Freitag, 29. März 2024

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Anti-Doping-Gesetz
"Kronzeugenregelung besonders wichtig"

Seit 2015 gibt es in Deutschland das Anti-Doping-Gesetz. Noch immer gibt es jedoch Verbesserungsbedarf. Mahmut Özdemir, sportpolitsicher Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, hat sich im Dlf für eine Kronzeugenregelung ausgesprochen und fordert zudem weitere Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften.

Mahmut Özedmir im Gespräch mit Marina Schweizer | 13.12.2020
Eine Spritze ist vor dem Wort "Doping" zu sehen. Illustration
Eine Spritze ist vor dem Wort "Doping" zu sehen. Illustration (dpa picture alliance / Patrick Seeger)
Seit im Jahr 2015 in Deutschland das Anti-Doping-Gesetz eingeführt wurde, werden Doping-Betrügerinnen und Betrüger in Deutschland strafrechtlich verfolgt. Expertinnen und Experten hatten das Gesetz im Oktober ausdrücklich gelobt. Es gebe aber noch immer erheblichen Verbesserungsbedarf.
Ein besonders wichtiger Punkt sei die Kronzeugenregelung, sagte Mahmut Özdemir, sportpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, im Dlf. Bisher müssen auch mit der Justiz koorperierende Dopingsünder in einem Doping-Prozess mit dem vollen Strafmaß rechnen. Eine Kronzeugenregelung soll das ändern und so auch Hinweisgeber ermutigen. " Mit einer Kronzeugenregelung schafft man es, auch das dahinter liegende System ein Stück weit dem Rechtsstaat und der Bestrafung und der Aufdeckung zuzuführen", sagte Özemdir. Es sei wichtig, mehr über kriminelle Strukturen im Sport zu lernen und durch Ermittlungsbehörden zu Tage zu fördern. "Gerade dafür ist eine sportspezifische Kronzeugenregelung besonders wichtig", sagte Özemdir. Der Vorschlag einer Kronzeugenregelung wurde auch im Kabinett besprochen und soll laut Justizministerium noch in dieser Legislaturperiode kommen.
 Berlin, Plenarsitzung im Bundestag Deutschland, Berlin - 05.11.2020: Im Bild ist Mahmut Özdemir spd während der Sitzung des deutschen Bundestags zu sehen. Berlin Bundestag Berlin Deutschland *** Berlin, Plenary Session in the Bundestag Germany, Berlin 05 11 2020 In the picture you can see Mahmut Özdemir spd during the session of the German Bundestag Berlin Bundestag Berlin Germany
Mahmut Özdemir, sportpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion (imago images / Christian Spicker)
Beim Kampf gegen Doping gehe es aber nicht nur um den Kampf gegen Wettbewerbsverzerrung und Wirtschaftskriminalität. Wichtig sei auch die Gesundheit der Sportler, gerade von Minderjährigen. "Wir müssen stets die Sportlerinnen und Sportler in den Mittelpunkt stellen und klar machen, dass es um deren Gesundheit geht. Da geht es darum, die Unmündigkeit zu durchbrechen und die Sportlerinnen und Sportler zu mündigen Individuen zu erziehen und zu helfen, dass sie zuerst ihre Gesundheit in den Vordergrund stellen."
Neues Gesetz in den USA
In den USA hat der Anti-Doping-Kampf derweil Fahrt aufgenommen. Dort hat der Kongress den sogenannten "Rodshenkov Act" verabschiedet. Das neue Gesetz gestattet US-Strafverfolgungsbehörden überall auf der Welt zu ermitteln, sobald Amerikaner betroffen sind – seien es Sportler, Sponsorenfirmen oder Fernsehsender. Özdemir begrüßt diese Härte, um Kriminelle auch im Licht der Öffentlichkeit ihrer Taten zu bezichtigen. "Aber ich finde, man darf nicht zu sehr auf Vergeltung schauen. Wir haben einen Rechtsstaat, der das Resozialierungs-Gebot in seiner verfassungsmäßigen Ordnung niederschreibt. Und ich halte sehr viel davon, solche Dinge zu benennen und zu verurteilen, aber dann auch darauf zu achten, dass dieses Mitglied der Gesellschaft, das sich rechtswidrig verhalten hat, auch den Weg zurück in die Gesellschaft und auf den rechtsstaatlichen Weg findet."
Das Kapitol in Washington bei Dämmerung 
Die Grenzen der Autonomie des Sports
Der amerikanische Kongress signalisiert mit gleich zwei Gesetzen, dass es sowohl im Kampf gegen Doping weltweit als auch gegen die Reformschwäche im Nationalen Olympischen Komitee ohne Interventionen des Staates nicht geht.
Für Deutschland fordert Özedmir stattdessen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften, die "in den spezifischen Herausforderungen des Anti-Doping-Gesetzes geschult sind und das in eine staatsanwaltschaftliche- und eine höchstrichterliche Praxis zuführen können."
Das neue Gesetz in den USA bewirkt auch, dass dem Sport ein Stück weit seine Autonomie genommen wird, sich der Sport also nicht mehr selbst bestrafen kann. "Da wo die Sportautonomie geltendes Recht verletzt, kann sich auch niemand mehr auf Sportautonomie berufen", sagte Özdemir. "Sobald wir mit unseren Ermittlungsbehörden und der Justiz auch wirklich Anhaltspunkte dafür haben, dass versucht wird, die Gesundheit von Sportlerinnen und Sportlern zu schädigen, darf sich der organisierte Sport in keiner Weise hinter der Sportautonomie verstecken. Da müssen sie mit uns Seite an Seite auch sagen: ‚Da ist die Sportautonomie verletzt. Deshalb kommt der Staat auf den Plan.‘"