Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Aleppo
"Die gefährlichste Stadt der Welt"

Wie kann man helfen in Aleppo, in einer Stadt, in der Krieg herrscht? Die Rettungsorganisation Weißhelme versucht es. Und die Helfer erleben, wie Kampfjets am Himmel und Bombeneinschläge zum Alltag der Menschen gehören.

Von Carsten Kühntopp | 16.08.2016
    Nach Luftangriffen auf die umkämpfte nordsyrische Stadt Aleppo suchen Rettungskräfte in den Trümmern nach Verletzten.
    Jeden Tag sterben Menschen bei Luftangriffen auf die umkämpfte nordsyrische Stadt Aleppo (imago/ZUMA Press)
    Der Osten von Aleppo, die Männer mit den Weißen Helmen im Einsatz. In einem Feuerwehrlaster geht es durch ein schwer zerstörtes Stadtviertel, rechts und links der Straße Gebäudetrümmer. Bei diesem Einsatz können sie nicht mehr helfen: Am Straßenrand eine Leiche, die Männer schlagen sie in ein Tuch und bringen sie weg.
    Die Bilder, die die Nachrichtenagentur AP verbreitet, gefilmt vor ein paar Tagen, geben einen seltenen Einblick in das Leben der Menschen in Ost-Aleppo; dieser Stadtteil ist seit Wochen von Regierungseinheiten eingekesselt. Ismail Abdullah macht bei den Weißhelmen mit, eine Rettungsorganisation, die in Rebellengebieten arbeitet:
    "Aleppo ist die gefährlichste Stadt der Welt. Die Situation ist dermaßen gefährlich - den ganzen Tag hören wir Luftangriffe. Und jeden Tag werden weitere Menschen getötet."
    "Wir fühlen nichts mehr"
    Und wie um Ismail Abdullah zu bestätigen, sind gleich die nächsten Einschläge zu hören.
    "Wir hören die Bombardierungen, so klingen sie. Dass sich die Russen eingeschaltet haben, hat alles verändert. Es gibt ständig Angriffe - auf Einrichtungen des Zivilschutzes, auf Krankenhäuser, auf Schulen, auf Marktplätze. Heute gab es wieder einen Luftangriff auf ein Krankenhaus in der Stadt."
    Wann immer die Kampfjets über der Stadt auftauchen, schauen die Menschen nach oben, auch diese Kinder. Wo die tödliche Fracht der Flugzeuge einschlägt, wissen alle immer erst dann, wenn es zu spät ist - sicher ist niemand. Zedoun al-Zoabi führt die Vereinigung Syrischer Hilfsorganisationen:
    "Ob Kinder oder Erwachsene - wir sind mittlerweile alle unempfindlich geworden, desensibilisiert. Wir fühlen nichts mehr. Ich habe es selbst gesehen, in Aleppo, als eine Fassbombe runterging. Das war eine gewaltige Explosion - ein Kind hörte es - und hob die Arme, wie, um zu tanzen. Als wenn das für sie jetzt Musik geworden ist."
    "Das normale Leben sind Kampfjets am Himmel"
    Anstehen vor einem Laden, wo plötzlich etwas zu essen aufgetaucht ist. Geduldig wartet jeder, bis er an der Reihe ist und etwas kaufen kann. Diese Jungs spielen an einer Hausecke mit Murmeln. Die Einschläge der Bomben nehmen sie offenbar kaum noch wahr, sagt Zedoun al-Zoabi:
    "Das normale Leben - das bedeutet für sie: Bombenangriffe. Das normale Leben sind Kampfjets am Himmel und die Luftangriffe. Das normale Leben bedeutet, dass es nichts zu essen gibt und kein Wasser. So ist das jetzt."