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Antiheld mit kühlem Charme

Steve McQueen war Hollywoods erster großer Actionstar und erklärter Publikumsliebling der 60er Jahre. Seine Filme sind noch heute beliebte Klassiker. In Umfragen nach dem attraktivsten Hollywoodstar liegt er mit dem kühlen Charme, den er in seinen Filmen verbreitet, immer noch weit vorne. Er starb an den Folgen einer Krebsoperation in Juarez, Mexiko.

Von Josef Schnelle | 07.11.2005
    Er war der "coolste" der neuen Antihelden im Hollywoodkino der 60er Jahre. Nicht so nett wie Paul Newman, nicht so männlich wie Marlon Brando und nicht so zerfressen von Vaterproblemen wie James Dean. Ein einsamer Wolf, ein Motorsportfreak, der lebende "amerikanische Traum" mit seiner Karriere vom sozial auffälligen Scheidungskind, das in einer Jugendgang landete, zum millionenschweren Superstar in der Traumfabrik Hollywood.

    Seine Rollen passten genau zu ihm. Er war undurchsichtiger Pokerspieler, eigensinniger Revolverheld, zorniger Gangsterjäger auf eigene Rechnung und desillusionierter Rodeoreiter. Er hat nicht viele Filme gemacht. Keiner dieser Filme lässt sich als Meisterwerk bezeichnen. Wie McQueen trotzdem unter die Unsterblichen des Kinos geraten konnte, musste allen ein Rätsel bleiben, die nie darauf geachtet hatten, wie er lächelte und plötzlich von Innen heraus zu leuchten begann. Norman Jewison, der McQueen 1965 mit seinem Pokerfilm "Cincinatti Kid" den internationalen Durchbruch bescherte, über das Geheimnis des Mannes, den die Kamera liebte.

    Ich bewunderte immer, wie selbstverständlich er vor der Kamera war. Das findet man selten: absolute Glaubwürdigkeit. Es klingt sonderbar aber ich glaube. Er hielt die Kamera für seinen Freund.

    Steve McQueen war kein Autodidakt, wie manche Fans denken. 1952 begann er seine Ausbildung an der angesehenen Herbert Berghof Drama School in New York. Die erste große Filmrolle war dann 1960 eine von "glorreichen Sieben" in John Sturges Kultwestern.

    McQueen ist der wortkargste der Revolverhelden, die ein armes Dorf mexikanischer Bauern vor einer Banditenbande retten. Einer der wenigen Dialogsätze als Scharfschütze Vin. Warum er mitgemacht habe, wird er gefragt und er antwortet "cool":

    It seemed to be a good idea at the time.

    "Es schien damals, das sei es eine gute Idee." Derart gute Ideen hatte Steve McQueen bei seiner Rollenwahl mehr als einmal. Er wählte meist künftige Kassenknüller, arbeitete immer wieder mit routinierten Action-Regisseuren wie John Sturges zusammen und holte aus jedem Film mehr Gage heraus. Für "Die glorreichen Sieben" kassierte er noch 100.000 Dollar. Und dann:

    But we don't know you. But you will. There will be further deposits –in cash.

    "Wir kennen Sie doch gar nicht", sagt der Schweizer Bankbeamte im Gaunerfilm "Thomas Crown ist nicht zu fassen" 1968. Die Antwort: Sie werden mich schon kennen lernen, denn es wird weitere Einzahlungen geben – in bar." Für diesen Film bekam Steve McQueen schon 700.000 Dollar. Für "Bullit", den Film mit der besten Autoverfolgungsjagd aller Zeiten", erhielt er die Traumgage von einer Million. Anfang der 70er Jahre - auf dem Höhepunkt seiner Karriere - konnte Steve McQueen also getrost etwas riskieren.

    "Le Mans" hieß 1971 das Projekt, an dem sein ganzes Herz hing. Er wollte mit diesem Film seiner Rennleidenschaft ein Denkmal setzen. In seinem weißen Porsche 917 konnte sich McQueen endlich mit den Grand-Prix-Assen des Motorsports messen, mit Jackie Ickx zum Beispiel, dem frisch gebackenen wirklichen Weltmeister. McQueen verbrauchte mehrere Regisseure und schaffte es doch, den besten Spielfilm über den Wahn eines Autorennens mit hoch gezüchteten Motoren und auftrumpfenden Gefühlen zu drehen. Ganz nah war er in diesem Film bei sich selbst und beklagte sich doch über den Preis des Ruhmes.

    Wenn man Filmstar ist, dann ist man als Schauspieler in einer merkwürdigen Situation. Jeder weiß, wer du bist, aber niemand kennt dich wirklich. Wenn ich sein müsste, was ich auf der Leinwand darstelle, dann würde ich draufgehen.

    Heute vor 25 Jahren ist Steve McQueen an einer seltenen Art von Lungenkrebs gestorben. Er wurde 50 Jahre alt. Doch sein Mythos lebt. So sehr, dass die Autofirma Ford 1997 Szenen aus dem Film "Bullit" in einen neuen Werbespot einkopierte. Es sollte der Eindruck entstehen, Steve McQueen persönlich würde den neuen Ford-Puma fahren. Auch 17 Jahre nach seinem Tod war er für die Werbeleute immer noch der beste mögliche Werbeträger.