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Angriffe von Haien häufen sich

2012 gab es nach Angaben der Universität von Florida in den Gewässern der Vereinigten Staaten so viele Angriffe von Haien auf Menschen wie nie zuvor. Experten vermuten, dass der Mensch für den Anstieg mitverantwortlich ist.

Von Guido Meyer | 13.03.2013
    Man muss nur an den Strand von Miami Beach gehen - und dort sieht man es, das - im wahrsten Sinne des Wortes - gefundene Fressen für jeden Hai: Schwimmer, Jet-Skier, Kitesurfer. Ein reichlich gedeckter Tisch für die maritimen Fleischfresser, die im letzten Jahr allein in Florida 26-mal zugebissen haben. George Burgess ist der Chef des International Shark Attack Files, das das Florida Museum of Natural History und die Universität von Florida in Gainesville seit den 50er-Jahren jährlich veröffentlichen. Und er macht eine einfache Rechnung auf:

    "Damit es zu einer Haiattacke kommt, müssen sich Menschen und Haie zur selben Zeit in denselben Gewässern aufhalten. Insgesamt gibt es heute weltweit weniger Haipopulationen als noch vor einigen Jahrzehnten. Gleichzeitig nimmt die Bevölkerungszahl jedes Jahr weiter zu. Somit treiben mehr und mehr Menschen Wassersport, halten sich also länger in küstennahen Gewässern auf. Damit sollte es konsequenterweise jedes Jahr zu mehr Haiangriffen kommen, solange die Bevölkerung zunimmt."

    Sieben tödliche Haiattacken wurden im Jahr 2012 registriert. Insgesamt haben Haie weltweit 80-mal zugebissen, davon 53-mal vor den Küsten der USA. Diesen Rekord teilt sich das vergangene Jahr mit dem Jahr 2000.

    "Für Florida bedeutet dies eine Rückkehr zur Normalität. Dass die Zahlen in den letzten zehn Jahren geringer ausgefallen waren, dürfte an der ökonomischen Gesamtsituation gelegen haben. Wenn es der Wirtschaft schlecht geht, verreisen weniger Menschen und machen Urlaub am Meer. Somit steht der Anstieg von Haiangriffen für eine sich erholende Wirtschaft."

    Betrachtet man jedoch die längerfristige Entwicklung über mehrere Jahrzehnte, zeigt sich, dass die Zahl von Haiattacken weltweit seit 1900 jede Dekade weiter angestiegen ist. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurden nur elf Angriffe gezählt; im letzten Jahr waren es 80. Robert Hueter ist Direktor des Zentrums für Haiforschung des Mote Marine Laboratories in Sarasota in Florida. Er kritisiert die Erfassungsmethoden des International Shark Attack Files.

    "Florida gilt zwar als das Zentrum aller Haiattacken weltweit. Die meisten Zwischenfälle sind aber von geringfügiger Natur. Es handelt sich meist um einen einzigen Biss in den Knöchel, ins Bein oder in einen Arm. Danach ist das Tier verschwunden. Diese Haie versuchen also nicht, einen Menschen zu fressen. Solche Bisse tauchen in der Gesamtbilanz jedoch gleichberechtigt neben tödlichen Attacken von Weißen Haien auf."

    Auch Zusammenhänge zwischen Umweltfaktoren wie der Zerstörung der natürlichen Lebensräume von Haien oder Fischknappheit hält der US-amerikanische Meeresbiologe für nicht zulässig. Einen Effekt scheint der Klimawandel und damit der Anstieg der Wassertemperaturen jedoch auf das Verhalten der Tiere zu haben - und der betrifft ihre Wanderwege, worauf George Burgess von der University of Florida hinweist:

    "Der globale Klimawandel sorgt dafür, dass die Wassertemperaturen höher sind, sowohl weiter nördlich als auch weiter südlich als bislang. Haie halten sich vorliebend in wärmeren Gewässern auf, können nun also weiter nach Norden und weiter nach Süden wandern. Auch deswegen dürften sich Begegnungen zwischen Mensch und Hai im Wasser in den kommenden Jahrzehnten häufen."

    Wie weit die Tiere ihre Wanderwege mittlerweile ausgedehnt haben, hat sich zuletzt 2011 gezeigt, als erstmals Weiße Haie in Höhe der russischen Pazifikküste gesichtet wurden - Gewässer, die einst als zu kalt für diese Spezies galten.