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Allianz-Studie
Globales Vermögen sinkt erstmals seit der Finanzkrise

Für Sparer und Anleger war das vergangene Jahr durchwachsen - das zeigt sich auch beim Geldvermögen der Menschen, wie ein jährlich erscheinender Bericht der Allianz zeigt. Erstmals seit der Finanzkrise 2008 ist das weltweite Bruttovermögen leicht geschrumpft.

Von Mischa Ehrhardt | 18.09.2019
Illusration: Ein reicher und ein armer Mann sitzen in jeweils einem Sparschwein - mit und ohne Geld.
Deutschland sich dem allgemeinen Trend entziehen. Hier sind die Vermögen auch im vergangenen Jahr gestiegen. (imago images / Ikon Images)
Handelskriege, Brexit und geopolitische Spannungen vielerorts - all dies hat die Finanzmärkte im vergangenen Jahr in ihren Bann geschlagen. Und das lässt sich auch an den Vermögen weltweit ablesen.
"Die Finanzmärkte waren der Spiegel all dieser Unsicherheiten und das erzeugt am Ende keine Gewinner. Dinge wie ein Handelskrieg, die machen alle zu Verlierern, und das können wir auch in der Vermögensentwicklung des letzten Jahres sehen", sagt der Chefvolkswirt der Allianz-Gruppe, Michael Heise.
So sind die Bruttovermögen weltweit um 0,1 Prozent zurückgegangen. Und zum ersten Mal trifft der Rückgang Industrie- und Schwellenländer gleichermaßen. Selbst auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Jahr 2008 war das nicht der Fall.
Europäer und Amerikaner nicht mehr Teil der globalen Oberschicht
Für ihren Vermögensbericht hat die Allianz 53 Länder weltweit untersucht und dabei die Bestände an Bargeld, Bankeinlagen, Wertpapieren und Ansprüche gegenüber Versicherungen und Pensionsfonds in den Fokus der Analyse genommen. Dabei konstatiert Studienautor Arne Holzhausen gerade für die USA und Europa einen Rückgang von Menschen, die sich - was ihre Vermögen betrifft - der globalen Oberklasse zurechnen können. Allerdings sind das im Vergleich zu anderen Ländern in der Welt nicht die Reichsten in den USA und Europa.
"Das ist eher die Mitte der Gesellschaft gewesen - die noch am Anfang des Jahrtausends sagen konnte: 'Im globalen Maßstab gehöre ich zu den Oberen, aber mittlerweile eben nicht mehr' - die runter gegangen sind, die abgerutscht sind. Und diese Entwicklung erklärt natürlich auch einige der politischen Schwierigkeiten, die wir in letzter Zeit, gerade in diesen beiden Regionen, gesehen haben."
Die Deutschen sparen gegen die Minizinsen an
Blickt man auf die Vermögen hierzulande sind zwei Trends auffällig: Zum einen konnte Deutschland sich dem allgemeinen Trend entziehen - denn hier sind die Vermögen insgesamt um 2,2 Prozent auch im vergangenen Jahr gestiegen. Denn die Deutschen zählen weltweit und innerhalb Europas quasi zu den Sparweltmeistern: Eine Rekordsumme von knapp 250 Milliarden Euro haben sie im vergangenen Jahr ihrer Vermögensbildung neu zugeführt, sprich: angelegt oder zum Sparen geparkt. Michael Heise:
"Das ist so viel, wie im gesamten übrigen Euroraum zusammen. Also: Die Deutschen sparen mit Macht gegen diese Dürre bei Zinsen und bei den Kapitalerträgen an."
Die Sparneigung hierzulande hat sogar die Verluste an den Aktienmärkten mehr als ausgeglichen, sodass ein Zuwachs an Vermögen unter dem Strich steht - auch wegen eines gut laufenden Arbeitsmarktes und steigenden Löhnen.
In der Rangliste der Pro-Kopf-Vermögen rangiert Deutschland nach wie vor auf Platz 18 weltweit, führend sind hier mit Abstand nach wie vor die USA und die Schweiz.
Vermögen in Deutschland ungleich verteilt
Das sagt aber noch nichts über die Verteilung der Vermögen aus. Denn da gehören die USA immer zu den Ländern, wo die Vermögen ziemlich ungleich verteilt sind. Doch auch Deutschland ist in dieser Rangfolge um zwei Plätze auf nur noch Platz 20 abgerutscht.
"Deutschland gehört leider nicht zu den egalitären Ländern, im Gegenteil, eher zu denen, wo die Vermögensverteilung relativ ungleich ist. Zwei Plätze nach unten ist jetzt allerdings auch keine dramatische Entwicklung", sagt Arne Holzhausen.
Für die nahe Zukunft schätzen die Ökonomen, dass die Lage an den Finanzmärkten Risiken ausgesetzt ist. Zudem seien die Renditeerwartungen für Vermögen eher mau. Das könnte die Sparanstrengung hierzulande verstärken - und sich so möglicherweise negativ auf die Konjunktur auswirken. Denn je mehr gespart wird, desto weniger Geld bleibt für Konsum.