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Anti-Doping-Gesetz
Deutschland macht ernst

Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt die Dopinggesetzgebung verschärfen zu wollen. Nun gibt es einen ersten Entwurf, der dem Deutschlandfunk vorliegt.

Von Robert Kempe | 28.09.2014
    Die Mission sauberer Sport der Bundesregierung. Nun gibt es einen ersten Entwurf für ein Anti-Doping-Gesetz, abgestimmt zwischen Justiz- und Innenministerium, der dem Deutschlandfunk vorliegt. Zwar fehlt noch die zugehörige Gesetzesbegründung, doch soll sich am Gesetzestext nichts mehr ändern.
    Bisher sind die relevanten Anti-Doping-Vorschriften im Arzneimittelgesetz festgehalten die nur die Hintermänner bei Dopingvergehen im Visier haben. Die Bundesregierung strebt nun ein eigenständiges Anti-Doping-Gesetz an, bei dem der Sportler im Zentrum steht. Mit dem Gesetz soll sowohl die Gesundheit der Sportler geschützt als auch die Fairness und Chancengleichheit bei Sportwettbewerben gesichert werden.
    Der Kern des Entwurfs: Ein generelles Dopingverbot im Sport. Sowohl im Training als auch im Wettkampf. Sportler, die dopen, drohen bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.
    Besitz von Dopingmitteln soll verboten werden
    Und damit nicht genug. Auch schon der Besitz von Dopingmitteln - egal welcher Menge - soll Sportlern verboten werden - die uneingeschränkte Besitzstrafbarkeit. So heißt es im Entwurf: Es ist verboten, ein Dopingmittel zum Zwecke des Dopings zu erwerben oder zu besitzen.
    Für den Sportrechtler Marius Breucker ist dieser Entwurf ein Paradigmenwechsel in der strafrechtlichen Dopingbekämpfung. Erstmals würde der Athlet unter Strafe gestellt. "Das Strafrecht ist das schärfste Schwert, was dem Staat im rechtlichen Bereich zur Verfügung steht. Die Regelungen, die jetzt auch das Eigendoping und den bloßen Besitz von Dopingmitteln durch den Sportler unter Strafe stellen, sind schon weitreichend. Es bedeutet, dass eine positive Dopingprobe künftig immer einen Anfangsverdacht für Ermittlungen der Staatsanwaltschaft liefern wird. Es bedeutet aber auch, dass die Sportler sorgsam darauf achten müssen, was sie künftig in ihre Reiseapotheke packen, denn auch der bloße Besitz eines Dopingmittels und das Mitführen, würde schon, wenn sich Anhaltspunkte ergeben, einen Anfangsverdacht begründen."
    Mit dem Entwurf könne man viel erreichen, meint Dieter Rössner. Der Professor für Strafrecht tritt seit Jahren für ein Anti-Doping-Gesetz ein. "Die uneingeschränkte Besitzstrafbarkeit mit der Bestrafung bei Spitzensportlern bedeutet, dass die Ermittlungen wesentlich leichter werden. Wenn also ein Spitzensportler mit einer Ration erfasst wird, die nur zum einmaligen Dopen reichen, dann wäre das ein Ansatzpunkt für Ermittlungen auch ein Ansatzpunkt für Bestrafungen in diesem Fall schon. Ich glaube, daraus folgt eine erhebliche Abschreckung."
    Die NADA würde gestärkt
    Bestraft werden sollen Sportler, die im Testpool der NADA geführt werden - derzeit rund 7000 - oder Athleten, die durch ihren Sport erhebliche finanzielle Einnahmen erzielen. Das geplante Anti-Doping-Gesetz der Bundesregierung sieht auch eine Stärkung der Nationalen Anti-Doping Agentur NADA vor. Sie soll einen behördenähnlichen Status erhalten um mit Gerichten und Staatsanwaltschaften einfacher Informationen auszutauschen. Damit würde die zuletzt stockende Zusammenarbeit zwischen NADA und Strafverfolgungsbehörden eine gesetzliche Grundlage erhalten.
    Überraschend: Auch die Schiedsgerichtsbarkeit im Sport soll gesetzlich festgehalten werden. "Das erschien mir ganz wichtig. Der Paragraph 8 und der Paragraph 11, die einen Informationsaustausch mit der NADA vorsehen bzw. klar darauf hinweisen, dass die Verbandsgerichtsbarkeit sehr effektiv im Bereich des Dopings ist, und dass es entscheidend wird, hier zusammenzuarbeiten", so Dieter Rössner.
    Der Entwurf der Bundesregierung ist in seiner Ausrichtung überraschend. Viel ist von dem enthalten, was zuletzt kontrovers diskutiert wurde. Einzig eine Kronzeugenregelung fehlt. Doch im Gesetzgebungsverfahren wird wohl vor allem die uneingeschränkte Besitzstrafbarkeit für große Diskussionen sorgen.