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Apple versus FBI
Cook will keine Entschlüsselungssoftware fürs iPhone schreiben

Firmenchef Tim Cook hat ein 30-minütiges Exklusiv-Interview gegeben, in dem er die Argumentation des Unternehmens im Streit mit dem FBI darlegte. Seine Haltung: Die Software, die Apple schreiben soll, würde sich "wie Krebs” verbreiten - und die Sicherheit von hunderten Millionen Kunden in aller Welt gefährden.

Von Wolfgang Stuflesser | 25.02.2016
    Immer mehr Menschen schauen sich Videos über Smartphones oder auch Tablets an.
    Das FBI interessiert sich für Inhalte auf Handys von Attentätern; Apple verweigert die Zusammenarbeit. (imago/Thomas Eisenhuth)
    Wer Tim Cook von den wohl eingeübten Apple-Produktshows kennt, konnte überrascht sein, wie offen er auf die Fragen des Interviewers antwortete: Ob er sich jemals gedacht habe, im Zentrum einer solche entscheidenden nationalen Debatte zu stehen, fragte David Muir. Tim Cooks Antwort: Nein, und dies sei eine sehr unbequeme Lage für Apple.
    Es war Tim Cooks erstes Interview, seit bekannt wurde, dass ein kalifornisches Gericht Apple auf Betreiben des FBI aufgefordert hat, eine Software zu schreiben, mit dem die Ermittler das iPhone eines der beiden Attentäter von San Bernardino entschlüsseln wollen.
    FBI hofft auf zusätzliche Informationen
    Das FBI hofft, auf dem Telefon zusätzliche Informationen zum Hintergrund der Tat zu finden - und womöglich Hinweise auf weitere geplante Anschläge oder terroristische Kontakte der Attentäter. Doch mit einer solchen Software könnte man den Zahlencode, der die Inhalte des iPhones schützen soll, einfach aushebeln.
    "Wir glauben, das ist ein sehr gefährliches Betriebssystem. Wenn die Bösen dieser Welt wüssten, dass so etwas existiert, alle würden es haben wollen. Damit könnte man in jedes iPhone eindringen. So etwas sollte nicht geschaffen werden.”
    Tim Cook verglich die Software mit Krebs, weil sie sich schnell verbreiten und großen Schaden anrichten könnte. Das FBI dagegen argumentiert, es gehe nur um ein einzelnes Telefon, das eines Terroristen - und um mögliche weitere Informationen im Zusammenhang mit dem größten Terroranschlag auf amerikanischem Boden seit dem 11. September 2001. Tim Cook hielt dagegen, Apple schütze natürlich keine Terroristen, sondern die Sicherheit seiner Kunden:
    "In diesem Fall geht es nicht um ein einzelnes Telefon. Es geht darum, ob die Regierung Apple zwingen kann, eine Software zu schreiben, die die Sicherheit von hunderten Millionen Kunden in aller Welt gefährden und auf auf Bürgerrechten herumtrampeln würde, die das Fundament dieses Landes bilden.”
    Erstaunlich kritische Worte von Tim Cook
    Das sind für amerikanische Verhältnisse erstaunlich kritische Worte. Tim Cook sieht einen Präzedenzfall für ähnliche, weitergehende Anliegen der Regierung:
    "Wenn uns ein Gericht zwingen kann, diese Software zu schreiben - was wollen sie dann als Nächstes von uns? Ein Betriebssystem zum Überwachen, bei dem die Ermittler die Kamera einschalten können? Ich weiß nicht, wo das alles aufhört. Aber ich weiß, es sollte nicht in diesem Land passieren.”
    Cook bemühte die klassischen amerikanischen Werte, um für Apples Haltung zu werben. Er sagte, wenn Apple die Software schreibe, sei das "schlecht für America.”
    Umfragen zeigen, dass mindestens die Hälfte seiner Landsleute eher die Seite des FBI unterstützt. Allerdings muss man dabei auch sehen, dass die Thematik extrem komplex ist und in den Medien oft nur sehr verkürzt oder auch falsch dargestellt wird.
    Apple will den Fall notfalls bis vor das höchste amerikanische Gericht bringen. Tim Cook will seine Argumente auch Präsident Obama darlegen. Es fühle sich nicht gut an, sagte er, der eigenen Regierung zu widersprechen - und noch dazu in einem Fall, in dem Apple sich für die Bürgerrechte einsetze, die doch eigentlich die Regierung verteidigen solle - das sei schon paradox.