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Allergikerschreck mit verführerischem Namen

Umwelt. - Ambrosia – für die griechischen Götter war es ein köstlicher Trank, heutige Heuschnupfengeplagte steht es für eines der stärksten Allergene, die wir kennen. In Deutschland mussten Asthmatiker und Heuschnupfengeplagte, sich bislang aber kaum Gedanken um die Ambrosia machen. Doch das könnte sich bald ändern, die Ambrosia steht beginnt sich auszubreiten und der Klimawandel bereitet ihr den Weg.

Von Volkart Wildermuth | 05.06.2008
    Ambrosia ein schöne Namen für ein unscheinbares Gewächs. Die Pflanze kleidet sich in schlichtes Grün, ihre Blätter ähnlich denen der Farne, die Blüten kaum zu erkennen. Diese Diskretion weist schon auf das Problem hin. Die Ambrosia lockt keine Insekten zur Bestäubung an, sie vertraut dem Wind ihre Pollen an. Und die haben es in sich, meint Professor Wolfgang Petro vom Gesundheitszentrum Schlossberghof in Bad Reichenhall.

    "Ambrosia hat zwei Besonderheiten, einmal ist die Pollenanzahl pro Blütenstand sehr hoch, das heißt, die Pflanze schüttet viel aus an Allergen. Und zum zweiten ist das Problem, dass wir im Pollen sehr, sehr aggressive Eiweiße haben, die wir nicht unbedingt in allen Pflanzen so finden."

    Schon zehn Pollen pro Kubikmeter Luft reichen aus, einen Heuschnupfenanfall auszulösen. In Nordamerika, der Heimat der Ambrosia, reagiert fast ein Viertel der Bevölkerung allergisch auf diese Pollen. In Deutschland müssen vor allem Gräser- und Roggenallergiker damit rechnen, von einer Ambrosiapflanze einen Niesanfall zu bekommen. Zumindest in der Theorie. Noch ist die Belastung mit Ambrosiapollen eher gering, das zeigen die Pollenfallen des Meteorologischen Institutes der Freien Universität Berlin. Dort hat Thomas Dümmel gezielt nach den aggressiv stachelig wirkenden Pollen gesucht. Besonders in den sehr heißen Sommern 2003 und 2006, fanden sich bis zu 60 Ambrosiapollen pro Kubikmeter Luft. Solche sonnigen Sommer werden nach den Klimaprognosen schon bald der Normalfall sein. Dümmel:

    "Wenn sich die Mitteltemperatur ein halbes, ein Grad erhöht, dann haben wir diese Zustände wo schon viel Ambrosia war, dann regelmäßig. Also das sind gar keine rosigen Aussichten."

    Seit 24 Jahren werden in Berlin die Pollen ausgewertet, in dieser Zeit hat sich der Beginn der Pollensaision langsam nach vorne verlagert. Vom Januar in den Dezember, eine Folge der wärmeren Winter. Dümmel:

    "Also da hat sich für die Allergiker einiges verändert, die Zeit zum Durchatmen im Jahr ist sehr viel kürzer geworden. Wir haben jetzt eigentlich fast nur noch den November wo man durchatmen kann, da nämlich auch am Ende des Jahres jetzt eine neue Pflanze hinzugekommen ist, nämlich die Ambrosia, die die Belastungszeit bis in den Oktober hinein erweitert."

    Die blüht und verteilt ihre Pollen von Juli bis Oktober, bei mildem Wetter sogar bis in den November. Frankreich, Italien, Österreich oder Ungarn kämpfen schon heute gegen einen massiven Ambrosiabewuchs, in Deutschland ist die Pflanze noch selten. Dr. Stefan Nawrath von der Projektgruppe Biodiversität und Landschaftsökologie im Hessischen Friedberg, hat sie vor allem in Süddeutschland und in Brandenburg entdeckt. Rund um Cottbus finden sich ganze Haferfelder, die von Ambrosia überwuchert sind. Doch das ist die Ausnahme. Nawrath:

    "Weil die Bestände überwiegend noch klein sind, sind auch noch nicht so viel mehr Pollen in der Luft, das heißt für Allergiker, dass sie derzeit noch keine Angst haben müssen vor Ambrosia."

    Die Pflanze wird vor allem über verunreinigtes Vogelfutter verbreitet. 70 Prozent der Packungen sind nach einer Untersuchung von Stefan Nawrath mit Ambrosia belastet. Bis eine Reinigung des Futters, wie etwa in der Schweiz, gesetzlich vorgeschrieben ist, sollte man gezielt ámbrosiafreies Vogelfutter kaufen. Denn noch besteht die Chance dieses potente Allergen aus Deutschland fernzuhalten. Nawrath:

    "Ambrosia ist noch selten, wir wissen aber aus dem Ausland, aus Österreich, aus Frankreich, Italien, dass die Pflanze sich in kurzer Zeit sehr stark ausbreiten kann. Wir stehen im Deutschland noch am Anfang der Ausbreitung und haben es jetzt noch in der Hand die weitere Ausbreitung zu verhindern."

    In der Hand im wörtlichen Sinne. Der effektivste Weg, die Ambrosia loszuwerden, ist die Pflanze samt Wurzel einfach auszureißen und in den Hausmüll zu werfen. Ab besten jetzt, wenn sie noch keine Blüten trägt. Unter ambrosiainfo.de kann man Bilder der Problempflanze ansehen. Dann heißt es Handschuhe anziehen und selbst für den Naturschutz und die Gesundheitsvorsorge aktiv werden.