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Amphibien
Eine Impfung gegen den Chytrid-Pilz für Frösche

Weltweit sind viele Amphibienarten durch Infektionen mit Chytrid-Pilzen vom Aussterben bedroht. US-Forscher sehen allerdings einen Hoffnungsschimmer. Sie haben nachgewiesen, dass Frösche immun gegen den Pilz werden können - und dass man sie möglicherweise impfen kann.

Von Marieke Degen | 21.07.2014
    Auch diese in Panama beheimatete Froschart ist durch den Chytrid-Pilz bedroht.
    In Panama beheimatete Froschart (Brian Gratwicke / Stri/ Handout/ dpa)
    Der Chytrid-Pilz ist ein gnadenloser Killer. Nach und nach zerfrisst er die empfindliche Haut der Frösche, bis sie ihren Wasser – und Elektrolythaushalt nicht mehr aufrechterhalten können und ihr Herz einfach aufhört zu schlagen. Hunderte von Froschpopulationen sind dem Chytrid-Pilz schon zum Opfer gefallen, ganze Arten sind ausgestorben - vor allem in den Tropen, in Mittel- und Südamerika.
    "Man kann die Frösche im Labor heilen, etwa mit bestimmten Fungiziden. Manche Arten lassen sich auch mit Wärme behandeln – die Hitze kann den Fröschen nichts anhaben, vernichtet aber den Pilz. In der Wildnis kann man diese Ansätze allerdings nicht einsetzen,"
    sagt der Biologe Jason Rohr von der Universität von Südflorida in Tampa. Um Frösche draußen in der Natur vor den Chytrid-Sporen zu schützen, müsste man sie am besten impfen. Eine der großen ungeklärten Fragen ist aber, ob die Frösche überhaupt immun gegen den Pilz werden können. Ja, das können sie – das haben Jason Rohr und seine Kollegen gezeigt. Für ihre Experimente haben sie zwei Froscharten ausgewählt, die besonders empfindlich auf den Pilz reagieren: den kubanischen Laubfrosch und den Booroolong-Laubfrosch aus Australien.
    "Wir haben die Frösche am Bauch mit lebendigen Chytrid-Sporen infiziert, für elf Tage, was normalerweise nicht ausreicht, um sie zu töten. Danach haben wir sie mit einer Wärmebehandlung von dem Pilz befreit – und das Ganze Prozedere bis zu vier Mal wiederholt."
    Eine Art Impfung über die Haut
    In einem zweiten Experiment besprühten die Forscher die Frösche mit einer Lösung, die abgetöteten Chytrid-Pilz enthielt – und das ebenfalls mehrmals hintereinander. Eine Art Impfung, nur über die Haut.
    "Beide Male hat sich ihr Immunsystem auf den Pilz eingestellt, egal ob wir lebendigen oder abgetöteten Chytrid-Pilz verwendet hatten. Der Pilz konnte auf ihrer Haut nicht mehr so gut wachsen. 60 Prozent der Frösche haben überlebt, als wir sie erneut mit dem Pilz infiziert haben – bei nicht-behandelten Fröschen waren es nur 20 Prozent."
    Die Frösche sind den Pilz zwar nicht vollständig losgeworden. Aber möglicherweise kann ihn ihr Körper soweit in Schach halten, dass er keinen größeren Schaden anrichtet. Die Frösche würden einfach mit ihm weiterleben, die Population bliebe erhalten.
    "Die Frösche können also eine Immunität gegen Chytrid entwickeln – und das ist die Voraussetzung, wenn man über so etwas wie eine Impfkampagne nachdenkt. "
    Eine Impfkampagne – vielleicht die letzte Rettung für bedrohte Amphibien. In den letzten Jahren haben Forscher etliche Frösche in der Natur eingefangen und in Zoos auf der ganzen Welt verteilt. Amphibienarche heißt das Projekt. Doch Versuche, die Frösche wieder in ihre alten Habitate zurückzusetzen, schlugen fehl: Der Pilz war immer noch da. Die Ergebnisse der Biologen aus Florida geben da Anlass zur Hoffnung: Wenn man die Tiere vorher im Zoo impfen könnte, wären sie wahrscheinlich besser gerüstet.
    "Eine andere Möglichkeit wäre, Bestandteile des abgetöteten Pilzes draußen in der Natur, in Tümpeln freizusetzen und die Frösche vielleicht auf diese Weise zu immunisieren."
    Jason Rohr bleibt aber erst einmal vorsichtig:
    "Es gibt noch viele offene Fragen, die wir klären müssen, bevor wir den Ansatz draußen im Feld anwenden können. Birgt er Risiken für andere Tiere? Wie viel von dem abgetöteten Pilz müssen wir freisetzen, um einen Effekt zu erzielen? Wie lange hält der Immunschutz bei den Fröschen überhaupt an? Und: Können wir auch Kaulquappen auf diese Weise immunisieren?"
    Erst wenn sie diese Dinge abschätzen können, wollen die Forscher eine Impfstudie starten – in einzelnen, ausgewählten Tümpeln.