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Alexander Stubb gegen Manfred Weber
Weltgewandte Konkurrenz aus Finnland

Die europäischen Konservativen schicken zwei Männer ins Rennen um die EVP-Spitzenkandidatur. Wer gewinnt, hat Aussicht Nachfolger von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zu werden. Ein Ex-Regierungschef gegen einen CSU-Politiker. Ein Finne gegen einen Deutschen. Der Startschuss ist gefallen.

Von Peter Kapern | 18.10.2018
    Finnlands Finanzminister Alexander Stubb bei eine Treffen mit seinen europäischen Amtskollegen in Luxemburg.
    Der finnische Politiker Alexander Stubb will für die EVP kandidieren. (picture alliance / dpa / EPA)
    Alexander Stubb drängelt. In fünf Minuten soll´s losgehen, ruft er. Bloß keine Zeit verlieren. Noch drei Wochen bis zum Parteitag der EVP. Und jetzt will er seine Kampagne starten. Aber es dauert eine ganze Weile, bis die 200 Neugierigen, die seinen Auftritt verfolgen wollen, einen Platz in dem hoffnungslos überfüllten Café gefunden haben. Als es dann endlich losgehen kann, bedankt sich Alexander Stubb brav für das große Interesse.
    Vier Sprachen in sechs Sekunden. Und das sind längst nicht alle, die er drauf hat. Manfred Weber spricht nur Englisch. So einigermaßen. Da steht Stubb lässig mitten im Raum, das Mikro in der Hand. In seinen schwarzen Designerklamotten sieht er eher aus wie ein Galerist, der gerade eine Vernissage eröffnet. Und ganz und gar nicht wie die anderen Europapolitiker, die in Schlips und Kragen durch Brüssel hetzen. Kein Wunder, dass er gefragt wird, ob er ein Anti-Establishment- Kandidat sei:
    "Ich war Regierungschef, ich war Finanzminister und Außenminister. Also ich bin nun wirklich etabliert. Aber ich will die Dinge anders machen, das ist klar."
    Alexander Stubb tritt anders auf als Manfred Weber
    Alexander Stubb ist vier Jahre älter als sein Konkurrent aus Bayern. Aber plötzlich sieht Manfred Weber richtig alt aus. Während Weber, der CSU-Abgeordnete, der auch für die EVP kandidieren will, still und leise durch die Mitgliedstaaten reist, um für sich zu werben, startet der Finne Alexander Stubb eine regelrechte Wahlkampagne. Mit einem gedruckten, knackig kurzen sechs-Punkte Programm, mit Plakaten und einem kleinen Wahlkampfteam.
    Ein kleines Budget habe er nur, und auch nur eine kleine Mannschaft, sagt Stubb, aber sie versuchten, so laut wie möglich zu sein. Das Ziel ist es, der EVP, die sich Anfang November zum Parteitag trifft, um ihren Spitzenkandidaten zu küren, einen Vorgeschmack zu liefern auf den Wahlkampf, den Stubb um das Kommissionspräsidentenamt führen würde. Wenn er denn Spitzenkandidat wird. Beide, Weber und Stubb, wollen die Werte der EU gegen Angriffe von Innen und Außen verteidigen, sagen sie. Aber Stubb geht dabei weiter als Weber. Der Bayer hält Victor Orbans Fidesz-Partei die Treue. Trotz des Rechtsstaatsverfahrens, das gegen Ungarn gestartet wird. Stubb macht klar, dass er Fidesz am liebsten aus der EVP rauswerfen würde. Keine Toleranz der Intoleranz gegenüber, sagt er. Und schlägt vor, die Fidesz-Mitgliedschaft in der EVP mindestens auszusetzen, bis über das Rechtsstaatsverfahren entschieden ist.
    Hinten im Saal ein schmaler, grauhaariger Mann, der die Szenerie mit wohlwollendem Lächeln verfolgt. Brent Nelson heißt er, Politikwissenschaftler aus South Carolina, der frühere Professor des finnischen Politikers.
    Richtig stolz sei er auf Alexander Stubb, vier Jahre lang habe der Finne an seiner Uni richtig Eindruck gemacht, erzählt Brent Nelsen. Und alle hätten gewusst, dass er es ganz nach oben schafft. Alexander Stubb könnte der doch sehr traditionellen EVP neue Energie verschaffen, sagt der Professor, und zieht dann einen Vergleich, der Stubb auf eine Stufe mit einem ganz großen Europapolitiker stellt:
    So eine Energie habe er bei keinem EU-Politiker mehr entdeckt – seit Jacques Delors.