Samstag, 20. April 2024

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Alte Musik im Tessin
Das Festival „Cantar di Pietre”

Das traditionsreiche Herbstfestival in Lugano fand im Pandemiejahr 2020 zwar nur in reduzierter Form statt, dennoch gab es einen roten Faden. Viele Programme orientierten sich an einzelnen musikalischen Kodizes und dabei entstand ein bunter Reigen von geistlichen und weltlichen Werken.

Am Mikrofon: Rainer Baumgärtner | 06.06.2021
    Sechs Mäner stehen nebeneinander in einem romanischen Kreuzgang und schauen in die Kamera. Sie tragen schwarze Konzertkleidung und haben kurze Haare.
    Das Ensemble "Profeti della Quinta" wurde 2009 von Elam Rotem (3. v.r.) in Galiläa gegründet und wirkt heute von Basel aus. (Mel e lac)
    "Zurück zu den Quellen", so lautete im vergangenen Jahr die Devise der Veranstalter des Festivals "Cantar di Pietre" in Lugano. Es ging darum, den Prozess des Aneignens musikalischer Quellen durch Alte-Musik-Ensembles in den Mittelpunkt zu rücken. Besonders interessant war es, wenn Programme ausschließlich um ganz bestimmte Handschriften oder Drucke herum gebaut waren.
    Der blinde florentinische Organist Francesco Landini stand im Mittelpunkt des Auftrittes von Guillermo Pérez mit dem Organetto, der um den Hals gehängten Kleinorgel. Landinis Werke sind zum Großteil im Squarcialupi-Codex erhalten.
    Die Baseler Formation La Pedrina stellte Madrigale von Luca Marenzio aus einem Druck vor, dem der Komponist noch eine zusätzliche Continuo-Stimme hinzugefügt hat.
    Ebenfalls in Basel beheimatet ist das Ensemble Profeti della Quinta. Es präsentierte virtuose liturgische Solo-Motetten aus dem Manuskript eines "Carlo G.", über den nichts weiter bekannt ist. Dieser Zufallsfund erwies sich als unschätzbar wertvoll für die Kenntnis über die Ornamentierungskunst zu Beginn des 17. Jahrhunderts.
    Weiter ging es mit Nova Ars Cantandi in das Neapel des 18. Jahrhunderts. Das italienische Ensemble stellte polyphone Responsorien für die Karwoche vor, die Leonardo Leo exklusiv für den Hof des dortigen Vizekönigs komponiert hat.
    Francesco Landini, Luca Marenzio, Carlo G., Leonardo Leo u.a.
    Ballate, Madrigale, Solo-Motetten und Responsorien

    Guillermo Pérez, Organetto
    La Pedrina
    Leitung: Francesco Saverio Pedrini
    Profeti della Quinta
    Leitung: Elam Rotem
    Nova Ars Cantandi
    Leitung: Giovanni Acciai
    Aufnahmen vom 27.9., 17.10., 19.10 und 24.10.2020 aus Kirchen in Bellinzona, Lugano und Mendrisio (Schweiz)