagte, jeder sollte berichten, was die Sorgen des eigenen PEN-Zentrums gerade sind, und als ich da über die Freihandelsabkommen gesprochen habe, die in der Planung und in der Arbeit sind, da hat sich dann hinterher eine Mexikanerin geäußert, anknüpfend an meine Worte, und hat gesagt, "free trade has been the entrance to hell and hell itself", und hat dann Beispiele berichtet, die sie in Mexiko schon erlebt haben mit NAFTA. Das betraf dann vor allen Dingen Umweltschutzpunkte. Insofern sind wir ja wirklich auch in diesen kritischen Stimmen sehr breit aufgestellt. Es gibt ja ein Fünf-Punkte-Papier, das das Deutsche PEN-Zentrum jetzt auch mit unterzeichnet hat, und da ist ja auch der Deutsche Städtetag und da sind Umweltschutz und Gewerkschaften. Das betrifft ja einen sehr breiten Bereich unserer Arbeitsrechtsbestimmungen, unserer Umweltschutzstandards, und die Kultur ist ein Bereich davon.
    Fischer: Aber was die Kultur betrifft, Frau Venske, was fordern Sie konkret?
    Venske: Wir fordern, genau wie auch unsere Kulturstaatsministerin, dass es eine kapitelübergreifende Generalklausel gibt in diesem geplanten Abkommen zum ausdrücklichen Schutz von Kultur, Medien und Urheberrecht. Die stehen für uns nicht zur Debatte und die sind nicht verhandelbar.
    Fischer: Regula Venske, die Generalsekretärin des Deutschen PEN-Zentrums, zum Kulturtag gegen TTIP.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.