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"America's Pledge"
Klimaziele ohne Trump durchsetzen

Mehr als 2.000 US-Bürgermeister, Gouverneure, Universitätsdirektoren und Konzernchefs haben sich unter dem Hashtag #AmericasPledge zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen den Klimawandel zu kämpfen - auch ohne Zustimmung der Trump-Regierung. Experten bezweifeln jedoch, dass das neue Bürger-Umwelt-Bewegung von Dauer und Erfolg sein wird.

Von Heike WIpperfürth | 25.08.2017
    Blick auf New York City.
    Mehr als 2.000 US-Bürgermeister und NGOs wollen trotz Aussteig aus dem Klimaschutzabkommen am 1,5-Grad-Ziel festhalten. (dpa / picture alliance / Alexey Filippov)
    Alex Doukas von der US-Umweltschutzorganisation Oil Change International verteidigt "America's Pledge":
    "Dieser Plan setzt ein wichtiges Zeichen, um die im Pariser Abkommen angestrebten Ziele auch, ohne die US-Regierung zu erreichen."
    "America's Pledge" - übersetzt heißt das Amerikas Versprechen. Dahinter verbirgt sich der Aufruf und die Zusage von mehr als 2.000 US-Bürgermeistern, Gouverneuren, Universitätsdirektoren und Konzernchefs, gemeinsam dazu beitragen, die globale Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Ohne Donald Trump, der den Austritt der US-Regierung aus dem Pariser Klimaabkommen eingeleitet hat.
    Ein nobles Ziel, doch immer mehr Experten stellen es infrage. Denn viele der Klima-Aktivisten haben keinen klaren Plan, wie sie ihre Ankündigung überhaupt umsetzen sollen: So haben sich laut des Rocky Mountain Institute-Forschungszentrums in Colorado 325 US-Städte zur Reduzierung ihrer Emissionen verpflichtet. Doch weniger als die Hälfte haben bis jetzt spezifische Reduktionsziele vorgelegt, die sie erreichen müssten.
    Und weil die Zusagen, um das gemeinsame Ziel zu erreichen, freiwillig sind, brauche sich niemand an die Abmachung zu halten, warnt Angel Hsu, Umweltprofessorin an der Yale Universität in Connecticut.
    "Die große Gefahr ist doch, dass nicht viel passiert, weil der anfängliche Schwung schnell erlahmt und einzelnen Teilnehmern die klare Orientierung und die Daten fehlen, die sie brauchen, um das Versprochene zu halten."
    Es wäre nicht das erste Mal, dass US Klima-Rebellen ihre ehrgeizigen Versprechen nicht einhalten. Kaum einer der 1.000 US Bürgermeister, die sich vor zehn Jahren darauf einigten, das Kyoto Protokoll in ihren Städten umzusetzen, habe dieses Ziel erreicht, klagt Todd Myers, Mitarbeiter beim Washington Policy Center, einem konservativen Think Tank in Seattle.
    "Jetzt machen sie schon wieder Versprechungen, um möglichst gut dazustehen, sind aber mehr auf politische als tatsächliche Wirkung aus – so wie vor zehn Jahren, als Bürgermeister ähnliche Versprechen machten, die sie nicht eingehalten haben."
    Trübe Aussichten
    Während US-Klimabewegungen wie #AmericasPlegdge, #wearestillin oder #under2coalition einen Plan erarbeiten, den sie im November beim Weltklimagipfel in Bonn vorstellen wollen, kritisieren Experten noch etwas ganz anderes: das mögliche Scheitern des Pariser Abkommens. Denn laut einer Analyse, die Anfang August in der Zeitschrift "Nature" veröffentlicht wurde, wird es keiner der wichtigsten Industriestaaten schaffen, seinen versprochenen Beitrag zur Reduzierung schädlicher Emissionen zu liefern. Ein großes Problem, warnt David Victor, Professor für internationale Beziehungen an der Universität von Kalifornien in San Diego – und Hauptautor der Studie.
    "Aufgrund der Fachliteratur, die ich studiert habe, glaube ich, dass es inzwischen wahrscheinlich zu spät ist, die Erderwärmung um 1,5 oder zwei Grad zu stoppen. Vielleicht können wir es aber noch schaffen, die katastrophalen Auswirkungen einer Erwärmung um mehr als drei Grad zu vermeiden. Dazu ist es noch nicht zu spät."
    Dass sich so viele Bürgermeister und Gouverneure in den USA für die Reduzierung der Emissionen einsetzten, lobt Victor. Aber der Kampf gegen die Erderwärmung nehme eine andere Dimension an.
    "Einschneidende Emissionssenkungen können wir nur durch landesweite und internationale Kooperation und Zusammenarbeit schaffen. Nur so könnten Infrastrukturen wie neue Stromnetze errichtet werden. Umweltprogramme, die von jeder Stadt einzeln durchgesetzt werden müssen, reichen dafür nicht aus."
    Mehr internationale Kooperation erforderlich
    An der Notwendigkeit des Pariser Abkommens zweifelt der Politikprofessor nicht. Doch auch hier seien die Zusagen freiwillig, die Daten beruhen auf Selbstauskünften. Deshalb sollten sich die Mitgliedstaaten gegenseitig auf Einhaltung überprüfen – zu ihrem eigenen Vorteil:
    "Die Staaten müssen enger zusammenarbeiten, um Informationen auszutauschen. Auch weil der Energiesektor ein zentraler Teil der Wirtschaft jedes Landes ist. Wenn ein Land glaubt, dass es teure Emissionssenkungen vornimmt, seine Rivalen das aber nicht tun, dann ist das politisch nicht nachhaltig."
    Es bleibe den Ländern der Welt nichts anderes übrig, als im Kampf gegen die globale Klimaerwärmung an einem Strang zu ziehen.