Wie ein bedrückend enges Labyrinth liegt die Ausstellung vor uns.
Bellmers ohnehin obsessives, die immer gleichen Themen umkreisendes Werk, wird in seiner Wirkung noch verstärkt. Ein Kosmos des Eros, der Begierden und wahnwitzigen Bilderfindungen erwartet uns. "Die Herkunft meiner Bilder ist skandalös, weil für mich die Welt ein Skandal ist", sagte Bellmer. Lange blieb er ein Geheimtipp. Dass nun in einer umfassenden Retrospektive dieses Werk vorgestellt wird, ist deshalb sehr wichtig.
Bellmers Hochphase waren zweifellos die 30er und 40er Jahre. Er lebte in dieser Zeit in Paris, umgeben von Surrealisten, die ihn bewunderten.
Bellmer zog sich aus dem Trubel der Großstadt zurück. Er hatte sich eine fast lebensgroße Puppe erschaffen, um die sich fortan fast alles bewegte. Die Ausstellung zeigt Bellmers sonst im Centre Pompidou aufbewahrte zweite Puppe mit Kugelgelenken. Es ist ein weitaus beweglicheres Modell als das erste, was wichtig war. Denn es ging Bellmer darum, den Körper der Puppe in immer neuen Verdrehungen und Verbiegungen zu inszenieren. Die Puppe wurde etwa als Modell gebraucht für zart kolorierte surrealistische Fotografien vor Blumentapete oder mit Rose und Spitzendeckchen. Auch in schier endlosen Variationen existierende Zeichnungen entstanden mit Hilfe der Puppe, die in der Ausstellung nur mit schwarzen Lackschuhen und Söckchen bekleidet ist.
Sie ließ sich auseinander nehmen, diese Puppe. Bellmer konnte das Oberteil abtrennen und etwa vier Beine auf einmal an den Unterleib stecken. Er experimentierte unaufhörlich mit der Puppe, wie in zahllosen Zeichnungen zu sehen ist. Die Ausstellung, und das ist das Schöne, wirkt unerschöpflich reich an Variationen. Es wird nie langweilig.
Körpererfindungen in scheinbar grenzenloser Zahl begegnen uns. Es sind keine Menschen, die von Bellmer erschaffenen Wesen. Oft bestehen sie nur aus einzelnen, ineinander verschmolzenen, erogenen Körperteilen.
Besonders fremd und faszinierend wirkt auch eine kreiselförmige, sich nur aus Brüsten zusammensetzende Skulptur. In Zeichnungen finden wir weitere geometrische Figuren, in denen sich das Triebhafte verdichtet und zusammenballt. Bellmer hatte, bevor er im Berlin der 20er Jahre anfing als Grafiker zu arbeiten, Mathematik und Ingenieurwissenschaften studiert. "Ingenieur des Eros" wird er auch genannt. Ein Ingenieur, der meist auf exakteste Ausarbeitung seiner Zeichnungen achtete.
Geradezu "altmeisterlich" wirkt seine Linienführung. Im Berliner Kaiser-Wilhelm-Museum soll Bellmer Dürer studiert haben und die Manieristen. In der Tat sehr manieristisch ist etwa die Zeichnung "1000 Mädchen" von 1939. Eine große Zahl an Beinen, Körperteilen und Geschlechtsorganen türmt sich hier und verschmilzt zur Gestalt einer Frau. Hans Bellmer muss nach dieser Retrospektive wohl als einer der erfindungsreichsten Interpreten des Triebhaften und der Begierde gelten. Er hatte sich, und das ist das Besondere, hierfür eine Welt ganz eigener Wesen und Gesetzmäßigkeiten erschaffen. Neben dem Körperlichen ist fast immer auch eine geometrisch-mathematische Sphäre vorhanden.
Schwach wirkt Bellmer leider in einigen späteren Zeichnungen. Er ist da zu direkt und wenig fantasievoll, zudem fast unerträglich zynisch. "Die Arbeit der werktätigen Familie" nannte er etwa ein Motiv zum Thema Inzest und verschlüsselte darin nur wenig. Das Surreale ist mit dem Alter mehr und mehr aus Bellmers Werk gewichen. Auch die so genannten Schnürbilder aus den 40er Jahren sind schon nicht mehr wirklich gut.
Unica Zürn, Bellmers Lebenspartnerin, hatte sich hierfür als Modell umschnüren lassen. Der Faden, mit dem sie umwickelt wurde, schnitt tief in ihr Fleisch. Es wirkt, als habe die sonst großartige Fantasie Hans Bellmers hier einer sadomasochistische Realität Platz gemacht. Da tut es einem nicht nur um die psychisch äußerst labile, malträtierte Partnerin leid, sondern fast noch mehr um den auf der Strecke gebliebenen Künstler.
Bellmers ohnehin obsessives, die immer gleichen Themen umkreisendes Werk, wird in seiner Wirkung noch verstärkt. Ein Kosmos des Eros, der Begierden und wahnwitzigen Bilderfindungen erwartet uns. "Die Herkunft meiner Bilder ist skandalös, weil für mich die Welt ein Skandal ist", sagte Bellmer. Lange blieb er ein Geheimtipp. Dass nun in einer umfassenden Retrospektive dieses Werk vorgestellt wird, ist deshalb sehr wichtig.
Bellmers Hochphase waren zweifellos die 30er und 40er Jahre. Er lebte in dieser Zeit in Paris, umgeben von Surrealisten, die ihn bewunderten.
Bellmer zog sich aus dem Trubel der Großstadt zurück. Er hatte sich eine fast lebensgroße Puppe erschaffen, um die sich fortan fast alles bewegte. Die Ausstellung zeigt Bellmers sonst im Centre Pompidou aufbewahrte zweite Puppe mit Kugelgelenken. Es ist ein weitaus beweglicheres Modell als das erste, was wichtig war. Denn es ging Bellmer darum, den Körper der Puppe in immer neuen Verdrehungen und Verbiegungen zu inszenieren. Die Puppe wurde etwa als Modell gebraucht für zart kolorierte surrealistische Fotografien vor Blumentapete oder mit Rose und Spitzendeckchen. Auch in schier endlosen Variationen existierende Zeichnungen entstanden mit Hilfe der Puppe, die in der Ausstellung nur mit schwarzen Lackschuhen und Söckchen bekleidet ist.
Sie ließ sich auseinander nehmen, diese Puppe. Bellmer konnte das Oberteil abtrennen und etwa vier Beine auf einmal an den Unterleib stecken. Er experimentierte unaufhörlich mit der Puppe, wie in zahllosen Zeichnungen zu sehen ist. Die Ausstellung, und das ist das Schöne, wirkt unerschöpflich reich an Variationen. Es wird nie langweilig.
Körpererfindungen in scheinbar grenzenloser Zahl begegnen uns. Es sind keine Menschen, die von Bellmer erschaffenen Wesen. Oft bestehen sie nur aus einzelnen, ineinander verschmolzenen, erogenen Körperteilen.
Besonders fremd und faszinierend wirkt auch eine kreiselförmige, sich nur aus Brüsten zusammensetzende Skulptur. In Zeichnungen finden wir weitere geometrische Figuren, in denen sich das Triebhafte verdichtet und zusammenballt. Bellmer hatte, bevor er im Berlin der 20er Jahre anfing als Grafiker zu arbeiten, Mathematik und Ingenieurwissenschaften studiert. "Ingenieur des Eros" wird er auch genannt. Ein Ingenieur, der meist auf exakteste Ausarbeitung seiner Zeichnungen achtete.
Geradezu "altmeisterlich" wirkt seine Linienführung. Im Berliner Kaiser-Wilhelm-Museum soll Bellmer Dürer studiert haben und die Manieristen. In der Tat sehr manieristisch ist etwa die Zeichnung "1000 Mädchen" von 1939. Eine große Zahl an Beinen, Körperteilen und Geschlechtsorganen türmt sich hier und verschmilzt zur Gestalt einer Frau. Hans Bellmer muss nach dieser Retrospektive wohl als einer der erfindungsreichsten Interpreten des Triebhaften und der Begierde gelten. Er hatte sich, und das ist das Besondere, hierfür eine Welt ganz eigener Wesen und Gesetzmäßigkeiten erschaffen. Neben dem Körperlichen ist fast immer auch eine geometrisch-mathematische Sphäre vorhanden.
Schwach wirkt Bellmer leider in einigen späteren Zeichnungen. Er ist da zu direkt und wenig fantasievoll, zudem fast unerträglich zynisch. "Die Arbeit der werktätigen Familie" nannte er etwa ein Motiv zum Thema Inzest und verschlüsselte darin nur wenig. Das Surreale ist mit dem Alter mehr und mehr aus Bellmers Werk gewichen. Auch die so genannten Schnürbilder aus den 40er Jahren sind schon nicht mehr wirklich gut.
Unica Zürn, Bellmers Lebenspartnerin, hatte sich hierfür als Modell umschnüren lassen. Der Faden, mit dem sie umwickelt wurde, schnitt tief in ihr Fleisch. Es wirkt, als habe die sonst großartige Fantasie Hans Bellmers hier einer sadomasochistische Realität Platz gemacht. Da tut es einem nicht nur um die psychisch äußerst labile, malträtierte Partnerin leid, sondern fast noch mehr um den auf der Strecke gebliebenen Künstler.