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Andalusisches Refugium
Mit Rilke in Ronda

Als Rainer Maria Rilke im Dezember 1912 in das Städtchen Ronda im andalusischen Hinterland kam, war er auf Anhieb verzückt. Seine Absicht, dort "so recht spanisch zu leben und zu wohnen", ist dem Dichter zwar nicht gelungen. Doch noch heute lässt sich auf den nicht nur poetischen Spuren Rilkes durch Ronda wandeln.

Von Gregor Ziolkowski | 23.04.2017
    epa03856282 Spanish bulffighter Morante de la Puebla faces his third of six bulls of the Juan Pedro Domeq ranch during the traditional Goyesca bullfight at the Maestranza bullring of Ronda, Malaga, Andalusia, Spain, 07 September 2013. EPA/JORGE ZAPATA |
    So spanische wie möglich leben - das klappte nur bedingt für Rilke. Persönlich hat er nie einem Stierkampf beigewohnt. (EPA/JORGE ZAPATA)
    "Es ist unbeschreiblich, um das Ganze herum ein geräumiges Tal, beschäftigt mit seinen Feldflächen, Steineichen und Ölbäumen, und drüben entsteigt ihm wieder, wie ausgeruht, das reine Gebirg, Berg hinter Berg, und bildet die vornehmste Ferne. Was die Stadt selbst angeht, so kann sie in diesen Verhältnissen nicht anders als eigen sein, steigend und fallend, da und dort so offen in den Abgrund, dass gar kein Fenster hinzuschauen wagt, - kleine Paläste hinter Krusten von jährlicher Weiße, jeder mit farbig abgesetztem Portal."
    Es sieht aus, als würde der Reisende zu einer gewissen Geruhsamkeit in Ronda finden – jedenfalls sucht er sie. Aus Toledo, wo er nicht nur von der Begegnung mit den Werken El Grecos begeistert war, hat ihn das raue Winterklima vertrieben. In Córdoba entzündet sich sein Interesse für den Islam. In Sevilla ist er genervt von lärmender, oberflächlicher Gefälligkeit. Also: Auf nach Ronda!
    Der österreichische Lyriker Rainer Maria Rilke, einer der einflußreichsten deutschsprachigen Literaten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
    Der österreichische Lyriker Rainer Maria Rilke, einer der einflußreichsten deutschsprachigen Literaten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (picture-alliance / dpa)
    "Hier wäre nun freilich auch der Ort, recht spanisch zu leben und zu wohnen, wäre nicht die Jahreszeit, wäre nicht meine mühsälige Unlust, mich mit anderen Beschwerden als den nötigsten (angeborenen und eifrig angeeigneten) einzulassen –, zum Überfluß hat der Teufel den Engländern eingegeben, hier ein wirklich ausgezeichnetes Hotel zu bauen, in dem ich natürlich nun wohne, neutral, teuer und wie es sich der und jener wünschen würde, und dabei bin ich schamlos genug, zu verbreiten, daß ich in Spanien reise."
    Ort für Übungen in mondän-geistiger Versenkung
    Dieser wesentlich mit sich selbst beschäftigte durchgepflügte Geist wird erst im späten Februar 1913 wieder abreisen. Sein bis heute existierendes Hotel mit dem klingenden Namen "Reina Victoria" ist jetzt ein 4-Sterne-Etablissement, natürlich modernisiert. Bis vor Kurzem hatte man Rilkes Zimmer im Originalzustand konserviert. Die letzte Modernisierung vor einigen Jahren hat das Mini-Museum allerdings nicht überlebt. Geblieben ist ein stilisierter Raum im Hotelfoyer: ein paar Möbel aus der Rilke-Zeit, Buchausgaben in mehreren Sprachen, Faksimiles und Porträts sind da zu besichtigen. Hotelmanager Javier González beharrt dennoch auf einem beträchtlichen Grad an Authentizität.
    "Mit dem Lauf der Zeiten kann man natürlich davon ausgehen, dass es heute nicht exakt das ist, was Rilke hier vorgefunden hat. Aber die Struktur des Hotels wurde nicht verändert, es ist ein sehr eigenwilliges Gebäude in englischem Stil, mit grünen Dachziegeln, man sieht sofort, dass das kein andalusischer oder spanisch geprägter Bau ist. Das Hotel wurde von einer britischen Firma gebaut, von 1906 bis 1908. Es bestand damals aus dem Haupthaus mit seinen vier Etagen, und neben den Anbauten wurden beispielsweise die Balkone seitdem verändert: sie waren früher aus Holz, wie man auf alten Fotos gut erkennen kann. Aber klar, mehr als ein Jahrhundert macht Balkonen aus Holz natürlich zu schaffen."
    So "recht spanisch zu leben und zu wohnen", das ist dem Dichter nicht gelungen in Ronda. Seine "mühsälige Unlust", sich mit etwas anderem als der eigenen Innerlichkeit zu befassen, hat er selbst benannt. Hinzu kamen die Annehmlichkeiten: "Luft, Wohnung und Verpflegung könnten nirgends annehmlicher sein", schreibt er in einem Brief. Und da ist dieser verführerische Gartenpark im "Reina Victoria", wo man 1966 Rilke ein Denkmal gesetzt hat. Er führt direkt an die beeindruckende Tajo-Schlucht heran. Und gibt diesen weiten Blick frei auf eine aufregend zerklüftete Berglandschaft. Das Rilke-Denkmal im Rücken, fällt es nicht schwer, den in sich gekehrten Dichter in seinem hellen Dreiteiler regelrecht vor sich zu sehen, an diesem Ort für Übungen in mondän-geistiger Versenkung. Ganz so empfindet es diese deutsche Besucherin.
    "Ich wusste nicht, dass Rilke hier war. Ich habe eben diese Statue gesehen, er blickt da über die Weite ins Tal, offenbar 1912, ich vermute mal, er hat eine seiner vielen Reisen hierher unternommen, vermutlich auch Frauen hier kennengelernt, na gut, das ist jetzt nur ´ne Vermutung… Aber mit Sicherheit war er genauso begeistert wie wir, das ist ja ein wahnsinnig schöner Blick, der so die Seele eröffnet. Und wahrscheinlich ging´s ihm ähnlich und ich vermute mal, er hat hier auch ´ne Inspiration zum Schreiben gefunden."
    Rilke konnte sich durchaus entzünden am Stierkampf
    Gesucht hat er sie gewiss, denn Rilkes briefliche Schilderungen deuten nicht gerade darauf hin, dass er übermäßig am Geschehen außerhalb seines Hotels interessiert war. So ein hingetuschtes Gedicht-Fragment ist bestens denkbar vom Hotelpark oder von einem der großformatigen Fenster im Original belassenen Aufenthaltsraum im Erdgeschoss aus.
    "Die weißen Häuser hin ein Überfließen,
    ein Reichlichsein vorrätiger Natur,
    und Bettler, in fortwährendem Entschließen,
    sind der entsprungnen Güte auf der Spur."
    Ist Rilke je stadteinwärts gegangen oder gefahren? Wenigstens bis zur legendären Stierkampfarena, die 1785 im spätbarocken schlichten Stil erbaut wurde und als eine der ältesten, zugleich schönsten in Spanien gilt? Man sollte das meinen, zumal Ronda für den Stierkampf ein geradezu mythischer Ort ist. Das bis heute wesentliche Reglement, wonach etwa der Matador dem Stier zu Fuß und nicht auf hohem Ross begegnet, ist Ende des 18. Jahrhunderts in Ronda vom Torero Pedro Romero begründet worden. Selbstverständlich war später auch Ernest Hemingway hier und hat im "Reina Victoria" genächtigt, und die Urne mit Orson Welles´ sterblichen Überresten ruht seit 1987, seinem Wunsch gemäß, ganz in der Nähe von Ronda auf der Finca eines Stierkämpfers, mit dem der Filmemacher befreundet war. Rilke selbst konnte sich durchaus entzünden am Stierkampf, wie sein Gedicht "Corrida" belegt. Allerdings, persönlich hat er nie einem Stierkampf beigewohnt. Nun gut, in den Wintermonaten war auch zu Rilkes Zeiten keine Stierkampf-Saison, aber insgesamt klingt er wenig inspiriert, sich selbst bebrütend.
    "Ich halte mich hier so weiter, ohne viel Unternehmung, vielleicht, wenn mein Atelier in Paris nicht kalt dastünde und (ach) ganz erst einzurichten, wär ich schon dort, so stark ist zuweilen der Wunsch, nicht länger in einem Hotel zu stecken. Könnte ich arbeiten, wärs auch hier ausgezeichnet, aber es sieht so aus, als ob darauf vor der Hand nicht zu rechnen wäre."
    Heutzutage muss man genau planen, um in Ronda einen Stierkampf zu sehen. Nur Anfang September, wenn das Stadtfest gefeiert wird und drei corridas veranstaltet werden, ist so etwas möglich. Den Rest des Jahres steht die Arena von Ronda lediglich einem touristischen Besichtigungsinteresse offen. Das ist durchaus rege: Tausende Ausflügler strömen – meist nur für einen Tag – in die Stadt, das gastronomische Angebot ist darauf eingestellt.
    Viele wollen die Stierkampf-Tradition in Ronda am Leben erhalten
    Aber Stierkampf in Spanien, das ist in den letzten Jahren ein heikles Thema. Zwischen Kultur-Tradition und Tierschutz, nationalistischen Abgrenzungsbemühungen und kommerziellen Schwierigkeiten durchlebt der Sektor keine einfache Situation. Jenseits aller ideologischen Erwägungen gilt wohl für Ronda, dass es auch in einer andalusischen Stadt mit 36.000 Einwohnern heutzutage nicht ganz einfach ist, eine Arena für 6.000 Zuschauer zu füllen.
    Aber es gibt sie durchaus, die Lust, die Stierkampf-Tradition in Ronda am Leben zu erhalten. Wenige Kilometer vor den Toren der Stadt hat der Torero Rafael Tejada vor fünf Jahren begonnen, seinen Zuchtbetrieb für Kampfstiere "Reservatauro" zu installieren. Das ausgedehnte Gelände von 200 Hektar Gesamtfläche kann besucht, das Zentralgebäude, das wie ein Hangar anmutet, kann für große Feiern gemietet werden. Im ruhig dahinzockelnden Fahrzeug erklärt Führerin Gloria mit einigen Zwischenstopps sämtliche Stationen und Phasen der Kampfstierzucht.
    "Wir sind hier in einem Zuchtbetrieb, in dem Kampfstiere und reinrassige spanische Pferde gezüchtet werden. Der Ort, an dem wir uns befinden, ist die Arena der Begutachtung. Es ist im Grunde die wichtigste Stelle in einem Zuchtbetrieb. Hier entscheidet der Züchter – in unserem Fall Rafael Tejada – nach genauer Betrachtung, welche Tiere er auswählt für die Zucht. Hier werden die Kühe im Alter von etwa zwei Jahren und die Besamungsstiere ausgewählt. Ein toro bravo darf keinen capote und keine muleta – die beim Stierkampf verwendeten Tücher – zu Gesicht bekommen, bevor er eine Arena betritt. Und das geschieht in der Regel, wenn er ein Alter zwischen vier und sechs Jahren erreicht hat. Bis dahin lebt er hier in seinem Zuhause mit der ganzen Zuwendung, die er von uns bekommt."
    Der Züchter und Besitzer von "Reservatauro", Rafael Tejada, hat eine bemerkenswerte Biographie: Bauingenieur mit Universitätsabschluss, hat er mehrere Jahre in seinem Beruf gearbeitet, zum Stierkampf kam er als Spätberufener, wurde professioneller Stierkämpfer und Züchter. Natürlich kennt der ruhige und nachdenkliche Torero die üblichen tierschützerischen Bedenken seinem Beruf gegenüber.
    "Wer soll schon Sympathie empfinden für einen, der aus Vergnügen Tiere tötet? Das kann man verstehen. Aber wir Stierkämpfer töten keine Stiere zum Vergnügen. Und keiner in der Arena weidet sich am Anblick des sterbenden Tieres. Was hier Vergnügen bereitet, ist eine weltweit einzigartige Kunstform, die zu gleichen Teilen von einem Menschen und einem Stier aufgeführt wird. Und zwar mit höchstem Respekt und tiefster Verehrung dem Tier gegenüber. Aber ein Kampfstier darf nur ein einziges Mal in seinem Leben kämpfen, also muss man ihn am Ende töten, oder? Natürlich wäre er in einem Schlachthaus schneller tot, wie das millionenfach geschieht. Wir Toreros riskieren unser Leben, um den Stier in der Arena zu töten, voller Respekt und Hochachtung. Und das Publikum belohnt denjenigen, der das zügig und ohne unnötiges Leid für das Tier vollbringt. Und es beschimpft die, die dafür zu lange brauchen."
    Enge Gassen, arabische Bäder, eine prächtige Kirche
    Zurück in Ronda, wird man beim Gang durch die überschaubare Stadt am Puente Nuevo, der Neuen Brücke, verweilen. Auf beiden Seiten der seitlichen Steinbalustraden sieht man in die gewaltige Tajo-Schlucht, findet Rilkes Gesamteindruck von der Stadt – "da und dort so offen in den Abgrund, daß gar kein Fenster hinzuschauen wagt" – ziemlich gut getroffen, auch wenn inzwischen Wohnhaus-Fenster und Restaurantterrassen sehr wohl den etwas schaurigen Genuss am Abgründigen, die Kehrseite jener Rilkeschen Erhabenheit, anzubieten wissen.
    Die Brücke führt aus dem jüngeren Teil ins Jahrtausende alte Herzstück der Stadt. Wenn sich auch nur wenige Reste aus der Römerzeit und weiter zurückliegender Epochen erhalten haben, so ist das maurische Erbe allenthalben sehr präsent.
    Die engen Gassen, eine wundervolle Anlage arabischer Bäder, eine prächtige Kirche, Santa María la Mayor, die als frühere Freitagsmoschee eben darum nach der Eroberung durch die Truppen Ferdinands des Katholischen 1485 als erste christianisiert wurde. Inmitten dieser zauberhaften Altstadt stößt man auf ein eher unscheinbares Gebäude und stutzt wegen der Aufschrift an der Fassade: Museo del Bandolero. Tatsächlich, die Bandoleros, die Wegelagerer und Straßenräuber, andalusische Robin Hoods oder kaltblütige Raubmörder, haben in Ronda ihr Museum. Natürlich ist das kein Zufall, wie die junge Frau am Empfang erklärt.
    "Wir zeigen hier in fünf Sälen die Geschichte des Bandolerismo, hauptsächlich geht es um Andalusien. Es gibt sehr viele Dokumente, Hochzeits- oder Sterbeurkunden von den beutendsten Bandoleros, Kleidung aus der Zeit, natürlich kommt auch die Guardia Civil vor, wir zeigen alle Arten von Waffen, trabucos, Pistolen. Vielleicht war diese Gegend hier, die Serranía de Ronda, diese Berglandschaft um Ronda, besonders attraktiv, zerklüftet, mit vielen Höhlen zum Verstecken, ich denke, das war die Hauptsache."
    Ronda ist berückend schön
    Dieses mit Hingabe zusammengetragene Privatmuseum führt in eine abenteuerliche Epoche, hauptsächlich ins 18. und 19. Jahrhundert. Die Vorzüge der Landschaft waren für den Bandolerismo ganz gewiss günstig, wichtigere Voraussetzungen waren jedoch: eine extreme soziale Ungleichheit, die die Verwegensten der armen Schlucker in die unwegsame Berglandschaft trieb, um ihr Heil in Schmuggel und Wegelagerei zu suchen. Und nicht zuletzt die französische Besatzung zwischen 1810 und 1812 trug das Ihre zum Phänomen bei. Jener Guerrillakrieg, der letztlich die Franzosen wieder aus Spanien vertrieb, war in dieser Gegend besonders gut zu führen. Doch die Besatzer zogen nicht ab, ohne zuvor alles wirtschaftlich Relevante für die Gegend zu verwüsten oder zu vernichten. Knappheit erzeugt raue Sitten: der eigenen Lebensgrundlagen nahezu beraubt, holte man sich das Nötige bei den Durchreisenden.
    Den abenteuerlich gesinnten Romantikern war dieser Kitzel der Gefahr durchaus ein Reiz: Washington Irving, Gustave Doré, Theophile Gaultier oder Prosper Mérimée haben sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Andalusien und eben auch nach Ronda begeben, gleichermaßen angezogen von einer fremdartigen Kultur wie von den Abenteuern, die sie da erwarten mochten.
    Ronda ist berückend schön in seiner Lage und an vielen Stellen der Stadt. Aber: Es ist auch wie ein begehbares Museum, eine von Touristen, Bars und Einheimischen belebte Kulisse fast, irgendwie ein Ort der Reminiszenzen. Was passiert hier noch? Barmann Pedro aus dem gleich an der Neuen Brücke malerisch an den Felsen geschmiegten Restaurant "La Pilastra del Torero" klärt uns auf.
    "In der letzten Zeit macht Ronda mit Wein auf sich aufmerksam. Es gibt eine Handvoll Weinkellereien, die sich mit ihren Produkten einen Namen machen wollen. Ansonsten gibt es eine kleine Lebensmittelindustrie – Olivenöl, Honig, Käse. Wir haben hier sehr gute Weideflächen, die Schafe und Ziegen haben fettes Gras zur Verfügung, da entsteht guter Käse. Auf Spezialmessen in London und Rom haben sie schon Preise gewonnen. Aber es ist richtig: Wir sind eine Stadt mit viel Flamenco-Substanz, aber mit wenig Flamenco. Wir sind ein Symbol für den Stierkampf, aber mit wenigen Stierkämpfen. Und die Romantiker, nun ja, die waren hier und haben ihren Mythos begründet, heute mag er Interesse wecken oder auch nicht, aber so sieht das aus."
    Der Rondeña ist nur noch selten zu hören
    Paco Seco widersetzt sich diesem Trend zum Musealen. Seit einem Jahr betreibt er das "Ronda Guitar House". Neben hochwertigen Instrumenten gibt es viel Gitarren-Zubehör zu kaufen, CDs, Partituren und Bücher. Eine kleine Bar im Eingangsbereich, an der man Wein aus der Region probieren kann, ist zugleich der Ladentisch. Paco Seco ist Konzertgitarrist, jeden Abend gibt er zwei einstündige Solo-Konzerte auf der klassischen spanischen Gitarre in dem Konzertsaal für rund 70 Gäste. Und wenn in diesem Frühjahr das "Ronda Guitar Festival" stattfindet, dann heißt zum dritten Mal sein Erfinder und Organisator: Paco Seco.
    "Ronda ist einen Besuch wert, es ist sehr hübsch und alles sowas. Aber eine private Kulturinitiative geht hier schnell unter. Immer gibt es dieses Jammern, ach, die Kultur, die braucht immer nur Subventionen. Und ich sage: Selbstverständlich! Wozu zahle ich denn Steuern? Ich will Kultur dafür! Dieses Geld ist nicht dafür da, dass auf irgendwelchen Rathaus-Empfängen teurer Wein getrunken werden kann! Es ist für die Kultur! Und darum fordere ich eine Unterstützung für private kulturelle Initiativen. Das ist es, was wir zu bieten haben. Ich spiele die klassische spanische Gitarre. Und ich hebe es immer hervor: es ist die spanische Gitarre, sie ist hier entstanden und entwickelt worden. Und wir sollten enorm stolz darauf sein. Und wenn hier vor einem Jahr das "Ronda Guitar House" eröffnet hat, dann sollte man dafür sorgen, dass jeder Einwohner das auch kennt!"
    Der vehemente und welterfahrene Gitarrist und Kulturmanager fordert nicht zuletzt eine lebendige Kulturszene ein, die in ihren eigenen Traditionen gründet. Zum Beispiel der Rondeña, einem Flamenco-Stil, den die besten Flamenco-Gitarristen um die Welt tragen, der in Ronda selbst aber kaum mehr zu hören ist.
    Den Ort, den er als "eine der ältesten und seltsamsten spanischen Städte" erfahren hatte, verließ Rainer Maria Rilke am 19. Februar 1913. Es heißt, es sei eine fluchtartige Abreise gewesen – wohl eine Flucht vor sich selbst. Ronda, diesem verzauberten Flecken in Andalusien, wünscht man alles Gute auf dem Weg hin zu sich: zu seinem kulturellen Kern, der wieder mehr sein könnte als eine schöne Ansammlung von Monumenten.