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Alternative Energieerzeugung
Forscher untersuchen Ammoniak-Brennstoffzelle

Chemie. - In Ammoniak ist ungefähr gleich viel chemische Energie gespeichert wie in Benzin oder Dieselkraftstoff. Für den Einsatz in Verbrennungsmotoren erreicht er allerdings nicht die nötige Effizienz, doch Chemiker untersuchen jetzt sein Potential als Energieträger in einer Brennstoffzelle.

Von Hellmuth Nordwig | 22.11.2013
    In einer Brennstoffzelle läuft eine Verbrennung ohne Flamme ab. Die chemische Energie, die im Brennstoff steckt, wird in Strom umgewandelt. Dabei kommen verschiedene Brennstoffe in Frage. Unter anderem Ammoniak, eine der wichtigsten Grundchemikalien. Er lässt sich leicht verflüssigen, und in dieser Form ist in Ammoniak etwa so viel Energie gespeichert wie in Benzin. Wird er in einer Brennstoffzelle eingesetzt, entstehen als Abgase nur Stickstoff und Wasser. Dass so eine Ammoniak-Brennstoffzelle im Prinzip funktioniert, ist schon lange bekannt, sagt der Chemiker Sven Schneider, Professor an der Universität Göttingen.
    "Die erste Realisierung einer Ammoniak-Brennstoffzelle, die wirklich mit Ammoniak betrieben werden kann, liegt zurück in den 1960er-Jahren. Damals sind eine Veröffentlichung und ein erstes Patent erschienen. Es gibt viele Probleme: Die Stromdichten sind noch sehr niedrig, die Stabilität von Membranen ist ein Problem, das noch gelöst werden muss. Aber die Realisierbarkeit ist gezeigt."
    Die erwähnte Membran trennt die zwei Kammern, die es in jeder Brennstoffzelle gibt. Diese Trennwand ist nötig, damit die Reaktion kontrolliert abläuft und man Strom gewinnen kann. Woraus sie besteht, hängt vom Brennstoff ab. Wird Wasserstoff verwendet, dienen häufig Kunststoffe als Membranen. Es kommen auch Schmelzen oder Keramiken in Frage. Doch Ammoniak stellt ganz besondere Anforderungen an die Membran. Denn die Chemikalie reagiert basisch, verhält sich also wie eine starke Lauge. Schneider:
    "Die Membran ist ein großes Problem für den Ammoniak. Es gibt Festkörperoxide, die eingesetzt wurden in den letzten Jahren, die für die Ammoniak-Brennstoffzelle in Frage kommen. Die Langzeitstabilität ist da bisher nicht gut untersucht worden. Also das ist alles in einem sehr frühen Stadium."
    Die Göttinger Chemiker beschäftigt ein anderes Problem. Ammoniak ist zwar im Prinzip ein energiereicher Brennstoff, aber trotzdem nur schwer entflammbar. Man muss also erst einmal Energie hineinstecken, um die Reaktion in Gang zu bekommen. Das ist auch bei der Umsetzung in einer Ammoniak-Brennstoffzelle nicht anders, und die ist deshalb bisher wenig effizient. Katalysatoren sollen der Reaktion in der Zelle auf die Sprünge helfen.
    "Wir verwenden bisher Iridium-Verbindungen. Das sind lösliche Katalysatoren. Aber sicherlich wäre es einfacher, dann den Katalysator an einer Oberfläche aufzubringen wie zum Beispiel einer Membran. Solche Techniken sind durchaus etabliert; das wäre sicherlich nicht die Schwierigkeit."
    Die Iridium-Katalyse funktioniert – so viel kann Sven Schneider schon sagen. Ob sie dazu beiträgt, die Ammoniak-Brennstoffzelle praxistauglich zu machen, das ist noch nicht klar. Sie ist noch bei Weitem nicht so umfangreich erforscht wie andere Brennstoffzellen-Reaktionen, zum Beispiel die von Wasserstoff oder Methanol.
    "Die Ammoniak-Brennstoffzelle ist im Moment ein akademisches Problem. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass wir auf der Suche nach zukünftigen Energiespeichern alle Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen, untersuchen. Und davon ist die Ammoniak-Brennstoffzelle eine. Es gibt sicherlich andere, sehr vielversprechende Möglichkeiten, Energie in Form von kleinen Molekülen zu speichern und freizusetzen. Ob das irgendwann in einer kommerziellen Form erhältlich sein wird, das ist an dem Punkt nicht abzuschätzen."
    Doch wenn es soweit kommt, wird die Ammoniak-Brennstoffzelle am ehesten dazu dienen, kurzfristig auftretenden Strombedarf zu decken. Eine mögliche Ergänzung im Energiemix der Zukunft.