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Altmaier in Moskau
Mehr Ziele als der ukrainische Gas-Transit

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ist während einer besonderen Gemengelage der deutsch-russischen Beziehungen zu Besuch in Moskau: Einerseits will die Bundesregierung das Iran-Abkommen mit Russland am Leben erhalten. Aber auch der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine soll entschärft werden.

Von Theo Geers | 15.05.2018
    Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU)
    Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) (imago / Thomas Trutschel)
    Vordergründig geht es bei Peter Altmaiers Gesprächen in Moskau um die Gaspipeline Nordstream 2. Sein Ziel ist klar: Wenn der zweite Strang der Ostseepipeline wahrscheinlich 2020 in Betrieb geht, soll die Ukraine, das bisherige Transitland, nicht vom Gastransport abgehängt werden. Obwohl Russland genau das, den ungestörten Gastransport, mit der Ostseepipeline eigentlich anstrebt. Und auf den ersten Blick fehlen überzeugende Argumente, warum der russische Gazprom-Konzern sein Erdgas weiter durch die Ukraine transportieren soll - und das auch noch gegen hohe Gebühren - , wenn er bald über genügend eigene Pipeline-Kapazitäten am Grund der Ostsee verfügt. Doch Bundeswirtschaftsminister Altmaier will die russische Regierung überzeugen, dass auch sie zu einer ökonomisch stabilen Ukraine beitragen muss:
    "Der zweite Punkt ist: Die Ukraine ist seit vielen Jahrzehnten ein Gas-Transitland und wir sind der Auffassung, dass die Ukraine ein Transitland bleiben soll. Unabhängig davon ob und wann Nordstream fertig wird. Wir glauben, dass eine Lösung der Ukrainekrise auch im Interesse Russlands vordringlich ist, weil wir für eine ganze Region neuen Entwicklungsperspektiven schaffen können."
    Denkbar wäre deshalb eine Vereinbarung, nach der Russland zusagt, auch künftig eine Mindestmenge an Gas über die Pipelines der Ukraine nach Westeuropa zu leiten. Dies könnte das gegenseitige Vertrauen zwischen Kiew und Moskau fördern. Es käme nebenbei auch Deutschland zupass, das die Ostseepipeline Nordstream 2 grundsätzlich befürwortet, durch das Projekt aber nicht die Ukraine treffen oder schwächen will. Tatsächlich geht es bei Peter Altmaiers Gesprächen in Moskau aber um viel mehr: Deutschland will ganz grundsätzlich die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland ausbauen will. Auch wenn Altmaier den Namen Trump nicht erwähnt – die Gründe für eine Annäherung liegen jenseits des Atlantiks.
    Fast zwangsläufige Annäherung Deutschlands an Russland
    "Wie erleben, dass Welt in Unordnung gerät. Wir haben ein Interesse an guten transatlantischen Beziehungen, aber gibt Fragen, wo es unterschiedliche Meinungen gibt", sagt Altmaier und gemeint ist hier vor allem die einseitige Kündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die USA. Die Entscheidung führt fast zwangsläufig zu einer Annäherung Deutschlands an Russland, weiß auch Peter Altmaier.
    "Wir wollen, dass das Iran-Abkommen weiter besteht, wollen, dass der Iran keine Atombomben entwickelt, wir möchten, dass die Ukrainekrise entspannt wird. Das zusammen macht es notwendig und richtig , dass wir auch Gespräche mit Russland suchen, dass wir in Bereichen wo wir übereinstimmen versuchen gemeinsame Lösungen entwickeln."
    Das erklärt, warum erst Außenminister Maas, jetzt Wirtschaftsminister Altmaier und am Ende der Woche Kanzlerin Merkel nach Russland reist. Jedes Mal sind es schwierige Gespräche. Einerseits will die Bundesregierung das Iran-Abkommen mit Russland am Leben erhalten, auch der Ukraine-Konflikt zwischen Russland und der Ukraine soll entschärft werden, doch die Aufhebung der eigenen EU-Sanktionen gegen Russland ist kein Thema. Auch nicht für Peter Altmaier:
    "Die Sanktionen wurden erlassen nach der Besetzung der Krim und der Ostukraine und sie werden so lange bestehen wie die Gründe für ihre Verhängung bestehen."
    Und so bleiben die deutsch-russischen Beziehungen in einer besonderen Gemengelage – selbst wenn Peter Altmaier beim Thema Gastransport heute einen kleinen Durchbruch erzielen sollte. Sicher ist das aber noch nicht.