Dienstag, 23. April 2024

Archiv

Anti-Doping-Kampf
"Die Seele des Sports steht hier auf dem Spiel"

Nach den Skandalen um russisches Staatsdoping und mitten in der großen Glaubwürdigkeitskrise des Anti-Doping-Kampfes geht der Geschäftsführer der US-Anti-Doping-Agentur Usada mit dem IOC hart ins Gericht: "Das Olympische Feuer brennt jetzt weniger hell nach dieser misslungenen Führungsentscheidung", sagte Travis Tygart im DLF.

Travis Tygart im Gespräch mit Marina Schweizer | 06.11.2016
    Travis Tygart, Chef der Nationalen Anti-Doping-Agentur Amerikas USADA
    Travis Tygart, Chef der Nationalen Anti-Doping-Agentur Amerikas USADA (Jessica Sturmberg / Deutschlandradio)
    Travis Tygart brachte einst Radprofi Lance Armstrong zu Fall. Nun sieht der US-amerikanische Dopingjäger die Glaubwürdigkeit für den Anti-Dopping-Kampf stark gefährdet: "Die Seele des Sports steht hier auf dem Spiel." Die Aufdeckung des russischen Staatsdopings sei unglaublich wichtig gewesen: "Es ist gut, dass die Welt aufwacht und die Realität wahrnimmt: Dass ein Staat nahezu alles macht, um zu gewinnen - koste es, was es wolle."
    Tygart ist "begeistert", dass die russischen Kronzeugen Julia und Witali Stepanowa "mutig genug waren, die Wahrheit an jemanden heranzutragen." Die Raktion des IOC sei die klassische Reaktion des Sports - "Sie wollten die nicht wirklich: Weil sie Informationen nach außen dringen lassen, die unbequem sind."
    "Wir wollen ihre Informationen"
    Die USADA dagegen unterstütze Informanten, erklärte Tygart: "Wir tun, was wir können, um sie zu beschützen. Wir wollen ihre Informationen, wir werden ihnen nachgehen und sie verantwortungsvoll behandeln." Denn man müsse wissen: "Die Art, wie man einen Whistleblower behandelt, wird sich auf künftige Whistleblower auswirken." Bisher hätten die Kronzeugen zwar kein Geld für Informationen bekommen. "Aber es gab natürlich Situationen, in denen wir geholfen haben. Zum Beispiel mit Anwaltskosten oder anderen Arten von Ausgaben, die Menschen haben könnten."
    Tygart rechtfertigte die Anzahl medizinischer Ausnahmegenehmigungen für Athleten in den USA, die jüngst durch einen Hackerangriff gegen die USADA Thema wurden: "Unsere Athleten befolgen die Regeln und machen alles richtig: Sie haben gesagt, welche medizinischen Bedürfnisse sie haben, haben gewartet bis der Prüfprozess abgeschlossen war und dann eine Genehmigung oder eben nicht bekommen, bevor sie die Medizin genommen haben, die sie benötigen."
    Das gesamte Gespräch können Sie nach der Sendung mindestens sechs Monate in unserer Mediathek nachhören.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.