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Amazon
Nervenzentrum der digitalen Welt

Der Aktienkurs beim Weltmarktführer im Onlinehandel Amazon ist abgesackt. Zum Umsatztreiber ist aber das Cloud-Computing geworden: Immer mehr Unternehmen kaufen sich Rechnerkapazitäten beim Konzern. Experten warnen deshalb bereits vor Amazons systemrelevanter Stellung in diesem Bereich.

Von Sandra Pfister | 25.10.2019
Eine Frau passiert einen Counter mit Amazon Logo in Toronto
Nicht nur Versandhändler - auch Anbieter von Cloud Computing: Bereits ein Drittel der Marktanteil am Cloud-Computing entfällt auf Amazon. (www.imago-images.de / Dinendra Haria)
Seit heute Nacht ist Amazon-Chef Jeff Bezos nicht mehr der reichste Mann der Welt - denn der Aktienkurs von Amazon ist deutlich abgesackt. Der Nettogewinn im dritten Quartal enttäuschte die Analysten. Nachdem Amazon in den vergangenen Jahren eine zuverlässige Geldmaschine war, kehrt Bezos offenkundig wieder zu etwas zurück, was er früher immer getan hat: Bewusst auf Gewinne verzichten, um Kunden um jeden Preis zu ködern.
Im Moment garantiert er beispielsweise, Dinge innerhalb von 24 Stunden zu liefern. Das nagt an den Profiten. In den USA liefert Amazon jetzt auch Artikel, die weniger als einen Dollar kosten - zum Beispiel ein Päckchen Zahnseide.
Weltweit größter Anbieter von Cloud-Kapazitäten
Das wird vor allem durch das sogenannte Cloud-Computing finanziert. Denn weniger bekannt ist, dass Angebote in der Cloud über Amazon Web Services mehr zwei Drittel der Einnahmen ausmachen und auch der größte Umsatztreiber ist. Für die meisten Firmen lohnt es sich nicht mehr, große eigene Rechnerkapazitäten vorzuhalten, bei der Datenmenge, die sie verarbeiten müssen. Deswege kaufen sie sich Rechnerkapazitäten bei Amazon.
Amazon ist der weltweit größte Anbieter von Cloud-Kapazitäten. Insofern ist er fast so etwas wie ein Nervenzentrum der digitalen Welt. Wenn die Cloud-Sparte von Amazon zusammenbricht, dann kann das ähnlich große Konsequenzen haben, wie wenn große Banken kollabieren.
Ein Drittel der Marktanteil am Cloud-Computing entfällt auf Amazon, gefolgt von Microsoft. Aber deren Marktanteil ist nur halb so groß. Google folgt etwas abgeschalgen. Die Bilanz von Microsoft zeigt, dass Microsoft aufholt und beim Cloud-Computing näher an Amazon heranrückt.
Auch deutsche Firmen sind in der Cloud
Laut Amazon mieten auch 80 Prozent aller Dax-Konzerne bei ihnen Rechnerkapazitäten und Datenspeicher - auch viele Mittelständler sind dabei. Daran regt sich Kritik, auch in der Bundesregierung. Denn damit macht sich die europäische Wirtschaft von amerikanischen Anbietern abhängig. Das könnte im Extremfall als politisches Druckmittel genutzt werden. Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat kürzlich eine europäische Cloud angekündigt, die mithilfe der Bundesregierung gebaut werden soll. Gaia X soll sie heißen und anders als ein Netzwerk kleinerer europäischer Anbieter funktionieren. Im Unterschied zu Amazon ist aber noch nicht klar, wie daraus ein Geschäftsmodell werden kann.