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Am liebsten grün

Die CeBIT wird grün! "GreenIT", also der umweltbewusste Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik, steht in diesem Jahr im Mittelpunkt der Hightech-Messe in Hannover. Dahinter könnte man eine geschickte Vermarktungsstrategie vermuten, die darauf setzt, dass grüne Öko-Themen zurzeit einfach angesagt sind. Doch angesichts steigender Energiekosten achten immer mehr Nutzer auf den Stromverbrauch.

Von Björn Czieslik | 01.03.2008
    Glaubt man dem Marktforschungsunternehmen "Gartner", dann ist der Stromverbrauch zum Betrieb von Informations- und Kommunikationsgeräten für zwei Prozent des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich. Das klingt zunächst wenig, ist aber in etwa soviel wie der weltweite Flugverkehr verursacht. In Industriestaaten wie Deutschland ist der Energieverbrauch durch ITK-Geräte noch deutlich höher, weiß Dr. Dietlinde Quack, wissenschaftliche Mitarbeiter am Freiburger Öko-Institut.

    "Man geht davon aus, dass im Jahr 2005 38 Milliarden Kilowattstunden auf ITK entfallen sind. Das ist etwa 7,3 Prozent des Stromverbrauchs in Deutschland in 2005. Vielleicht anhand der Rechenzentren veranschaulicht: Es gibt etwa 50.000 Rechenzentren in Deutschland, und die haben einen Stromverbrauch, der der Produktion von drei mittleren Kohlekraftwerken entspricht."

    Vor allem die Rechenzentren sind wahre Energiefresser. Laut einer Berechnung des Internetproviders "Strato" benötigt eine Suchanfrage bei Google – heruntergerechnet vom Gesamtverbrauch – so viel Strom, wie eine 11-Watt-Energiesparlampe in einer Stunde verbraucht. Dr. Joseph Reger, Technikchef bei Fujitsu-Siemens Computers, hat ein weiteres drastisches Beispiel.

    "Leider ist es so, das Ihr Avatar in Second Life, falls Sie einen haben, genau so viel Strom verbraucht wie Sie als lebendige Person. Das muss man sich erst einmal überlegen. Und das habe ich einfach gerechnet, wie viele Server Second Life hat, auf welcher Fläche, und, und, und. Also wenn Sie einen Avatar haben, dann haben Sie gerade Ihren Energieverbrauch verdoppelt."

    Mittlerweile rühmen sich immer mehr Anbieter damit, ihre Rechenzentren mit Ökostrom zu betreiben. Das ändert aber nichts an dem generellen Problem, dass viele Server nur zu einem Bruchteil ausgelastet sind. Oft nur zu 15 Prozent. Zwar gibt es aus Gründen der Daten- und Ausfallsicherheit gute Argumente dafür, Server mehrfach vorzuhalten, das steht jedoch nicht im Widerspruch dazu, Energie zu sparen, sagt Thomas Heyder von HP Deutschland.

    "Grün widerspricht nicht Hochverfügbarkeit. Grün widerspricht nicht Performance. Das sind keine konträren Attribute, sondern das sind durchaus Sachen, die Hand in Hand gehen können. Um das konkret zu machen: In Rechenzentrumkonzepten, wenn wir dort ungenutzte Serverlandschaften haben, müssen wir darüber hinaus zum Beispiel über Softwarekonzepte nachdenken, die ungenutzte Server abschalten."

    Auch jeder Einzelnutzer kann durch’s Abschalten Energie sparen. Den Stromverbrauch allein im Standby-Betrieb beziffert Joseph Reger für Deutschland auf neun Terawattstunden im Jahr, soviel wie ein modernes Kernkraftwerk unter Volllast produziert. Das größte Einsparpotential besteht also dann, wenn Rechner, Monitor oder andere Geräte laufen, ohne dabei genutzt zu werden, sagt auch Dietlinde Quack vom Öko-Institut.

    "Flatrates reizen ja dazu, dass man den PC immer bereit haben möchte und nicht mehr auf das lästige Rauffahren warten möchte und das kostet natürlich Strom. Lieber noch mal hochfahren, als ihn stundenlang durchlaufen zu lassen."

    Wie hoch der Energieverbrauch eines Computers ist, darüber informieren Abzeichen wie zum Beispiel der "Energy Star". Eine sinnvolle Entscheidungshilfe für den Verbraucher – wenn auch mit Einschränkungen.

    "Gerade die neue Version des Energy-Star, die seit Juli letzten Jahres gültig ist, hat zum ersten Mal Grenzwerte für den Betriebsmodus des PCs festgelegt, was es bisher noch nicht gab. Intransparent ist vielleicht gerade für den Endverbraucher, dass es verschiedene Kategorien von Geräten gibt mit unterschiedlichen Grenzwerten. Je leistungsfähiger ein Gerät ausgestattet ist, umso höher ist der Grenzwert. Also der Grenzwert im Betriebsmodus kann zwischen 50 Watt und 95 Watt liegen."

    Zwar ist der Energieverbrauch der mit Abstand größte Faktor, doch auch andere Aspekte, wie zum Beispiel eine umweltfreundliche Fertigung, entscheiden über die Umweltverträglichkeit eines Gerätes. Michael Kurpiers von Samsung beschreibt, wie das südkoreanische Unternehmen dies umsetzt:

    "Nehmen wir ein Thema wie Solartechnik, die für den Stromverbrauch verwendet wird, nehmen wir die Wiederverwertung vom Wasser, das Sie gerade in der LCD-Display-Produktion sehr massiv brauchen, dass Sie es reinigen, dass Sie einen Kreislauf haben. Gehen wir über die Möglichkeit, die Fahrstrecken zu minimieren, das heißt, die Logistik zu optimieren, damit dort keine Abgase unnötigerweise erzeugt werden."

    Letztlich ist der Umwelt-Aspekt also doch auch ein Verkaufsargument. Daher rät Dietlinde Quack vom Öko-Institut.

    "Man muss kritisch hinterfragen im Einzelfall: Ist da wirklich ein Umwelteffekt zu erzielen mit dem angepriesenen Produkt? Ist das innovativ, ist das was Neues? Oder ist das tatsächlich nur ein grünes Mäntelchen?"

    weiterführende Seiten im Internet:

    http://www.ecotopten.de

    http://www.greenpeace.org/