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Anschläge in der Türkei
Touristen meiden Istanbul

Günstige Flüge, freie Hotelbetten, leere Kiosks: In Istanbul bleiben nach den Terroranschlägen die Touristen aus. Allein die Buchungen aus Deutschland sollen um mehr als 40 Prozent eingebrochen sein. Die Menschen, die die türkische Stadt trotzdem besuchen, trotzen der Angst vor dem Terror.

Von Reinhard Baumgarten | 25.03.2016
    Menschen legen am Anschlagsort in Istanbul Blumen im Gedenken an die Opfer nieder.
    Menschen legen am Anschlagsort in Istanbul Blumen im Gedenken an die Opfer nieder. (picture alliance / dpa / Tolga Bozoglu)
    Es ist ruhig dieser Tage vor der Hagia Sophia, vor dem deutschen Brunnen, der Blauen Moschee und dem Hippodrom. Das touristische Herz von Istanbul schlägt langsam und leise. Touristen gebe es momentan so gut wie keine, sagt der Kiosk-Betreiber Ethem vor der Blauen Moschee. "Viele Buchungen wurden storniert. Da unten haben gleich mehrere kleine Hotels dicht gemacht. Viele Angestellte wurden entlassen. Jedes Kind weiß, dass das mit den Terroranschlaegen zu tun hat."
    Viel Polizei in Sultan Ahmet
    Absolute Zahlen gib es nicht. Die Buchungen aus Deutschland sollen um mehr als 40 Prozent eingebrochen sein. Vergangenes Jahr kamen fast fünf Millionen Deutsche in die Türkei. "Man darf sich nicht einschüchtern lassen", sagt Messebauer Wilms aus Hannover. Er ist mit drei Töchtern und Ehefrau angereist. "Das Feuer zieht weiter. Und an welchem Ort es ausbricht, wissen wir nicht. So ähnlich, wie wir nicht wissen, ob es ein Erdbeben morgen in Istanbul gibt", sagt Wilms' Frau. "Was sollen wir tun - uns verstecken?"
    Viel Polizei ist zu sehen im historischen Stadtteil Sultan Ahmet. Zwischen dem Deutschen Brunnen und der Blauen Moschee sind am 12. Januar zwölf deutsche Touristen bei einem Terroranschlag getötet worden. Vergangenen Samstag dann der nächste Anschlag mit drei toten Israelis und einem toten Iraner. "Wir sind losgefahren nach dem Anschlag und hatten aber bereits vorher gebucht", erklärt die 34-jährige Ansa Khan aus Deutschland. Sie ist auf Hochzeitsreise in Istanbul. "Es kann überall was passieren. Es kann auch sein, dass wenn wir hier ankommen, nichts passiert. Also wir sind das Risiko halt einfach eingegangen."
    Leere Metro, verstopfte Straßen
    Istanbul sei eine der großartigsten Städte der Welt, stellt der Ingenieur Andres aus Kolumbien fest. Natürlich ängstige in die Lage ein bisschen, sagt der 40-Jährige. Als der letzte Anschlag geschah, saßen er und seine Frau Anna Maria bereits im Flugzeug. "Wir haben mit einigen türkischen Freunden gesprochen. Die sind wirklich ziemlich verängstigt. Sie gehen nicht aus, bleiben zu Hause. Sie haben uns eine Karte der Stadt gegeben und uns einiges gezeigt. Sie selber sind daheim geblieben. Wie viele Bürger dieser Stadt."
    Die Straßen Istanbuls sind dieser Tage hoffnungslos verstopft. Die Menschen meiden Metro, Straßenbahnen, Busse, öffentliche Verkehrsmittel. Sie sind aufs Auto umgestiegen und verbringen viele Stunden im Stau. Der 20-jährige Erasmus-Student Pablo aus Spanien ist viel zu Fuß unterwegs. "Zugegeben, ein bisschen Angst habe ich auch. Aber ich glaube, die Stadt ist sicher. Es ist so traurig. Diese Stadt ist so wunderschön und ihre Bürger sind so freundlich." Flüge nach Istanbul sind übrigens gerade ziemlich günstig. Rückflüge sind allerdings vergleichsweise teuer, weil viele ihren Aufenthalt in der Türkei verkürzen möchten.