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Apollos Vermächtnis
Spiegel auf dem Mond erlauben präzise Abstandsmessungen

50 Jahre nach dem ersten Fußabdruck auf den Mond geht ein Experiment dort immer noch weiter. Mittels eines dort abgesetzten Laser-Reflektors kann man die Entfernung zum Mond genau messen. Damit werden Verschwörungstheorien widerlegt, die Mondlandung habe niemals stattgefunden.

Von Philip Artelt | 24.07.2019
Mit Hilfe des Lunar Laser Ranging lässt sich die Entfernung des Mondes sehr genau vermessen und ihre Veränderung verfolgen
Mit Hilfe des Lunar Laser Ranging lässt sich die Entfernung des Mondes sehr genau vermessen und ihre Veränderung verfolgen (NASA)
O-Ton Fernsehen 1969: "Es ist schwer zu erkennen, aber man soll jetzt mit dem Laser-Reflektor beschäftigt sein. Die Ausrichtung ist ein bisschen schwer."
21. Juli 1969: Buzz Aldrin, der als zweiter Mensch den Mond betrat, stellt ein handkoffergroßes, weißes Gerät auf die Mondoberfläche: einen Laserreflektor.
"Der Laser-Reflektor ist mit zehn Reihen von zehn Dreikant-Prismen besetzt, die von einer deutschen Glasfirma stammen."
Und er soll künftig Licht reflektieren: das Licht eines Lasers, der auf der Erde steht. Professor Ulrich Schreiber ist Experte für die Laserreflektoren. Ursprünglich wurden sie entwickelt, um Satelliten auf ihren Umlaufbahnen möglichst genau zu verfolgen.
"In dieser Zeit war es eigentlich nur möglich, das Ganze mit Teleskopen zu machen, indem man die Satelliten gegen den Sternenhintergrund beobachtet hat."
Die Anfang der 60er-Jahre entwickelte Lasertechnologie löste diese Aufgabe eleganter: einen Reflektor an dem Satelliten anpeilen, Laser einschalten und das reflektierte Licht wieder einfangen – aus der Zeit, die das Laserlicht für die Reise gebraucht hat, lässt sich die Entfernung des Satelliten viel genauer berechnen. Dann kam die Mondlandung und mit ihr die Idee, solche Reflektoren auf den Mond zu bringen. Inzwischen stehen fünf davon dort oben.
Auf diese Reflektorspiegel will Tom Murphy Licht werfen.
Der Reflektorspiegel auf dem Mond (NASA)
Den Mond anpeilen
Ulrich Schreiber arbeitet am Geodätischen Observatorium Wettzell, mitten im Bayerischen Wald nahe der Grenze zum ehemaligen Ostblock, dort, wo früher Flugverbotszone war und ein Laserstrahl im Himmel niemanden störte. Auch heute noch peilen sie von hier aus immer wieder die Reflektoren auf dem Mond an.
"Gehen wir einfach mal da rein. Hier ist der Kern des Ganzen, das Lasersystem."
Der Ingenieur Johann Eckl betreut den Laser: eine große, flache Box auf einem Metalltisch, der wie eine chaotische Heimwerkerbank wirkt: Kabel, kleine Umlenkspiegel und dann wird der Laserstrahl auf dem Weg zum Teleskop auch noch durch ein Loch in der Wand geschickt, das aussieht, als hätte jemand vergessen, ein Abluftrohr zu montieren.
"Das System liefert etwa 2,5 Watt mittlere Leistung, allerdings ist die Spitzenleistung im Impuls sehr hoch. Die beträgt mehrere zehn Gigawatt."
Auf zwei Monitoren im Geodätisches Observatorium Wettzell sieht man die schematische Darstellung des Mondes und die Abstandberechnungen
Abstandsmessung mittels der auf dem Mond abgesetzten Laser-Reflektoren (Deutschlandfunk / Philip Artelt)
Und trotzdem kommen manchmal nur wenige Lichtteilchen zurück, die sich als unscheinbare Punkte in einer Wolke von Rauschen auf dem Computerbildschirm bemerkbar machen. Daraus berechnen die Wissenschaftler die Entfernung zum Mond. Und zwar auf wenige Zentimeter genau. Aber wozu der Aufwand, auch nach 50 Jahren?
Erdvermessung über Bande
Erde, Sonne, Gezeiten - unzählige Variablen beeinflussen ständig die Mondbahn. Mit den präzisen Abstandsmessungen können die Wissenschaftler zum Beispiel Rückschlüsse auf die Drehbewegung der Erde ziehen. Erdvermessung über Bande.
Mit den Ergebnissen werden die Korrekturdaten überprüft, ohne die unsere GPS-Navigationssysteme nicht funktionieren würden. Und dann stellen sie in Wettzell auch noch Einsteins Relativitätstheorie auf die Probe; das "schwache Äquivalenzprinzip", die Frage, ob zwei unterschiedliche Körper gleichermaßen angezogen werden, kann man im "Labor" Erde und Mond ganz ausgezeichnet testen.
Ulrich Schreiber: "Wir können heute nur sagen, es ist nicht verletzt. Aber wenn man noch eine Größenordnung mehr Auflösung hätte, könnte es dann so werden. Die Relativitätstheorie ist schon eine exquisit gute Theorie, die sich auch nicht so leicht herausfordern lässt."
Eine andere Frage ist mit den Laserreflektoren für Schreiber aber eindeutig geklärt: Die Mondlandung war kein Fake. Denn wenn da oben keine Reflektoren stehen würden, wie würde das Laserlicht dann wieder zur Erde zurückkommen?