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Arbeitsmarkt
Mehr Arbeitslosengeld, mehr Weiterbildung, weniger Beitrag

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will den Schutz der Arbeitslosenversicherung ausweiten und dafür den Beitrag nicht stärker als bislang geplant absenken. Außerdem will er Weiterbildung unterstützen. Die CSU pocht aber auf den Koalitionsvertrag.

Von Volker Finthammer | 30.05.2018
    Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) spricht auf einer Pressekonferenz in Berlin
    Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) (imago stock&people)
    Nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung könnte im kommenden Jahrzehnt jeder vierte Arbeitnehmer in Deutschland von der Automatisierung betroffen sein und deshalb vor dem Zwang stehen, sich beruflich neu zu orientieren. Die OECD geht sogar davon aus, dass sich bis 2030 35 Prozent aller Berufe grundlegend wandeln werden.
    Vor diesem Hintergrund hat Arbeitsminister Hubertus Heil heute eine Qualifizierungsoffensive angekündigt mit der die Bundesagentur für Arbeit Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen unterstützen soll. Heils Anliegen:
    "Die Weiterbildung, die Qualifizierung bleibt Kernaufgabe der Unternehmen. Aber wir wollen, dass alle Beschäftigten den Zugang zu Förderung und Qualifizierung erhalten können und zwar unabhängig von Ausbildung, Lebensalter und Betriebsgröße".
    Dazu sollen bestehende Programme für Geringqualifizierte und Ältere Arbeitnehmer erweitert werden. So sollen die Weiterbildungskosten gestaffelt nach Betriebsgröße von der Bundesagentur ganz oder teilweise übernommen werden. Und zwar für Kleinbetriebe bis 10 Beschäftigte zu 100 Prozent, für Mittelständler bis 250 Beschäftigte zu 50 Prozent und für Unternehmen ab 200 Beschäftigte bis zu einem Viertel der Lehrkosten und des Arbeitsentgeltes, wenn die Weiterbildung länger als vier Wochen dauert. Die Hoffnung des Bundesarbeitsministers:
    "Damit bieten wir Anreize für Unternehmen, verstärkt selbst in Weiterbildung zu investieren. In die Weiterbildung ihrer Beschäftigten, ihrer Fachkräfte von Morgen".
    Heils Plan: 0,3 Prozentpunkte weniger Beitrag
    Daneben soll der Versicherungsschutz der Arbeitslosenversicherung ausgeweitet werden, um Arbeitnehmer unter den zunehmenden flexiblen Arbeitsbedingungen besser sozial abzusichern. Dafür sollen die Mindestzeiten für das Arbeitslosengeld verkürzt werden. Statt einer Beschäftigungsdauer von zwölf Monaten in drei Jahren sollen künftig zehn Monate, hinreichend sein, erklärte der Bundesarbeitsminister, um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld anmelden zu können.
    "Damit unterstützen wir ungefähr 100.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland die kurzzeitig beschäftigt sind und bei denen wir nicht wollen, dass sie dann automatisch in die Grundsicherung des SGB II durchrutschen".
    Auch für Arbeitslose sollen die Qualifizierungsbedingungen verbessert werden. Sie sollen nach einer Weiterbildung mündest drei statt nur einen Monat lang Arbeitslosengeld beziehen, um die Jobsuche zu erleichtern. Um das alles finanzieren zu können, drängt der Arbeitsminister darauf dass der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung wie im Koalitionsvertrag vereinbart, nur um 0,3 Prozentpunkte abgesenkt wird, was für Arbeitnehmer rund Arbeitgeber reine Entlastung von 3.5 Mrd. Euro bedeutet. Die Union fordert aber aufgrund der guten Kassenlage und der absehbaren Defizite in der Pflege eine höhere Absenkung. Eine stärkere Entlastung der Arbeitnehmer wäre möglich, sagte auch der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe Alexander Dobrindt. Hubertus Heil hält dagegen:
    "Natürlich gibt es parlamentarische Beratungen, aber ich kann nur allen Interessierten sagen, in der Koalition und auch bei den Sozialpartnern: Wir müssen die Balance halten zwischen Krisenrücklage notwendigen Investitionen in Weiterbildung und Qualifizierung und Entlastung. Und wir können uns glücklich schätzen, dass wir alles das in diesen guten Zeiten hinbekommen".
    Der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände Steffen Kampeter, spricht von unausgegorenen Schnellschüssen. Heils Pläne seien SPD pur und gingen weit über das hinaus, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden sei. Die Arbeitgeber fordern ein in der Bunderegierung abgestimmtes Gesamtkonzept.