Donnerstag, 18. April 2024

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Allianz der Multilateralisten
Kontrapunkt zu Rückzugstendenzen der USA

Mit der Allianz der Multilateralisten wollen Deutschland und Frankreich den US-amerikanischen Rückzugstendenzen aus internationalen Verträgen und Organisationen einen Kontrapunkt setzen. Das bekräftigten die Außenminister der beiden Länder, Heiko Maas und Jean Yves Le Drian, am Rande der UN-Sicherheitskonferenz in New York.

Von Thilo Kößler | 03.04.2019
Das Foto zeigt die Außenminister von Frankreich und Deutschland, Jean-Yves Le Drian und Heiko Maas.
Nächster Schulterschluss: Jean-Yves Le Drian und Heiko Maas auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in New York (AFP / Don Emmert)
Der Schulterschluss zwischen Deutschland und Frankreich war auf dieser UN-Sicherheitsratssitzung unter deutschem Vorsitz ebenso zu erkennen wie auf der gemeinsamen Pressekonferenz von Frankreichs Außenminister Jean Yves Le Drian und Bundesaußenminister Heiko Maas: Beides sollte der gemeinsamen Initiative der beiden Staaten einen erfolgversprechenden Start verschaffen - nämlich eine sogenannte Allianz der Multilateralisten ins Leben zu rufen. "Der Multilateralismus ist in seiner Funktionsweise bedroht."
Erhalt der regelbasierten Weltordnung
Das Schlagwort vom Multilaterismus umschreibt die werteorientierte und regelbasierte Weltordnung der Nachkriegszeit mit ihren internationalen Verträgen und Organisationen, die die Welt sicherer und stabiler gemacht haben – doch diese Ordnung zeigt im Zeichen von Donald Trumps politischer Doktrin des "America First" und der Renaissance des Nationalismus in vielen anderen Staaten deutliche Erosionserscheinungen. Dieser Entwicklung soll ein deutliches politisches Signal entgegengehalten werden, sagte Heiko Maas.
"So verschieden unsere Perspektiven auf einzelne Fragen sind, so groß ist das gemeinsame Interesse, den Kern derregelbasierten Ordnung zu erhalten und ein jeder gegen jeden zu verhindern."
Diese Initiative setze allerdings kein Signal der Ausgrenzung, sondern stehe allen offen, die das Ziel einer regelbasierten Weltordnung teilen, sagte Maas. Gleichwohl ist diese Allianz ein deutlicher Kontrapunkt zu dem US-amerikanischen Rückzugstendenzen aus internationalen Verträgen und Organisationen. Mit Donald Trump habe er allerdings noch nicht über diese Initiative sprechen können, sagte Maas. "Letztlich muss das jeder selber wissen, auf welcher Seite er steht."
Nukleare Abrüstung seit langer Zeit wieder Thema
Besonders deutlich zeigen sich die Erosionsprozesse an den veränderten Vorzeichen der Debatte über die nukleare Abrüstung. Seit die Vereinigten Staaten und Russland den INF-Vertrag zur Abschaffung nuklear bestückter Mittelstreckenraketen aufkündigten, droht ein neuer Rüstungswettlauf. Zudem hat sich die Zahl der Nuklearstaaten deutlich erhöht. Vor diesem Hintergrund wertete es Maas als Erfolg, dass sich der UN-Sicherheitsrat seit langer Zeit überhaupt einmal wieder mit der Frage der nuklearen Abrüstung befasst habe.
"Abrüstung stand zuletzt 2012 auf der Agenda des Sicherheitsrates und gerade in Zeiten der Krise brauchen und müssen wir mehr wieder über Abrüstung und Rüstungskontrolle sprechen."
So sei es gelungen, eine gemeinsame Erklärung zum Atomwaffensperrvertrag zu verabschieden, der im nächsten Jahr bei einer sogenannten Überprüfungskonferenz zum 50. Jahrestag seines Bestehens auf den Prüfstand gestellt werden soll. "Wir haben trotz großer Meinungsunterschiede im Konsens ein Statement verabschiedet, dass die Errungenschaften des Vertrages würdigt."
Wenig Chancen, INF-Vertrag noch zu retten
Schon unmittelbar nach der Sitzung des UN-Sicherheitsrates hatte Maas erklärt, er sehe angesichts der verhärteten Fronten zwischen den USA und Russland wenig Chancen, den INF-Vertrag noch zu retten. "Ich bin skeptisch, weil ich glaube, dass es neben den Verstößen, die es offensichtlich in Russland oder von Russland gibt, es insbesondere Russland und den USA auch darum geht, dass nur sie beide Vertragsparteien sind, aber andere Länder wie China, Nordkorea längst in diesem bereich aufgerüstet haben."
Die Kündigungsfrist für den INF-Vertrag läuft am 2. August aus. Einen neuen Vertrag unter Einbeziehung junger Atomstaaten wie China oder Nordkorea ins Leben zu rufen, wird nach den Worten des Bundesaußenministers "keinesfalls einfach".